Entscheidungsstichwort (Thema)
Inhalt und Umfang des Unterrichtungsanspruchs des Betriebsrats über Fremdpersonaleinsätze
Leitsatz (amtlich)
1. Aus § 80 Abs. 2 Satz 1 2. Halbs. BetrVG kann nicht geschlossen werden, dass bei der Geltendmachung eines Unterrichtungsanspruchs über den Inhalt von Fremdpersonaleinsätzen eine Darlegung eines Aufgabenbezugs durch den Betriebsrat entbehrlich wäre. Der Aufgabenbezug ergibt sich jedoch in der Regel aus den Rechten des Betriebsrats aus §§ 99, 101 BetrVG. Dem Betriebsrat muss eine Überprüfung einer etwaigen unzulässigen Arbeitnehmerüberlassung ermöglicht werden.
2. Zum Inhalt des Unterrichtungsanspruchs des Betriebsrats nach § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG über Fremdpersonaleinsätze gehört jedoch nicht notwendigerweise eine Verpflichtung zur Namensnennung der einzelnen von den Fremdfirmen eingesetzten Arbeitnehmer. Eine Unterrichtung über den zeitlichen Umfang der Einsätze, den Arbeitsort und die Arbeitsaufgaben der eingesetzten Personen ist jedoch in der Regel geboten.
Normenkette
BetrVG § 80 Abs. 2 S. 1, §§ 99, 101
Verfahrensgang
ArbG Pforzheim (Entscheidung vom 24.03.2021; Aktenzeichen 5 BV 8/20) |
Tenor
I.
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2 wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Pforzheim vom 24. März 2021 (5 BV 8/20) teilweise abgeändert.
Die Beteiligte zu 2 wird verpflichtet, den Antragsteller über die in den Betriebsstätten des Betriebs Y beschäftigten Personen der nachbezeichneten Unternehmen, die nicht in einem Arbeitsverhältnis zur Beteiligten zu 2 stehen, jedoch für die Beteiligte zu 2 nicht nur kurzfristig Tätigkeiten erbringen, zu unterrichten. Hinsichtlich dieser Personen ist der Antragsteller auch über den zeitlichen Umfang der Beschäftigung, den Einsatzort und die Arbeitsaufgaben zu unterrichten.
Die Beteiligte zu 2 wird verpflichtet, den Antragsteller über die in den Betriebsstätten des Betriebs Y neu zu beschäftigten Personen der nachbezeichneten Unternehmen, die nicht in einem Arbeitsverhältnis zur Beteiligten zu 2 stehen, jedoch für die Beteiligte zu 2 nicht nur kurzfristig Tätigkeiten erbringen sollen, vor deren Beschäftigungsantritt zu unterrichten. Hinsichtlich dieser Personen ist der Antragsteller auch über den zeitlichen Umfang der vorgesehenen Beschäftigung, den Einsatzort und die Arbeitsaufgaben zu unterrichten.
- Im Übrigen werden die Anträge des Antragstellers zurückgewiesen.
II.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
III.
Die Rechtsbeschwerde wird für beide Beteiligte zugelassen.
Gründe
A
Die Beteiligten streiten in der Beschwerdeinstanz zuletzt nur noch darüber, ob und in welchem Umfang die Beteiligte zu 2 verpflichtet ist, den Antragsteller über Fremdpersonaleinsätze einzelner benannter und konzernverbundener Serviceunternehmen zu unterrichten.
Die Beteiligte zu 2 (nachfolgend: Arbeitgeber) betreibt ein Krankenhaus mit Betriebssitz in Y. Sie ist ein Konzernunternehmen des X-Konzerns. Der Antragsteller ist der am Betriebssitz Y gewählte Betriebsrat (nachfolgend: Betriebsrat), der gegenwärtig aus 15 Mitgliedern besteht.
Der Arbeitgeber lässt diverse Arbeiten und Dienstleistungen ausgegliedert durch konzernzugehörige Servicegesellschaften und deren Mitarbeiter erbringen.
Der Betriebsrat forderte den Arbeitgeber mit E-Mails vom 2. März 2020, 30. März 2020 und 6. Mai 2020 (Anlagen RR 1 bis 3, Bl. 9-12 der arbeitsgerichtlichen Akte) auf, ihn ordnungsgemäß über den Einsatz von Fremdfirmen und deren Mitarbeiter im Betrieb zu unterrichten, nebst Vorlage von Unterlagen. Mit E-Mail vom 14. Mai 2020 (Anlage RR 4, Bl. 13 der arbeitsgerichtlichen Akte) antwortete der Arbeitgeber unter Beifügung von Rahmenverträgen und unter Hinweis, die Verträge mit der X2, der X1 und der X3 bei der Mitarbeiterin Frau R. einsehen zu können. Dieses Angebot nahm der Betriebsrat wahr. Mit E-Mail seines Prozessbevollmächtigten vom 20. Mai 2020 (Anlage RR 5, Bl. 14 der arbeitsgerichtlichen Akte) teilte der Betriebsrat mit, dass er seinen Auskunftsanspruch als nicht vollständig erfüllt ansehe. Er forderte den Arbeitgeber auf, ihn konkret über die Zeitumfänge, Einsatzorte und Arbeitsaufgaben der einzelnen eingesetzten Personen zu unterrichten. Im nachfolgenden Schriftverkehr und bei einem Besprechungstermin am 28. Mai 2020 vermochten die Beteiligten zu keinem Konsens über den Umfang des Unterrichtungsrechts zu gelangen.
Der Betriebsrat beschloss deshalb in seiner Sitzung vom 17. Juni 2020 die Einleitung dieses Beschlussverfahrens.
Der Betriebsrat vertrat erstinstanzlich die Auffassung, dass zu einer ordnungsgemäßen Unterrichtung gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG gehöre, dass der Arbeitgeber ihm die Namen aller von den bezeichneten Servicegesellschaften eingesetzten oder künftig einzusetzenden Mitarbeiter benenne, nebst dem Zeitumfang der Einsätze, den Einsatzorten sowie deren Arbeitsaufgaben. Die Auskunft werde benötigt zur Überprüfung, ob ihm bezogen auf diese Mitarbeiter Rechte aus §§ 99, 101 BetrVG zustehen.
Der Betriebsrat beantragte:
- Die Antrags...