Entscheidungsstichwort (Thema)

Fehler. Gericht. Kosten. Niederschlagung. Unrichtigkeit. Zeugengebühren. Zeugen. mehrere. gleichzeitig

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Normenverstoß i. S. v. § 8 I GKG liegt nicht vor, wenn der Richter es für sachdienlich hält, im Wege vorläufiger Beweisanordnung Zeugen zum Kammertermin zu laden, die dann aber unvernommen entlassen werden. Ein Normenverstoß i. S. v. § 8 I GKG liegt auch nicht vor, wenn der Zeuge mit einem allgemein gefaßten Beweisthema geladen ist. Ein Normenverstoß i. S. v. § 8 I GKG liegt grundsätzlich nicht vor, wenn das Gericht beide von der beweisbelasteten Partei benannten Zeugen und nicht nur einen Zeugen zum Termin lädt; das kann anders sein, wenn die Ladung jedes Zeugen mit besonders hohen Kosten (weite Anreise u. ä.) verbunden ist.

 

Normenkette

GKG § 8 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Lübeck (Beschluss vom 16.10.1996; Aktenzeichen 1 Ca 2865/93)

 

Tenor

wird die Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts vom 16. Oktober 1996 zurückgewiesen.

 

Gründe

Die statthafte (§ 5 Abs. 2 und 3 GKG) Beschwerde ist zulässig aber nicht begründet.

Nach § 8 Abs. 1 sind Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, nicht zu erheben. Zu den Kosten im Sinne der Vorschrift gehören auch Auslagen von Zeugen, soweit sie vom Gericht zu erstatten sind. Damit diese Kosten niedergeschlagen werden, muß ein Fehler eines Gerichts vorliegen. Notwendig ist ein offensichtlich schwerer Fehler (Hartmann/Albers, Kostengesetze, 27. Aufl. 1997, Rdnr. 8 zu § 8 GKG). Eine Unrichtigkeit liegt nämlich nur vor, soweit das Gericht gegen eine eindeutige gesetzliche Norm verstoßen hat und der Verstoß auch offen zu Tage tritt, denn erst in diesem Fall liegt überhaupt objektiv eine Amtspflichtverletzung vor. Leichte Verfahrensfehler reichen in der Regel nicht aus, es genügt auch nicht, daß das Gericht lediglich unzweckmäßig gehandelt hat (Hartmann/Albers, a. a. O., Rdnr. 10 zu § 8 GKG).

Bezüglich der von der Beklagten hier beanstandeten Zeugengebühren gilt, daß eine unrichtige Sachbehandlung nicht vorliegt, wenn beispielsweise das Gericht eine Beweisaufnahme aus vertretbaren Gründen anordnet, ihr Ergebnis aber wegen einer Veränderung der tatsächlichen oder rechtlichen Beurteilung nicht verwertet (OLG Düsseldorf, in JB 1995, Seite 45), eine Unrichtigkeit kann aber auch fehlen, soweit das Gericht einen Zeugen nur unzweckmäßig (unnötig) geladen hat (Hartmann/Albers, a. a. O., Rdnr. 39 zu § 8 GKG). Ein solcher Normenverstoß i. S. v. § 8 GKG liegt auch nicht vor, wenn der Richter es für sachdienlich hält, im Wege vorläufiger Beweisanordnung Zeugen zum Kammertermin zu laden, die auch erschienen sind, dann aber – nach Zwischenberatung der Kammer – unvernommen entlassen werden (LAG Baden-Württemberg, Beschl. v. 16. August 1989 – 1 Ta 42/89 –, Fundstellenzeichen: Bibliothek BAG – LT 1–4 –, Dokumentennummer 211874 aus JURIS).

Die Ladung sowohl des Zeugen F. als auch die des Zeugen E. waren nicht fehlerhaft. Nach § 56 Abs. 1 Nr. 4 i. V. m. § 57 ArbGG hat der Vorsitzende die streitige Handlung so vorzubereiten, daß sie möglichst in einem Termin zuende geführt werden kann. Das gilt insbesondere für die eilbedürftigen Kündigungsschutzangelegenheiten, zu denen das Ausgangsverfahren dieser Streitigkeit zählt.

Dabei soll die Ladung von Zeugen nur im Bestreitensfalle erfolgen (Zöller, ZPO, 17. Aufl., Rdnr. 11 zu § 273). Bereits hier hat die Richterin, die die vorbereitende Anordnung der Zeugenladung vorgenommen hat, nicht fehlerhaft gehandelt, denn zwischen den Parteien war bereits zur Zeit der richterlichen Anordnung vom 21. Januar 1994 (Bl. 64 R d. A.) streitig, ob und welche Berichte über Arzt- und Apothekenbesuche zu erstatten waren (vgl. Klageerwiderung vom 25. November 1993 auf Seite 5 und Klägerschriftsatz vom 18. Januar 1994 (Seite 7–8, Bl. 48 u. 49 d. A.)). Dieses im einzelnen zwischen den Parteien streitige Berichtswesen hat das Gericht für den Zeugen F. pauschal als vorläufiges Beweisthema mit „betriebsübliche Dokumentation von Außendiensttätigkeit” beschrieben. Die Verfahrensweise ist deshalb nicht zu beanstanden, weil der Beweisgegenstand dem Zeugen nicht jeweils in Form der konkreten Tatsachenbehauptung der beweisbelasteten Partei mitgeteilt werden muß, vielmehr zur Erlangung wahrheitsgemäßer Aussagen das Beweisthema konkreter oder allgemeiner gefaßt werden darf; die Aussage muß dem Zeugen nämlich nicht mit der Beweisfrage in den Mund gelegt werden. Es handelt sich daher bei dem Beweisthema auch nicht um einen unzulässigen Ausforschungsbeweis, wie die Beklagte wohl aber meint.

Die Ladung des Zeugen F. zum Termin vom 3. Februar 1994 war daher nicht zu beanstanden.

Auch die Ladung des Zeugen E. war nicht fehlerhaft. Schließlich hat die Beklagte sich selbst auf diesen Zeugen für die Frage der ordnungsgemäßen

Anhörung des Betriebsrats bezogen. Da das Gericht wegen § 56 Abs. 1 ArbGG die streitige Verhandlung so vorzubereiten hat, daß sie möglichst in einem Termin zuendegeführt werden kann, ist...

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