Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert. Streitwertfestsetzung im Urteil
Leitsatz (amtlich)
1. Der gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festzusetzende Rechtsmittel- oder Beschwerdewert richtet sich nach den §§ 3-9 ZPO. Er ist für den für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert nicht einschlägig (§ 62 Abs. 1 GKG). Letzterer bestimmt sich nach den §§ 39 ff GKG.
2. Mit dem „Gegenstand” in § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG ist nicht der Streitgegenstand im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO gemeint Haupt- und Hilfsansprüche betreffen dann denselben Gegenstand, wenn sie nicht nebeneinander bestehen können und auf dasselbe Interesse gerichtet sind. Diese beiden Voraussetzungen werden auch unter dem Begriff der (rechtlichen oder wirtschaftlichen) Identität zusammengefasst.
3. Ein Bestandsschutzantrag und ein für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses geltend gemachter Abfindungs- und/oder Entschädigungsanspruch betreffen denselben Gegenstand. Dabei ist es unerheblich, ob der kompensatorische Zahlungsanspruch sich auf den Sozialplan und/oder den Nachteilsausgleich beschränkt oder zusätzlich Gesichtspunkte einer Zusage eines günstigeren Berechnungsfaktors und/oder eines Schadensersatzes wegen einer Nebenpflichtverletzung geltend gemacht werden.
Normenkette
ArbGG § 61 Abs. 1; GKG 45 § 1 S. 3
Verfahrensgang
ArbG Stuttgart (Beschluss vom 28.10.2011; Aktenzeichen 1 Ca 9179/10) |
Tenor
Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen den Wertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 28.10.2011 – 1 Ca 9179/10 – wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Die Beschwerde betrifft die Wertfestsetzung des Arbeitsgerichts gemäß § 63 Abs. 2 GKG.
Im Ausgangsverfahren begehrte der Kläger gegenüber der Beklagten
- die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch den dreiseitigen Vertrag vom 09.06.2009 (Antrag zu 1) noch durch andere Beendigungstatbestände (Antrag zu 2) aufgelöst worden ist, sondern fortbesteht
- für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1 die Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Bestandsschutzrechtsstreits zu den bisherigen Bedingungen (Antrag zu 3)
- hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1 die Bezahlung von 25.799,00 EUR brutto an zusätzlicher, den Sozialplananspruch übersteigender Abfindung und/oder Schadensersatz wegen einer Nebenpflichtverletzung (Antrag zu 4) sowie
- höchst hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 4 im Wege der Stufenklage Auskunft und Rechnungslegung über die Ermittlung der Abfindungsbeträge aus dem Sozialplan (Antrag zu 5) und einer freiwilligen Betriebsvereinbarung (Antrag zu 6), eidesstattliche Versicherung und Zahlung des sich etwa ergebenden weiteren Abfindungsbetrages.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, im zwischenzeitlich vom Kläger mit der Berufung angegriffenen Urteil vom 14.07.2011 (Bl. 271 ff der Akte) den Rechtsmittelstreitwert auf 39.401,82 EUR und mit Beschluss vom 28.10.2011 (Bl. 304 f der Akte) den für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert auf 25.799,00 EUR festgesetzt. Dabei hat es den Antrag zu 1 mit einer Quartalsvergütung des Klägers, den Antrag zu 4 mit dem Nennwert und die Anträge zu 5 und zu 6 jeweils mit 1.250,00 EUR, orientiert am wirtschaftlichen Interesse des Klägers am Erfolg der Stufenklage, bewertet. Für die Bildung des Rechtsmittelstreitwerts hat es die Anträge addiert, für den Gerichtsgebührenstreitwert ist es allein vom Wert des Antrags zu 4 ausgegangen.
Hiergegen wendet sich die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers, der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat und mit der diese ihr Begehren auf Erhöhung des für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wertes auf die Höhe des Rechtsmittelstreitwerts weiterverfolgen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers ist statthaft (§ 68 Abs. 1 S. 1 GKG); sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 68 Abs. 1 S. 3 i.V.m. § 63 Abs. 3 S. 2 GKG) und auch im übrigen zulässig, aber unbegründet. Das Arbeitsgericht hat den für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert zutreffend auf 25.799,00 EUR festgesetzt. Dies entspricht dem Nennwert des Antrags zu 4, von dem als höchstem Einzelstreitwert auszugehen ist, weil eine Zusammenrechnung der Werte wegen wirtschaftlicher Teilidentität ausscheidet.
1. Das Arbeitsgericht hat die Werte für die einzelnen Anträge frei von Rechts- und/oder Ermessensfehlern ermittelt. Hiergegen erhebt die Beschwerde auch keine Einwendungen, so dass weitere Ausführungen des Beschwerdegerichts hierzu nicht veranlasst sind.
2. Auch eine Addition der Einzelstreitwerte kommt nicht in Betracht.
a) Eine werterhöhende Berücksichtigung der Anträge zu 2 und zu 3 scheidet gemäß § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG aus, weil diese im Verhältnis zum Antrag zu 1 eventualkumuliert waren und infolge dessen Erfolglosigkeit nicht zur Entscheidung angefallen sind.
b) Eine Addition der Werte des Hauptantrags zu 1 und der Hilfsanträge zu 4-6 scheitert nicht an § 42 Abs. 3 Satz 1 letzter Satzteil GKG.
Danach wird eine...