Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch des Betriebsrats auf Durchführung des arbeitsgerichtlichen Zustimmungsersetzungsverfahrens bei Ein- und Umgruppierung von Beschäftigten trotz frist- und ordnungsgemäßer Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats. notwendiger Inhalt einer ordnungsgemäßen Beschlussfassung des Betriebsrats zur Zustimmungsverweigerung
Leitsatz (amtlich)
1. Der Betriebsrat muss im Mitbestimmungsverfahren bei personellen Einzelmaßnahmen nach § 99 BetrVG nicht förmlich über jede Erwägung abstimmen, mit der die Zustimmung gemäß § 99 Abs. 2 BetrVG verweigert werden soll. Es genügt grundsätzlich, wenn eine förmliche Abstimmung über das "Ob" der Zustimmung stattfindet.
2. Wenn ein Betriebsratsbeschluss existiert, mit dem die Zustimmung zu einer personellen Einzelmaßnahme nach § 99 BetrVG verweigert wurde, spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass die vom Betriebsratsvorsitzenden in dessen Widerspruchsschreiben angegebenen Widerspruchsgründe mit denjenigen des Betriebsratsgremiums übereinstimmen. Diese tatsächliche Vermutung bewirkt, dass eine weitere gerichtliche Aufklärung des Sachverhalts nur dann erfolgt, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Gründe nicht übereinstimmen.
Normenkette
BetrVG § 99 Abs. 2-4, § 101 S. 1; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
ArbG Stuttgart (Entscheidung vom 21.02.2012; Aktenzeichen 10 BV 41/11) |
Nachgehend
Tenor
1.
Soweit das Verfahren nicht durch Beschluss vom 13.11.2012 eingestellt wurde, wird die Beschwerde der zu 2 beteiligten Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart - Kammern Ludwigsburg - vom 21.02.2012 - 10 BV 41/11 - zurückgewiesen.
2.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
A
Die Beteiligten streiten im Beschwerdeverfahren noch darüber, ob die zu 2 beteiligte Arbeitgeberin (künftig: Arbeitgeberin) entsprechend § 101 Satz 1 BetrVG verpflichtet ist, in Bezug auf die Um-/Eingruppierung von vier Arbeitnehmern ein Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG einzuleiten.
Die Arbeitgeberin ist ein international tätiges Logistikunternehmen und betreibt einen Paketzustelldienst. Sie ist Mitglied im Arbeitgeberverband Spedition und Logistik Baden-Württemberg e. V. Der zu 1 beteiligte Antragsteller ist der für den Betrieb der Antragsgegnerin in D. gebildete elfköpfige Betriebsrat (künftig: Betriebsrat). Sein Vorsitzender ist Herr G.. Am Standort D. sind rund 500 Arbeitnehmer beschäftigt.
Auf die Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter am Standort D. finden entweder kraft Verbandszugehörigkeit oder kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme die Lohn- und Gehaltsbestimmungen für die Beschäftigten des baden-württembergischen Speditionsgewerbes Anwendung. Infolge einer von den Tarifpartnern durchgeführten Reform des Tarifgruppenverzeichnisses und der Eingruppierungsmerkmale im Lohn- und Gehaltsbereich waren im Betrieb D. neue Eingruppierungen vorzunehmen. Im Zuge verschiedener gerichtlicher Auseinandersetzungen zwischen Arbeitgeberin und Betriebsrat erzielten die Betriebsparteien für einen Großteil der zu bewertenden Arbeitsplätze eine Einigung. In dem Verfahren vor dem Arbeitsgericht Stuttgart 17 BV 256/09 wurde am 11.05.2011 gemäß § 278 Abs. 6 ZPO das Zustandekommen eines gerichtlichen Vergleichs festgestellt, nach dessen Nr. 2 die Arbeitgeberin verpflichtet war, hinsichtlich derjenigen Arbeitnehmer, über deren Eingruppierung noch keine Einigung erzielt worden war, den Betriebsrat nochmals gemäß § 99 BetrVG zur beabsichtigten Eingruppierung anzuhören. Von dieser Verpflichtung wurden jedoch 19 Arbeitnehmer - darunter die hier zuletzt noch betroffenen vier - ausdrücklich ausgenommen, weil die Betriebspartner insoweit davon ausgingen, dass bereits ordnungsgemäße Zustimmungsersuchen vorlagen.
Gegenstand des vorliegenden Beschlussverfahrens war zunächst noch die Eingruppierung bzw. Umgruppierung von sechs Arbeitnehmern (C. N., T. B., R. F. M., T. T., M. Z. und J. A. H.).
In der Beschwerdeinstanz haben die Beteiligten das Verfahren hinsichtlich Herrn M. und Frau B. für erledigt erklärt. Insoweit hat das Landesarbeitsgericht das Beschlussverfahren mit Beschluss vom 13.11.2012. eingestellt (vgl. Seite 1 des Beschwerdeverhandlungsprotokolls vom 13.11.2012, Bl. 139 LAG-Akte).
Übrig blieben zum Schluss der mündlichen Beschwerdeverhandlung Frau N., Herr T., Herr Z. und Herr H.. Bei Frau N. handelt es sich um eine neu eingestellte Mitarbeiterin. Die Arbeitgeberin ersuchte hinsichtlich Frau N. den Betriebsrat mit Schreiben vom 25.01.2011 am 25.01.2011 um Zustimmung zur Einstellung und zur Eingruppierung in die Lohn/Gehaltsgruppe K 5 (Anlage K 32, Bl. 100 ArbG-Akte).
Bei den Mitarbeitern T. T., M. Z. und J. A. H. liegen Versetzungen zugrunde. Die Zustimmungsanträge zur Umgruppierung an den Betriebsrat datieren vom 25.01.2011 (Herren T., Z. und H., Anlagen K 24, K 26 und K 30, Bl. 83, 85 und 98 ArbG-Akte).
Mit Einladungsschreiben vom 27.01.2011 zur Betriebsratssitzung am 31.01.2011 um 18.00 U...