Entscheidungsstichwort (Thema)

Tarifauslegung

 

Leitsatz (amtlich)

Kein Familienzuschlag der Stufe 1 für Ledige, über 40jährige Arbeitnehmer ohne Unterhaltsverpflichtung nach Anlage 3 zum TV Alt über Besitzstandswahrung

 

Normenkette

TVG § 1; BGB §§ 133, 157; BetrVG § 99 Abs. 4, 1

 

Verfahrensgang

ArbG Heilbronn (Beschluss vom 17.10.2008; Aktenzeichen 8 BV 1/08)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 19.10.2011; Aktenzeichen 4 ABR 119/09)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Heilbronn vom 17.10.2008, AZ: 8 BV 1/08, abgeändert:

Die Zustimmung des Beteiligten Ziffer 2 zur Eingruppierung des Arbeitnehmers Dr. G. in Vergütungsgruppe A15/12 ohne Familienzuschlag gemäß Tarifvertrag der T. für Altbeschäftigte vom 23.07.2003 wird ersetzt.

2. Die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht wird zugelassen.

 

Tatbestand

Im Beschwerdeverfahren streiten die Beteiligten in einem Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG allein noch um die Frage, ob die Eingruppierung des Arbeitnehmers Dr. G. mit oder ohne Familienzuschlag der Stufe 1 zu erfolgen hat.

Die Antragstellerin ist ein Dienstleistungsunternehmen mit insgesamt ca. 2000 Mitarbeitern an mehreren Standorten in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Sachsen. Der Antragsgegner ist der Betriebsrat am Standort H., wo die Antragstellerin ca. 25 Arbeitnehmer beschäftigt, unter anderem auch den Arbeitnehmer Dr. G.

Nach dem ehemals im Betrieb einheitlich angewandten Vergütungstarifvertrag vom 11.10.1996, der zwischen der Tarifgemeinschaft T. Vereine e.V. und der ÖTV abgeschlossen war, gliederte sich die Vergütung der Arbeitnehmer in die Grundvergütung, den Ortszuschlag und die Stellenzulage. Für die Grundvergütung war eine Vergütungstabelle maßgeblich, die die Grundgehaltssätze der Bundesbesoldungsordnung übernahm. Hinsichtlich des Ortszuschlags galt folgende Regelung:

3. Zu Stufe 1 gehören, soweit sich nicht aus den folgenden Absätzen etwas anderes ergibt die ledigen Mitarbeiter, sofern sie das 40. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.

Zu Stufe 2 gehören:

  1. Verheiratete Mitarbeiter sowie ledige Mitarbeiter, die das 40. Lebensjahr vollendet haben;
  2. Verwitwete und geschiedene Mitarbeiter sowie Mitarbeiter, deren Ehe aufgehoben oder für nichtig erklärt ist.

Zum 01.01.2001 traten die zwischen der T. und der Gewerkschaft ver.di geschlossenen Tarifverträge (Manteltarifvertrag (MTV), Vergütungsrahmentarifvertrag (VRTV), Vergütungstarifvertrag (VTV), Leistungstarifvertrag (LTV), Tarifvertrag über die erstmalige Eingruppierung der Mitarbeiter nach den Bestimmungen des Vergütungsrahmentarifvertrags (ÜberleitungsTV) sowie der Tarifvertrag für Altbeschäftigte (TV Alt)) in Kraft.

Die Antragstellerin ist durch Umfirmierung aus der T. und Betrieb GmbH hervorgegangen.

Der TV Alt in der Fassung vom 23.07.2003, der auf das Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers Dr. G. unstreitig Anwendung findet, enthält auszugsweise folgende Regelungen:

Präambel:

Grundsatz dieses Tarifvertrags für Altbeschäftigte ist es, die so genannten Altbeschäftigten in der Unternehmensgruppe T. auf eine einheitliche rechtlich abgesicherte und inhaltlich angeglichene Basis zu stellen. Dabei bleibt deren Besitzstand insgesamt erhalten. Strukturelle Anpassungen werden im Sinne dieses Grundsatzes ausgeglichen.

Die Vertragsparteien haben sich von dem Ziel leiten lassen, den von diesem Tarifvertrag betroffenen Mitarbeitern die vom Unternehmen beim seinerzeitigen Eintritt gegebenen Perspektiven einer beamtenähnlichen Vergütung weiterhin zuzusichern und leistungsorientierte Gesichtspunkte zu stärken, um so diese Mitarbeitergruppe weiterhin zu motivieren und ihr Anreize zu geben.

§ 1 Geltungsbereich

§ 2 Vergütung

2.1 Grundsätze

2.1.1 Die Vergütung der Mitarbeiter erfolgt in Anlehnung an das für die Bundesbeamten geltende Besoldungsrecht.

Die Eingruppierung in die zutreffende Vergütungsgruppe erfolgt gemäß den Eingruppierungsmerkmalen nach Anlage 1.

Regelungen über das leistungsabhängige Aufsteigen in den Gehaltsstufen sind in Anlage 5 festgelegt. Zur Beurteilung der Leistung wird das System des Leistungstarifvertrags (LTV) herangezogen.

Bei Teilzeitbeschäftigten werden die Bezüge anteilig ausbezahlt.

2.1.2 Grundgehalt, Familienzuschlag und Stellenzulagen gemäß dem geltenden Besoldungsrecht für die Bundesbeamten sind in den Tabellen der Anlagen

2. Grundgehaltsätze

3. Familienzuschlag und

4. Stellenzulagen

dargestellt/festgelegt.

Die Tabellen für Grundgehalt, Familienzuschlag sowie Stellenzulagen entsprechen denen für Bundesbeamte und ändern sich in der gleichen Weise und zum gleichen Zeitpunkt.

2.1.3 Einmalzahlungen in Anlehnung an das BBVanpG 2003/2004

2.2Auszahlungszeitpunkt

2.3Übernahme der Arbeitnehmeranteile zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung

2.4Höhergruppierung

Höhergruppierungen erfolgen in der Regel gemäß den Eingruppierungsmerkmalen der Anlage 1.

2.5Besitzstand

Besitzstände bezüglich Eingruppierung bleiben gewahrt.

Bezüglich der Einreihung in die Leistungsstufen (früher Dienstalterstufen) ...

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