Verfahrensgang
ArbG Stuttgart (Beschluss vom 14.02.1990; Aktenzeichen 1 Ca 263/90) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde des Beteiligten Ziffer 1 wird der Wertfestsetzungsbeschluß des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 14.2.1990 – 1 Ca 263/90 – abgeändert:
Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf
7.600,– DM
festgesetzt.
II. Diese Entscheidung ergeht frei von Gerichtsgebühren. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die gem. §§ 9 Abs. 2 Satz 1 BRAGO, 25 Abs. 2 Satz 1 GKG statthafte, innerhalb der Frist des § 25 Abs. 2 Satz 3 1. Hs., Abs. 1 Satz 4 GKG eingelegte und auch im übrigen zulässige Beschwerde des durch eine etwa zu hohe Wertfestsetzung beschwerten Beteiligten Ziffer 1 hat Erfolg.
Das Arbeitsgericht hat im Rahmen der Nichtabhilfeentscheidung zur Begründung des in Höhe eines Vierteljahresverdienstes festgesetzten Gegenstandswertes ausgeführt, es könne die zurückliegende Dauer des Arbeitsverhältnisses nicht maßgeblich sein für die Bemessung des Gegenstandswertes, sondern das auf die Zukunft gerichtete Bestandsschutzinteresse; dieses aber übersteige von dem Kündigungstermin an den Zeitraum von 3 Monaten. Damit folgt das Arbeitsgericht – wenn auch nicht ausdrücklich – ersichtlich der Auffassung, wonach der in § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG genannte Vierteljahresverdienst einen Regel Streitwert für all die Fälle darstellt, in denen das klägerische Begehr auf die Feststellung des unbefristeten Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses gerichtet ist, und ein niedrigerer Wert nur dann in Betracht kommt, wenn der Fortbestand lediglich für einen Zeitraum von weniger als 3 Monaten begehrt wird (vgl. hierzu die Rechtsprechungsnachweise in BAG Beschluß vom 30.11.84 – 2 AZN 572/82 (B) – in AP Nr. 9 zu § 12 ArbGG 1979 = NZA 85, 369 unter B. II. 2. a. der Gründe). Demgegenüber hält das Beschwerdegericht ebenso wie das BAG im Beschluß vom 30.11.84 und die bis zum 31.12.89 für Streitwertbeschwerden zuständige Kammer 3 des Landesarbeitsgerichts (vgl. etwa Beschluß vom 9.5.86 – 3 (1) Ta 82/86 –) insbesondere wegen des Wortlauts des § 12 Abs. 7 Satz 1 1. Hs. ArbGG als auch wegen des sozialen Schutzzwecks der Bestimmung dafür, daß der Vierteljahresverdienst kein Regel Streitwert ist, sondern vielmehr lediglich die Obergrenze des Streitwertrahmens darstellt, innerhalb dessen das Gericht gem. §§ 1 Abs. 3, 12 Abs. 1 GKG, 3 ZPO nach freiem Ermessen den Streitwert festzusetzen hat. Dabei ist entscheidender Bezugspunkt für die Ermessensbetätigung das wirtschaftliche Interesse der Klagpartei an der von ihr erstrebten Feststellung. Dieses wirtschaftliche Interesse wird maßgeblich bestimmt zum einen durch den Wert des mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses verbundenen Verlustes, zum anderen auch durch die Chancen, den entstandenen Verlust alsbald wieder auszugleichen (vgl. LAG Baden-Württemberg, Beschluß vom 25.10.89 – 3 Ta 159/89 – n.v.). Die Größe des Verlustes wird dabei wesentlich beeinflußt von der sich insbesondere aus der Betriebszugehörigkeit ergebenden rechtlichen und tatsächlichen Verfestigung des Bestandsschutzes. Für die Chancen, den Verlust durch Finden eines neuen Arbeitsplatzes alsbald zu kompensieren, können u.a. Umstände wie Lebensalter, Gesundheitszustand und Qualifikation von Bedeutung sein. Derartige Umstände im Rahmen einer Ermessensbetätigung zu berücksichtigen, hat das Arbeitsgericht – von seinem Standpunkt aus folgerichtig – unterlassen. Es ist daher Sache des Beschwerdegerichts, das vorliegend in entsprechender Anwendung des § 540 ZPO eine Zurückverweisung nicht für angezeigt erachtet, selbst Ermessen auszuüben. Unter Berücksichtigung der lediglich 9-monatigen Betriebszugehörigkeit sowie des Umstandes, daß der erst 31-jährige Beteiligte Ziffer 1 als Schweißer auf dem Arbeitsmarkt wohl gute Aussichten hatte, alsbald einen neuen Arbeitsplatz zu finden, hält das Beschwerdegericht einen Kostenstreitwert von 2 Bruttomonatsverdiensten für angemessen.
Die Nebenentscheidung folgt aus § 25 Abs. 3 GKG.
Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben (§ 78 Abs. 2 ArbGG).
Unterschriften
Der Vorsitzende Linsenmaier
Fundstellen