Entscheidungsstichwort (Thema)
Entfristungsklage. Nachträgliche Zulassung. Verschulden
Leitsatz (redaktionell)
1. Der den Arbeitnehmer beratende Gewerkschaftssekretär der Einzelgewerkschaft ist nicht in jedem Fall auch dessen Prozessbevollmächtigter, sondern für den Fall der Weiterleitung an die zuständige DGB-Rechtsschutz GmbH lediglich dessen Hilfsperson.
2. Eine Zurechnung des Fehlverhaltens von Hilfspersonen eines Prozessbevollmächtigten kann nur insoweit erfolgen, als den Prozessbevollmächtigten selbst der Vorwurf mangelhafter Auswahl und Überwachung des Hilfspersonals gemacht werden kann. Dies ist im Verhältnis zwischen den Rechtssekretären der DGB-Rechtsschutz GmbH und den Gewerkschaftssekretären der Einzelgewerkschaften nicht der Fall.
Normenkette
TzBfG § 17; KSchG § 5
Verfahrensgang
ArbG Mannheim (Beschluss vom 26.03.2004; Aktenzeichen 9 Ca 52/04) |
Tenor
1.Der Beschluss des Arbeitsgerichtes Mannheim vom 26.03.2004 – Az.: 9 Ca 52/04 – wird abgeändert.
2.Die Feststellungsklage der Klägerin wird nachträglich zugelassen.
Tatbestand
Begründung:
I.
Die Klägerin war ununterbrochen seit dem 05.12.1997 aufgrund von sechs befristeten Arbeitsverträgen mit einer Laufzeit von jeweils einem Jahr für den beklagten Verein als kaufmännische Angestellte tätig. Der zuletzt am 27.11.2002 geschlossene Vertrag sieht eine Beendigung zum 04.12.2003 vor.
Am 08.12.2003 suchte die Klägerin die Gewerkschaft, deren Mitglied sie ist, auf, um die Klageaussichten einer Entfristungsklage zu erfragen. Der sie beratende Gewerkschaftssekretär, Herr E, erklärte ihr, dass innerhalb von drei Wochen Klage beim Arbeitsgericht erhoben werden müsse und dass er dafür Sorge tragen werde, dass dies die DGB-Rechtsschutz GmbH veranlasse. Zu diesem Zwecke werde die Arbeitsverträge mit den kompletten Unterlagen dort hin weiterleiten lassen; die Klägerin brauche sich um nichts zu kümmern. Am folgenden Tage übergab Herr E einer Mitarbeiterin seiner Gewerkschaft, Frau S, die von ihm zusammengestellten Unterlagen mit dem Hinweis, den Vorgang zu registrieren und die Unterlagen an die Rechtsschutz GmbH weiterzuleiten. Frau S war an diesem Tage die Urlaubs- und Krankheitsvertretung für Frau R, die ansonsten zuständig war für die Verwaltung der Rechtsschutzanträge. Frau S trug den Vorgang im Rechtsschutzregister ein. Eine Weiterleitung erfolgte jedoch erst, nachdem die Klägerin sich am 15.01.2004 bei der Rechtsschutz GmbH nach dem Stand der Dinge erkundigt hatte.
Am 27.01.2004 hat die DGB-Rechtsschutz GmbH namens der Klägerin die Entfristungsklage beim Arbeitsgericht erhoben und zugleich beantragt, diese nachträglich zuzulassen. Zur Glaubhaftmachung hat sie Bezug genommen auf die Kopie eines Erhebungsbogens des Gewerkschaftssekretärs, eine Zusammenarbeitsvereinbarung zwischen den Gewerkschaften und der DGB-Rechtsschutz GmbH vom 24.04./06.07.1999, sowie auf eidesstattliche Versicherungen des Herrn Peter E vom 20.01.2004, der Frau R vom 22.01.2004 und der Frau S vom 22.01.2004.
Das Arbeitsgericht hat den Antrag auf nachträgliche Zulassung durch Beschluss vom 26.03.2004 mit der Begründung zurückgewiesen, die Klägerin müsse sich das Verschulden von Herrn E und Frau S zurechnen lassen, weil sie Prozessbevollmächtigte im Sinne von § 85 Abs. 2 ZPO seien. Herr E habe den Eindruck erweckt, dass er sich der Sache der Klägerin angenommen habe; die Klägerin habe darauf vertrauen können, dass er damit formlos mandatiert worden sei.
Gegen diesen am 20.04.2004 zugestellten Beschluss wehrt sich die Klägerin mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 30.04.2004.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige sofortige Beschwerde ist begründet.
1.
Die am 27.01.2004 erhobene Klage auf Feststellung der Rechtsunwirksamkeit der Befristung des Arbeitsvertrages zum 04.12.2003 ist verspätet erhoben worden. Die gemäß § 17 Satz 1 des Gesetzes über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (TzBfG) einzuhaltende dreiwöchige Klagfrist war bereits am Montag, dem 29.12.2003 abgelaufen.
Der gemäß § 17 Satz 2 TzBfG in Verbindung mit § 5 KSchG zusammen mit der Klage gestellte Antrag auf nachträgliche Zulassung ist rechtzeitig binnen zweier Wochen ab Behebung des Hindernisses anhängig gemacht worden, § 5 Abs. 3 KSchG. Das Hindernis lag in der Unkenntnis der Versäumung der dreiwöchigen Klagfrist; es endete am 15.01.2004 mit Entdeckung der Fristversäumung.
2.
Die Klägerin war trotz Anwendung aller ihr nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert, die Klage rechtzeitig zu erheben, § 5 Abs. 1 Satz 1 KSchG.
a.
Die Klägerin selbst trifft kein Verschulden.
Wegen der Zusicherung ihres Gewerkschaftssekretärs, Herrn E, vom 08.12.2003 durfte die Klägerin zumindest bis zu Anfang der dritten Kalenderwoche 2004 darauf vertrauen, dass die Klageunterlagen rechtzeitig an die DGB-Rechtsschutz GmbH weitergereicht und dass von dieser die Klage rechtzeitig erhoben würde. Angesichts der überwiegend üblichen Behörden- und Betriebs-Ruhe „zwischen den Jahren”, die zumindest bis zum Feiertage „Heilige Drei Könige” am 06.01.2004 reichte, d...