Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert eines Bestandschutzverfahrens um insgesamt fünf Kündigungen bei Abschluss des Verfahrens durch Vergleich
Leitsatz (amtlich)
Werden in einem Bestandsschutzverfahren (mit Wertansatz eines Bruttovierteljahresentgelts) weitere anderweitig rechtshängige Kündigungen und Verfahren vor der Widerspruchsstelle des Integrationsamts betreffend sämtliche Kündigungen mitverglichen, begründet dies keinen Vergleichsmehrwert, weil zwischen ihnen wirtschaftliche Identität besteht, da sie wirtschaftlich dasselbe Ziel verfolgen, nämlich den unveränderten Fortbestand des Vertragsverhältnisses zwischen den Arbeitsvertragsparteien.
Normenkette
GKG § 63 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Stuttgart (Entscheidung vom 11.07.2012; Aktenzeichen 15 Ca 192/12 ArbG) |
Tenor
Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Beklagten gegen den Wertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 11.07.2012 - 15 Ca 192/12 - wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Beschwerde betrifft die Wertfestsetzung des Arbeitsgerichts gemäß § 63 Abs. 2 GKG in einem Rechtsstreit über mehrere Kündigungen, in dem weitere, anderweitig rechtshängige Kündigungen mitverglichen wurden.
Im Ausgangsverfahren wandte sich die seit 01.07.1994 für die Beklagte als Pflegehelferin beschäftigte Klägerin gegen fünf Arbeitgeberkündigungen (eine ordentliche krankheitsbedingte vom 21.12.2011 zum 30.06.2012, eine außerordentliche vom 22.12.2011 zum 27.12.2011, die hilfsweise als ordentliche zum 30.06.2012 wirken sollte, eine außerordentliche vom 23.12.2011 zum 27.12.2011, eine ordentliche verhaltensbedingte vom 23.12.2011 zum 30.06.2012 sowie eine hilfsweise ordentliche vom 29.12.2011 zum 30.06.2012) und verlangte eine restliche Zuwendung für 2011 in Höhe von 1.983,39 EUR brutto.
Der Rechtsstreit endete durch Vergleich im Kammertermin am 31.05.2012, worin die Parteien außer Streit stellten, dass ihr Arbeitsverhältnis aufgrund einer ordentlichen krankheitsbedingten Arbeitgeberkündigung vom 02.09.2011 fristgerecht mit dem 31.03.2012 aufgelöst worden sei, die Klägerin bis zum Ablauf der Kündigungsfrist vertragsgemäß bezahlt werde, eine Abfindung erhalte, damit auch die Rechtsstreite 6 Ca 7608/11 und 6 Ca 10165/11 vor dem Arbeitsgericht Stuttgart betreffend zwei vorangegangene Kündigungen vom 02.09.2011 zum 31.03.2012 und vom 02.12.2011 zum 30.06.2012 sowie sämtliche finanziellen Ansprüche erledigt seien und auch eine umfassende Kostenregelung getroffen wurde.
Das Arbeitsgericht hat den für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert auf 9.333,39 EUR (7.350,00 EUR = 3 durchschnittliche Bruttomonatsvergütungen der Klägerin à 2.450,00 EUR für die Bestandsschutzanträge sowie 1.983,39 EUR für den Zahlungsantrag) festgesetzt.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Beklagten, der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat und mit der diese ihr Begehren auf Festsetzung sowohl eines höheren Streitwerts als auch eines Vergleichsmehrwerts aufgrund der miterledigten vorausgegangenen Kündigungen sowie von sieben Verfahren vor der Widerspruchsstelle des Integrationsamts betreffend sämtliche Kündigungen weiterverfolgen.
II.
Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Beklagten ist statthaft (§ 68 Abs. 1 Satz 1 GKG); sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 68 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG) und auch im Übrigen zulässig, aber unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zutreffend den für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert auf 9.333,39 EUR festgesetzt sowie einen Vergleichsmehrwert verneint.
1. Die Bewertung der fünf Bestandsschutzanträge gemäß § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG mit jeweils einem Vierteljahreseinkommen der Klägerin in Höhe von 7.350,00 EUR und des Zahlungsantrags gemäß § 48 Abs. 1 GKG in Verbindung mit § 3 ZPO mit dem Nennwert der eingeklagten Forderung lässt Rechts- und/oder Ermessensfehler nicht erkennen und wird von der Beschwerde auch nicht angegriffen, weshalb sich weitere Ausführungen des Beschwerdegerichts hierzu erübrigen.
2. Richtigerweise hat das Arbeitsgericht auch die Werte der fünf Bestandsschutzanträge und der anderweitig rechtshängig gewesenen Kündigungsschutzanträge sowie der sieben Verfahren vor der Widerspruchsstelle des Integrationsamts betreffend sämtliche Kündigungen nicht gemäß § 39 Abs. 1 GKG addiert, weil zwischen ihnen wirtschaftliche Identität besteht, da sie wirtschaftlich dasselbe Ziel verfolgen, nämlich den unveränderten Fortbestand des Vertragsverhältnisses zwischen den Arbeitsvertragsparteien.
a) Wo trotz prozessualer Anspruchsmehrheiten keine wirtschaftliche Werthäufung entsteht, darf auch keine Zusammenrechnung erfolgen (vgl. etwa BGH 29. Januar 1987
- V ZR 136/86 - NJW-RR 1987, 1148). Es kommt deshalb streitwertrechtlich nicht darauf an, welche prozessualen Streitgegenstände zur Entscheidung gestellt wurden, sondern ob durch einen weiteren prozessualen Gegenstand ein weiterer wirtschaftlicher Wert in den Rechtsstreit eingeführt wurde. Dies ist aber in Bezug auf Anträge, die den Bestand des nämlich...