Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert einer Klage auf Anpassung einer Witwenrente und der davor bezogenen Betriebsrente des verstorbenen Ehemanns. Addition der Werte
Leitsatz (amtlich)
Bei der Geltendmachung von Witwenrente und davor bezogener Betriebsrente des verstorbenen Ehemanns handelt es sich um eigenständig zu bewertende wiederkehrende Leistungen, deren Werte zu addieren sind.
Normenkette
GKG § 42 Abs. 2, 4
Verfahrensgang
ArbG Stuttgart (Entscheidung vom 24.02.2012; Aktenzeichen 23 Ca 3667/10) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin wird der Wertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 24.02.2012 - 23 Ca 3667/10 - abgeändert.
Der für die Gerichtsgebühren maßgebende Wert wird auf 9.698,73 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beschwerde betrifft die Wertfestsetzung des Arbeitsgerichts gemäß § 63 Abs. 2 GKG in einem Rechtsstreit um wiederkehrende Leistungen.
Im Ausgangsverfahren stritten die Parteien darüber, in welchem Umfang die Beklagte die Betriebsrente des verstorbenen Ehemanns der Klägerin und die Witwenrente der Klägerin anzupassen hatte.
Der am 02.09.2009 verstorbene Ehemann der Klägerin war bis Ende Dezember 1992 bei der Beklagten beschäftigt und bezog ab 01.01.1993 eine betriebliche Altersversorgung von anfänglich (umgerechnet) 1.950,07 € brutto pro Monat, die die Beklagte zum 01.07.2008 auf 2.295,59 € brutto pro Monat erhöhte und auch bezahlte. Seit 01.10.2009 erhält die Klägerin 60 % hiervon (= 1.378,00 € brutto pro Monat) als Witwenrente. Die Klägerin beanspruchte hingegen für die Zeit vom 01.07.2008 bis 30.09.2009 2.561,22 € brutto pro Monat betriebliche Altersrente als Alleinerbin ihres verstorbenen Ehemanns und ab 01.10.2009 eine monatliche Witwenrente in Höhe von 1.536,73 € brutto pro Monat.
Mit der am 10.05.2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage begehrte sie für die Zeit vom 01.07.2008 bis 30.09.2009 einen monatlichen Differenzbetrag von 265,63 € brutto (= 3.984,45 € brutto) und ab 01.10.2010 einen solchen von 158,73 € brutto. Der Rechtsstreit endete durch - noch nicht rechtskräftiges - streitiges Urteil.
Das Arbeitsgericht hat den für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert auf 5.714,28 € (= der 36-fache Betrag der monatlichen Differenz von 158,73 € bezüglich der Witwenrente) festgesetzt. Die rückständigen Differenzbeträge bezüglich der Betriebsrente des verstorbenen Ehemannes der Klägerin seien wegen des Additionsverbots gemäß § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG streitwertmäßig nicht zu berücksichtigen. Mit ihrer Beschwerde begehren die Prozessbevollmächtigten der Klägerin eine Addition der Summen der rückständigen Betriebsrente des verstorbenen Ehemannes der Klägerin und der 36-fachen Differenz zwischen der begehrten und der gewährten Witwenrente ab 01.10.2009 (= insgesamt 9.698,73 €).
Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen, sondern diese dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin ist statthaft (§ 68 Abs. 1 Satz 1 GKG); sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 68 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG) und auch im Übrigen zulässig und begründet. Das Arbeitsgericht hat den für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert für die Witwenrente zutreffend auf den 36-fachen höchsten Differenzwert zwischen der begehrten und der gewährten monatlichen Rente festgesetzt, zu Unrecht aber eine Bewertung der rückständigen Betriebsrente des verstorbenen Ehemanns der Klägerin und eine Werteaddition unterlassen.
1.
Nach § 42 Abs. 2 Satz 1 GKG ist bei Ansprüchen von Arbeitnehmern auf wiederkehrende Leistungen der 3-fache Jahresbetrag der streitigen wiederkehrenden Leistungen maßgebend, wenn nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist. Nach § 42 Abs. 4 Satz 1 und 2 GKG sind in Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen die bei Einreichung der Klage fälligen Beträge dem Streitwert nicht hinzuzurechnen.
a)
Im Hinblick auf diesen klaren Wortlaut ist der Streitwert bei Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen auf wiederkehrende Leistungen auf den 3-fachen Jahresbetrag der Streitstumme gedeckelt. Darüber hinausgehende Beträge können sich wertmäßig nicht auswirken.
aa)
Die bei Einreichung der Klage fälligen Beträge sind bereits gemäß § 42 Abs. 4 Satz 1 und 2 GKG unerheblich.
bb)
Da es für die Wertberechnung gemäß § 40 GKG auf den Zeitpunkt der Einreichung der den jeweiligen Streitgegenstand betreffenden Antragstellung ankommt, die den Rechtszug einleitet, sind die "nach Klagerhebung entstehenden Rückstände" per definitionem bereits in der Begrenzungsvorschrift des § 42 Abs. 2 Satz 1 GKG enthalten. Der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen rechtfertigt lediglich eine Unterschreitung, nicht aber eine Überschreitung des 3-Jahres-Betrages (BAG 10.12.2002 - 3 AZR 197/02 (A) - AP ArbGG 1979 § 12 Nr. 24 Rn 7 zu der Vorgängervorschrift des § 12 Abs. 7 Satz 2 ArbGG a.F.).
cc)
Nach dem Gesetzeswortlaut, dem Regelungszweck und der kostenrechtlichen Systematik gilt die Str...