Entscheidungsstichwort (Thema)
Gebührenstreitwert für Anträge auf Berichtigung gesetzlicher Nachweise bei offenem Streit um Arbeitsbedingungen
Leitsatz (redaktionell)
1. Begehrt der Arbeitnehmer von der Arbeitgeberin die inhaltliche Abänderung zweier ihm erteilter Nachweise gemäß § 2 NachwG, ist der für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert für die Berichtigung der Nachweise gemäß § 48 Abs. 1 GKG in Verbindung mit § 3 ZPO nach freiem Ermessen zu schätzen.
2. Ebenso wie die Klage auf Erteilung eines Nachweises handelt es sich auch bei der Klage auf Berichtigung eines Nachweises gemäß § 2 NachwG um eine vermögensrechtliche Streitigkeit, die sich dadurch auszeichnet, dass sie auf Geld oder Geldeswert gerichtet ist oder sich aus einem vermögensrechtlichen Rechtsverhältnis ergibt; im Regelfall sind alle im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren verfolgten Ansprüche, soweit diese sich auf das als vermögensrechtlich zu begreifende Arbeitsverhältnis stützen, als vermögensrechtliche Streitigkeit anzusehen.
3. Im Rahmen der nach § 48 Abs. 1 GKG in Verbindung mit § 3 ZPO nach freiem Ermessen vorzunehmenden Schätzung des Gebührenstreitwerts ist es grundsätzlich nicht ermessensfehlerhaft, sich von der Bewertungsgröße des Monatsgehalts der klagenden Partei leiten zu lassen; neben anderen Gesichtspunkten ist es gerade das Monatseinkommen, das den Wert des Arbeitsverhältnisses in besonderem Maße prägt, da dessen wirtschaftliche Bedeutung insbesondere von dem daraus erzielten Einkommen abhängt.
4. Wird mit der Klage auf Berichtigung der Nachweise gemäß § 2 NachwG nicht die bloße Festschreibung unstreitig geltender Arbeitsbedingungen zu späteren Beweiszwecken begehrt sondern besteht offener Streit über wesentliche inhaltliche Fragen des Arbeitsverhältnisses (Höhe der Vergütung, Verpflichtung zur Leistung von Überstunden, Nacht-, Sonntags- und Feiertagstätigkeit, Vorbehalte betreffend die Sonderzahlung und das Entstehen einer betrieblichen Übung sowie die Nichtanwendbarkeit tariflicher Regelungen auf das Arbeitsverhältnis), der nur im Gewand der Berichtigung eines Nachweises gemäß § 2 NachwG ausgetragen wird, wird eine Bewertung der einzelnen Anträge mit jeweils 1/10 einer Bruttomonatsvergütung (1.020 EUR) den Interessen des klagenden Arbeitnehmers nicht gerecht; unter diesen Umständen ist es sachgerecht, jeden Antrag mit einem vollen durchschnittlichen Bruttomonatsverdienst des Klägers (in Höhe von 5.100 EUR) zu bemessen.
Normenkette
GKG § 48 Abs. 1, § 63 Abs. 2; ZPO § 3; NachwG § 2
Verfahrensgang
ArbG Pforzheim (Entscheidung vom 05.11.2015; Aktenzeichen 6 Ca 485/14) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers wird der Wertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Pforzheim vom 05.11.2015 - 6 Ca 485/14 - abgeändert.
Der für die Gerichtsgebühren maßgebende Wert wird auf 10.200,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beschwerde betrifft die Wertfestsetzung des Arbeitsgerichts gemäß § 63 Abs. 2 GKG.
Im Ausgangsverfahren begehrte der Kläger von der Beklagten, seiner Arbeitgeberin, die inhaltliche Abänderung unter dem 11.12.2005 (Bl. 5 ff. der Akte) und dem 01.09.2014 (Bl. 8 f. der Akte) erteilter Nachweise gemäß § 2 NachwG. Der Kläger bestritt die Höhe der ausgewiesenen Vergütung, die Verpflichtung zur Leistung von Überstunden, Nacht-, Sonntags- und Feiertagstätigkeit, Vorbehalte betreffend Sonderzahlungen und das Entstehen einer betrieblichen Übung sowie die Nichtanwendbarkeit tariflicher Regelungen auf das Arbeitsverhältnis.
Das Arbeitsgericht hat der Klage teilweise entsprochen, die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufgehoben und den für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert auf 1.020,00 € (= je 1/10 einer Bruttomonatsvergütung in Höhe von 5.100,00 € für jeden der beiden Anträge) festgesetzt.
Mit der Beschwerde begehrt der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Anhebung des Streitwerts auf 10.200,00 € (= je eine durchschnittliche Bruttomonatsvergütung des Klägers für jeden Antrag). Dem hat das Arbeitsgericht nicht entsprochen, sondern die Beschwerde dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers ist statthaft (§ 68 Abs. 1 Satz 1 GKG); sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 68 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG) und auch im Übrigen zulässig und begründet. Sie führt zur Abänderung des arbeitsgerichtlichen Wertfestsetzungsbeschlusses und zur Neufestsetzung des für die Gerichtsgebühren maßgebenden Werts. Zwar ist der Wert für die Berichtigung eines Nachweises gemäß § 48 Abs. 1 GKG in Verbindung mit § 3 ZPO nach freiem Ermessen zu schätzen. Die vom Arbeitsgericht vorgenommene Schätzung ist jedoch ermessensfehlerhaft. Die Bewertung wird der Bedeutung des Nachweises nicht mehr gerecht, weshalb der Wert auf die Beschwerde hin von 1.020,00 € auf 10.200,00 € anzuheben war.
1. Ebenso wie die Klage auf Erteilung eines Nachweises (vgl. hierzu erkennende Kammer 18. Dezember 2009 - 5 Ta 131/09 - [...]) handelt es sich auch bei der Klage auf Berichtigun...