Entscheidungsstichwort (Thema)
Gerichtskosten – unrichtige Sachbehandlung Kosten für Zeugen, die erschienen sind, aber unvernommen entlassen werden. Kosten für ein Sachverständigen-Gutachten, auf das es letztlich bei der Sachentscheidung nicht ankommt
Leitsatz (amtlich)
1. Gerichtskosten (dazu gehören auch Zeugen- und Gutachterkosten), die durch unrichtige Sachbehandlung entstehend und bei richtiger Sachbehandlung nicht entstanden wären, dürfen gem. § 8 Abs. 1 S. 1 GKG nicht erhoben werden.
2. Unrichtige Sachbehandlung i. S. des § 8 Abs. 1 S. 1 GKG setzt eine objektive Amtspflichtverletzung des Sachbearbeiters (etwa des Richters) im Sinne eines eindeutigen, offen zutage tretenden Normverstoßes voraus.
3. Ein solcher Normverstoß liegt nicht schon vor, wenn es der Richter für sachdienlich hält, im Wege vorläufiger Beweisanordnung Zeugen zum Kammertermin zu laden, die auch erschienen sind, dann aber – nach Zwischenberatung der Kammer – unvernommen entlassen werden.
4. Ein solcher Normverstoß liegt auch dann nicht vor, wenn das Gericht auf Antrag beider Prozeßparteien ein Sachverständigengutachten einholt, dessen Kosten offensichtlich das Vielfache des Betrages ausmachen, um den die Parteien streiten (im entschiedenen Fall das Neunzehn-Fache), falls die Parteien vor dem Tätigwerden des beauftragten Sachverständigen die Möglichkeit hatten, in einer sinnvollen Abwägung der Kosten-Nutzen-Relation die Entstehung der Gutachterkosten zu verhindern, davon aber keinen Gebrauch gemacht haben. Das gilt auch dann, wenn es aufgrund anderweitiger Beweiserhebung nach Gutachtenserstattung aufgrund anschließender Beweiswürdigung für die richterliche Entscheidung letztlich nicht auf die gutachterlichen Äußerungen ankommt.
Normenkette
GKG § 8 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Lörrach (Beschluss vom 14.07.1989; Aktenzeichen 4 Ca 201/88) |
Tenor
Auf die Beschwerde d. Beschwerdeführerin wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Lörrach – Kn. Radolfzell – vom 14.07.1989 (Az.: 4 Ca 201/88) abgeändert:
Unter Zurückweisung der Beschwerde im übrigen wird der Kostenansatz des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 19.06.1989 dahin geändert, daß die Beschwerdeführerin aus dem Verfahren 4 Ca 201/88 an die Staatskasse Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) im Betrag von DM 815,50 zu zahlen hat. Die der Beschwerdeführerin erteilte Kostenrechnung vom 21.06.1989 ist entsprechend abzuändern.
Gegen diesen Beschluß ist kein Rechtsmittel gegeben.
Gründe
a) Unter Hinweis auf § 8 Abs. 1 GKG beanstandet die Beschwerdeführerin den Gerichtskostenansatz vom 19.06.1989 und die darauf fußende, ihr zugegangene Kostenrechnung vom 21.06.1989 (gegen sie angesetzter Betrag: DM 837,30) aus dem Verfahren 4 Ca 201/88 mit ihrer nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes an sich statthaften Beschwerde, über die der Vorsitzende der nach dem Geschäftsverteilungsplan des Landesarbeitsgerichts zuständigen Beschwerdekammer ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden hat, nachdem das Ausgangsgericht nicht abgeholfen hat, in dreifacher Hinsicht, nämlich
aa) bezüglich angesetzter Sachverständigenkosten im Betrag von DM 1.482,30
bb) bezüglich Zeugenentschädigung und Fahrtkosten der Zeugin Knapp zum Termin vom 21.03.1989 in Höhe von DM 43,60 und
cc) bezüglich Zeugenentschädigung und Fahrtkosten der Zeugin Knapp zum Termin vom 23.05.1989 in Höhe von DM 55,60.
Diese gerichtlichen Auslagen im Gesamtbetrag von DM 1.582,50 hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle in den gerichtlichen Kostenansatz vom 19.06.1989 eingesetzt und entsprechend Ziff. 3 des Urteils des Ausgangsgerichtes vom 23.05.1989 je hälftig auf die Beschwerdeführerin und den Kläger des Ausgangsverfahrens verteilt und dementsprechend in die Gerichtskostenrechnung vom 21.06.1989 eingesetzt.
Die Beschwerde ist nur im Teilbetrag von DM 21,80 begründet:
b) Der auf 21.03.1989 anberaumte Termin zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung im Ausgangsverfahren wurde von Amts wegen am 21.03.1989 auf 23.05.1989 verlegt. Hierdurch entstanden hinsichtlich der Zeugin Knapp, die – neben anderen – zum Termin vom 21.03.1989 erschienen war. Zeugenkosten im Betrag von DM 43,60 (Entschädigung und Fahrtkosten). Diese Auslagen durften gem. § 8 Abs. 1 S. 2 GKG nicht mit der Hälfte gegen die Beschwerdeführerin angesetzt und von ihr erhoben werden, nicht etwa wegen unrichtiger Sachbehandlung, sondern weil § 8 Abs. 1 S. 2 GKG vorschreibt, daß Auslagen nicht erhoben werden, die durch eine von Amts wegen veranlaßte Verlegung eines Termins entstanden sind. Demzufolge reduziert sich der Kostenansatz gegen die Beschwerdeführerin von DM 837,30 um die Hälfte der durch die Terminsverlegung bedingten Zeugenkosten, also um DM 21,80 auf DM 815,50.
c) Die Sachverständigenkosten im Gesamtbetrag von DM 1.483,30 (nicht 1.482,30) wurden der Beschwerdeführerin jedoch zu Recht mit 50 % in Rechnung gestellt. Der diesbezügliche Kostenansatz durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle geht in Ordnung, denn die Kosten in Höhe dieses Betrages sind nicht durch unrichtige Sachbehandlung i. ...