Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestellung eines Wahlvorstands auf Antrag einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft nach § 17 Abs. 4 BetrVG. Anforderungen an den Nachweis der Vertretung im Betrieb. keine zusätzliche Voraussetzung der Tarifzuständigkeit der im Betrieb vertretenen Gewerkschaft. Zusammensetzung des Wahlvorstands
Leitsatz (redaktionell)
1. Die den Antrag auf Bestellung eines Wahlvorstandes stellende Gewerkschaft kann den erforderlichen Beweis, im Betrieb der Arbeitgeberin vertreten zu sein, auch mittelbar führen, ohne den Namen ihres im Betrieb beschäftigten Mitglieds zu benennen. Allerdings hat in einem solchen Fall eine besonders sorgfältige und intensive Prüfung der Gerichte für Arbeitssachen zu erfolgen, ob der erforderliche Nachweis im Rahmen mittelbarer Beweisführung von der antragstellenden Gewerkschaft erbracht wurde.
2. Es ist nicht erforderlich, dass die den Antrag auf Bestellung eines Wahlvorstandes stellende Gewerkschaft für den betreffenden Betrieb tarifzuständig ist.
3. Für Betriebe mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern ist das Arbeitsgericht bei der Bestellung des Wahlvorstands nicht auf wahlberechtigte Arbeitnehmer des Betriebs beschränkt, sondern kann auch nicht der Belegschaft angehörige Mitglieder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft zu Mitgliedern des Wahlvorstands bestellen, wenn dies zur ordnungsgemäßen Durchführung der Wahl erforderlich ist.
Normenkette
BetrVG § 17 Abs. 4, § 16 Abs. 2 S. 3
Verfahrensgang
ArbG Karlsruhe (Beschluss vom 02.10.2008; Aktenzeichen 8 BV 10/08) |
Tenor
1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Karlsruhe vom 02.10.2008 (8 BV 10/08) wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Die antragstellende Gewerkschaft begehrt mit dem von ihr eingeleiteten Beschlussverfahren die Bestellung eines Wahlvorstandes zur erstmaligen Wahl eines Betriebsrates im Betrieb der Arbeitgeberin und Antragsgegnerin.
Die Antragsgegnerin stellt in ihrem Betrieb in B., in dem sie jedenfalls 323 (so die Angaben der Antragsgegnerin), nach Auffassung der Antragstellerin sogar etwa 800, wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt Tiernahrung für Hunde und Katzen her. Bislang wurde im Betrieb der Antragsgegnerin kein Betriebsrat gewählt. Es besteht auch weder ein Gesamt- oder Konzernbetriebsrat. Mit Einschreiben vom 14.04.2008 (vgl. Akten 1. Instanz Bl. 64 d.A.; I/64) teilte die Antragstellerin der Antragsgegnerin mit, dass sie zu einer Betriebsversammlung am 30.04.2008 in den Räumen der Antragsgegnerin einlade, um die Wahl eines Betriebsrates einzuleiten und bat um Weiterleitung der Einladung an alle im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer. Dies wies die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 24.04.2008 (vgl. I/66-68) zurück und verweigerte Gewerkschaftssekretären den Zugang zum Betrieb. Im Betrieb der Antragsgegnerin wurde am 15.04.2008 eine Mitarbeiterversammlung durchgeführt, bei der auch die Wahl eines Betriebsrates erörtert aber jedenfalls kein Wahlvorstand bestellt wurde. In der Folgezeit sprach die Antragsgegnerin gegenüber mehreren Arbeitnehmern, von denen jedenfalls einige, nach Angaben der Antragstellerin sämtliche, Mitglied der antragstellenden Gewerkschaft sind eine Reihe ordentlicher und außerordentlicher Kündigungen aus.
Mit ihrem am 29.05.2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Antragsgegnerin am 09.06.2008 zugestellten Antrag begehrt die antragstellende Gewerkschaft die Einsetzung eines Wahlvorstandes zur Wahl eines Betriebsrates im Betrieb B. der Antragsgegnerin, bestehend aus betriebsfremden Personen.
Die Antragstellerin hat erstinstanzlich vorgetragen, auf ihren Antrag sei ein Wahlvorstand zur Wahl eines Betriebsrats im Betrieb der Antragsgegnerin in B. zu bestellen. Sie sei eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft, da ihr mindestens ein, nicht zu den leitenden Angestellten gemäß § 5 Abs. 3 BetrVG gehörender Arbeitnehmer des Betriebs als Mitglied angehöre. Es komme nicht darauf an, ob die Antragstellerin für den Betrieb der Antragsgegnerin sachlich zuständig sei. Im vorliegenden Fall liege aber sogar eine Tarifzuständigkeit der Antragstellerin für die Antragsgegnerin vor, wie sich aus der Satzung der Antragstellerin ergebe (vgl. Schriftsatz vom 27.08.2008, dort Seite 2 f.; I/58 f.). Die Antragstellerin könne aus eigenem Recht die Bestellung eines Wahlvorstandes beantragen und bedürfe hierzu keiner Ermächtigung durch Mitglieder. Auch die Voraussetzungen des § 17 Abs. 4 BetrVG seien erfüllt. Entgegen den Angaben der Antragsgegnerin gebe es auch keinen Verzicht der Belegschaft auf die Wahl eines Betriebsrates. Da keine ausreichende Anzahl von Arbeitnehmern des Betriebes zur Ausübung des Amtes als Wahlvorstand bereit sei, seien die von ihr benannten Mitarbeiter der antragstellenden Gewerkschaft beziehungsweise des Deutschen Gewerkschaftsbundes in den Wahlvorstand zu bestellen, welche sich mit Schreiben jeweils vom 09.06.2008 (vgl. I/16-18) auch mit der Übernahme des Amtes einverstan...