Verfahrensgang
ArbG Stuttgart (Beschluss vom 27.08.1996; Aktenzeichen 7 Ca 9886/95) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Beklagten wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 27.08.1996 – 7 Ca 9886/95 – abgeändert:
Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen wird für zulässig erklärt.
2. Der Beschwerdewert wird auf 2.600,– DM festgesetzt.
Gründe
Die gemäß § 48 Abs. 1 ArbGG i.V.m. § 17 a Abs. 4 Satz 3 GVG statthafte, gemäß §§ 78 Abs. 1 ArbGG, 577 Abs. 2 ZPO auch im übrigen zulässige sofortige Beschwerde der Beklagten ist begründet. Der Schuldner war und wird bei der Beklagten nicht im Rahmen eines freien Dienstvertrags, sondern als Arbeitnehmer, zumindest als arbeitnehmerähnliche Person beschäftigt, so daß der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für die streitgegenständliche Zahlungsklage gemäß §§ 2 Abs. 1 Nr. 3 a, 5 Abs. 1 Satz 2 ArbGG gegeben ist.
Nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien war und ist der Schuldner bei der Beklagten im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses in dem auf den Namen der Beklagten angemeldeten Gewerbebetrieb beschäftigt. Entsprechend dem vorgelegten Arbeitsvertrag vom 01.12.1993 ist der Schuldner als Mitarbeiter für Tür- und Kontrolldienste mit 20 Stunden wöchentlich zu einer Entlohnung von 1.300,– DM brutto tätig. § 3 des Arbeitsvertrags berechtigt die Beklagte, dem Schuldner unter bestimmten Voraussetzungen eine andere Tätigkeit zuzuweisen. Der Schuldner hat seine ganze Arbeitskraft, unter Ausschluß jeder nebenberuflichen Tätigkeit, dem Unternehmen zu widmen und die Arbeitszeit pünktlich einzuhalten. Streit besteht zwischen den Parteien lediglich über den Umfang der Tätigkeit, die Weisungsgebundenheit und die Höhe einer dafür angemessenen Vergütung des Schuldners.
Zwar hat das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt, daß für die rechtliche Einordnung des zwischen der Beklagten und dem Schuldner bestehenden Vertragsverhältnisses die Modalitäten der Entgeltzahlung oder anderer formeller Merkmale wie der Abführung von Steuern und Sozialversicherungsabgaben allein nicht entscheidend sind, ebensowenig wie die Bezeichnung durch die vertragsschließenden Parteien selbst. Maßgebend ist vielmehr die tatsächliche Durchführung des Rechtsverhältnisses (vgl. BAG AP Nr. 6, 10, 15 und 42 zu § 611 BGB Abhängigkeit).
Dabei spricht jedoch die Pflicht zum regelmäßigen Erscheinen, die Inanspruchnahme der vollen oder überwiegenden Arbeitskraft des Dienstverpflichteten, das Verbot einer Nebenbeschäftigung, das Angewiesensein auf die Organisation und die Arbeitskräfte des Dienstberechtigten, die Pflicht zur Anzeige bei Krankheit, die Urlaubsgewährung nach dem Bundesurlaubsgesetz und schließlich die Tragung des Unternehmerrisikos und der Kosten der Arbeitsausführung durch den Dienstberechtigten für ein Arbeitsverhältnis. Daß die Tätigkeit als solche fachlich weitgehend weisungsfrei ist, steht der Annahme der Arbeitnehmereigenschaft des Schuldners nicht ohne weiteres entgegen. Auch wenn dieser daher die Geschäftstätigkeit der Detektei aufgrund seiner einschlägigen Berufserfahrung weitgehend selbständig und frei von fachlichen Weisungen der Beklagten durchführt, so ergibt sich daraus noch nicht, daß er keine fremdbestimmte und fremdnützige, sondern eine eigene unternehmerische Tätigkeit ausführt und in der Vergangenheit ausgeführt hat.
Soweit die Klägerin vorgetragen hat, der Schuldner trete im Geschäftsverkehr selbst als Geschäftsinhaber auf und trage die Sachverantwortung für das betriebliche Geschehen, er arbeite vollschichtig unter Einsatz seiner gesamten Arbeitskraft, spricht auch dieser Vortrag nicht ohne weiteres für ein freies Dienstverhältnis und gegen eine fremdnützige Tätigkeit, sondern dient der Begründung ihres Vortrags, daß insoweit eine angemessene Nettovergütung für den Schuldner entsprechend § 850 h Abs. 2 ZPO von mindestens 2.500,– DM zugrunde zu legen sei.
Unter diesen Umständen kann nicht davon ausgegangen werden, daß das Rechtsverhältnis zwischen der Beklagten und dem Schuldner entgegen der vertraglichen Vereinbarung aufgrund der praktischen Durchführung als freies Mitarbeiterverhältnis einzuordnen wäre. Die Beschäftigung des Schuldners ist auch unter Berücksichtigung einer weitgehenden Weisungsfreiheit, die mit in der gemeinsamen Lebensführung begründet sein mag, als fremdnützig und nicht als unternehmerische Tätigkeit auf eigene Rechnung zu qualifizieren.
Jedenfalls aber ist der Schuldner zumindest als arbeitnehmerähnliche Person im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 2 ArbGG anzusehen. Die Beklagte hat unwidersprochen vorgetragen, daß der Schuldner jedenfalls wirtschaftlich unselbständig sei, da er keine weiteren Einkünfte als die von ihr bezogene Vergütung erhalte. Eine wirtschaftliche Unselbständigkeit ist dann gegeben, wenn die Dienstleistung für Rechnung eines Auftraggebers erfolgt, der das Unternehmerrisiko trägt, der Dienstnehmer andererseits bezüglich der Höhe der Vergütung und der Art und Dauer der Tätigkeit vom Dienstberechtigten abhängig ist. Eine solche Person ist wie ein ...