Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert für Beendigungsvergleich mit weiteren Bestandsschutzanträgen neben unbefristetem Fortbestandsbegehren. Vergleichsmehrwert für Freistellungs- und Zeugnisregelung in Beendigungsvergleich
Leitsatz (amtlich)
1. Weitere Bestandsschutzanträge neben einem unbefristeten Fortbestandsbegehren führen nicht zu einer wirtschaftlichen Werthäufung und damit nicht zu einer Addition der Werte der einzelnen Bestandsschutzanträge (wie BAG 6. Dezember 1984 - 2 AZR 754/79 ≪B≫ -).
2. Ein Vergleichsmehrwert für eine im Rahmen eines Auflösungsvergleichs vereinbarte Freistellung kommt nur in Betracht, wenn eine Partei sich zuvor eines Anspruchs auf oder eines Rechts zur Freistellung berühmt hat, nicht jedoch, wenn die Freistellung nur eine Komponente des "Gesamtpreises" für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses darstellt.
3. Bei Vereinbarung eines "guten" oder "sehr guten" Beendigungszeugnisses anlässlich eines Auflösungsvergleichs, dem ein Streit über die Berechtigung von Leistungs- und/oder Verhaltensmängeln vorausgegangen ist, kommt typischerweise das Vorliegen des Merkmals der Ungewissheit im Sinne des § 779 Abs. 1 BGB für einen Vergleichsmehrwert in Betracht.
4. Die Vereinbarung inhaltlicher Festlegungen im Rahmen eines zu erteilenden Zeugnisses begründet nur bei vorheriger Unsicherheit über die Verwirklichung eines auch bezüglich des Inhalts unstreitigen Zeugnisses und Schaffung eines vollstreckbaren Titels ein Titulierungsinteresse im Sinne des § 779 Abs. 2 BGB.
Normenkette
GKG § 42 Abs. 3 S. 1, § 45 Abs. 1 S. 3, § 63 Abs. 2; BGB § 779 Abs. 1-2
Verfahrensgang
ArbG Stuttgart (Entscheidung vom 25.07.2013; Aktenzeichen 21 Ca 2163/13) |
Tenor
Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Beklagten gegen den Wertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 25.07.2013 - 21 Ca 2163/13 - in Gestalt des Teilabhilfebeschlusses vom 29.08.2013 - 21 Ca 2163/13 - wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Beschwerde betrifft die Wertfestsetzung des Arbeitsgerichts gemäß § 63 Abs. 2 GKG.
Im Ausgangsverfahren wandte sich der am 30.05.1960 geborene, seit 01.05.2009 als Bereichsleiter Dienstleistungen gegen eine durchschnittliche Bruttomonatsvergütung in Höhe von 8.333,00 € bei der Beklagten beschäftigte Kläger gegen die ordentlichen Arbeitgeberkündigungen vom 28.02.2013 zum 31.08.2013 (Antrag zu 1) und vom 27.03.2013 zum 30.09.2013 (Antrag zu 4), begehrte die allgemeine Feststellung des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses (Antrag zu 2), die vorläufige Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Bestandsschutzrechtsstreits (Antrag zu 3) sowie ein qualifiziertes Zwischenzeugnis (Antrag zu 5).
Der Rechtsstreit endete durch Vergleich vom 25.07.2013 (im folgenden: "Vergleich" ≪Bl. 259 f. der Akte ≫). Darin ist u.a. geregelt:
"1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund arbeitgeberseitiger Kündigung unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist zum 30.09.2013 enden wird.
2. Die Beklagte stellt den Kläger bis dahin unter Anrechnung etwaiger Urlaubs- und der Freizeitausgleichsansprüche von seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung unwiderruflich frei. Anderweitiger Verdienst ist anzurechnen.
...
6. Für das Jahr 2012 zahlt die Beklagte an den Kläger einen abschließenden Bonus in Höhe von € 14.000,00 brutto (in Worten: Euro vierzehntausend brutto). Dieser Anspruch ist bereits entstanden und vererblich und mit der Schlussabrechnung fällig.
7. Für das Jahr 2013 zahlt die Beklagte an den Kläger einen anteiligen Bonus in Höhe von € 4.000,00 brutto (in Worten: Euro viertausend brutto). dieser Anspruch ist bereits entstanden und vererblich und mit der Schlussabrechnung fällig.
8. Die Parteien sind sich darüber einig, dass dem Kläger darüber hinaus keine weiteren Vergütungsansprüche zustehen und Vergütungsansprüche bestehen.
...
10. Die Beklagte erteilt dem Kläger ein wohlwollend formuliertes qualifiziertes Zeugnis mit der Leistungs- und Führungsbeurteilung "sehr gut" sowie einer der Note entsprechenden Dankes-, und Bedauerns- und Wunschformel. Der Kläger ist berechtigt, einen Zeugnisentwurf der Beklagten vorzulegen.
Die Parteien sind sich darüber einig, dass auf Wunsch des Klägers auch ein entsprechendes Zwischenzeugnis erteilt wird.
..."
Das Arbeitsgericht hat den für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert auf 41.666,00 € (eine Quartalsvergütung des Klägers für den Bestandsschutz sowie je eine durchschnittliche Bruttomonatsvergütung für den Weiterbeschäftigungs- und den Zwischenzeugnisantrag) sowie einen Vergleichsmehrwert in Höhe von 29.616,70 € für die Vereinbarungen gemäß den Nrn. 6-8 des Vergleichs festgesetzt.
Mit der Beschwerde begehren die Prozessbevollmächtigten der Beklagten die Erhöhung des für die Gerichtsgebühren maßgebenden Werts um eine durchschnittliche Bruttomonatsvergütung des Klägers für den Antrag zu 4 und des Vergleichsmehrwerts um eine halbe Bruttomonatsvergütung für die vereinbarte Freistellung und um eine durchschnittliche Bruttomona...