Verfahrensgang
ArbG Stuttgart (Beschluss vom 25.04.1990; Aktenzeichen 6 Ca 4645/89) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde des Beteiligten Ziffer 1 wird der Wertfestsetzungsbeschluß des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 25.4.1990 – 6 Ca 4645/89 – abgeändert:
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf
16.675,– DM
festgesetzt.
II. Diese Entscheidung ergeht frei von Gerichtsgebühren. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die gem. §§ 9 Abs. 2 Satz 1 BRAGO, 25 Abs. 2 Satz 1 GKG statthafte, vom Beteiligten Ziffer 2 namens des durch eine etwa zu hohe Streitwertfestsetzung beschwerten Beteiligten Ziffer 1 eingelegte, innerhalb der Frist des § 25 Abs. 2 Satz 3, Abs. 1 Satz 4 GKG eingegangene und auch im übrigen zulässige Beschwerde hat Erfolg, da vorliegend ein Streitwert von mehr als einem Vierteljahresverdienst nicht gerechtfertigt ist.
Wie der Kostenstreitwert zu bemessen sei, wenn in einem Rechtsstreit mehrere Beendigungsakte zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Streit sind, ist heftig umstritten (vgl. zum Meinungsstand insbesondere Gemeinschaftskommentar zum Kündigungsrecht, Friedrich, 3. Aufl., § 4 KSchG Rz. 279 a. mit zahlreichen Nachweisen; Philippsen/Dörner, NZA 87, 113 ff., 115). Nach Ansicht der bis zum 31.12.89 für Streitwertbeschwerden zuständigen Kammer 3 des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg verbot sich eine Bewertung der gegen die zu späteren Terminen wirkenden Beendigungsakte gerichteten Klaganträge bereits wegen der Bestimmung des § 19 Abs. 4 GKG, die auch auf sogenannte „unechte Hilfsanträge”, um die es sich in diesen Fällen regelmäßig handle, anwendbar sei (vgl. etwa LAG Baden-Württemberg vom 15.12.87 – 3 Ta 152/87 – in JurBüro 88, 1157 f.). Ein erheblicher Teil der Instanzgerichte (vgl. die Nachweise in GK-KR, Friedrich, a.a.O. und bei Philippsen/Dörner, a.a.O.; vgl. ferner Hillach/Rohs, Handbuch des Streitwerts in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, 6. Aufl., § 93 A. I. a. 3.) ist der Auffassung, daß die gegen die mehreren Beendigungsakte gerichteten Anträge jeweils gesondert zu bewerten und die Werte zu addieren seien (vgl. z.B. ausführlich LAG Hamburg vom 7.8.87 in JurBüro 88, 1153 ff.), wobei freilich häufig auch eine erhebliche, insbesondere an der Differenz zwischen den Beendigungsakten orientierte Reduzierung bei den gegen die späteren Beendigungsakte gerichteten Anträge für geboten und teilweise auch trotz getrennter Bewertung eine Überschreitung der Grenze des § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG für unzulässig erachtet wird. Nach einer weiteren Ansicht (vgl. insbesondere BAG Beschluß vom 6.12.84 – 2 AZR 754/79 (B) – in AP Nr. 8 zu § 12 ArbGG 1979; LAG Berlin, Beschluß vom 22.10.84 in NZA 85, 297 f.; LAG München, Beschluß vom 21.4.88 in LAGE Nr. 76 zu § 12 ArbGG 1979 Streitwert; vgl. ferner die Nachweise bei GK-KR, Friedrich, a.a.O.) bildet der Vierteljahresverdienst des § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG auch bei mehreren in einem Rechtsstreit angegriffenen Kündigungen die Obergrenze, und es findet eine gesonderte Bewertung der gegen die mehreren Beendigungsakte gerichteten Anträge nicht statt (wobei das BAG (a.a.O.) offengelassen hat, ob etwas anderes gelten soll, wenn zwischen den einzelnen Kündigungen ein längerer zeitlicher Abstand liegt). Das beschließende Beschwerdegericht folgt der letztgenannten Ansicht.
Auszugehen ist für die Bewertung infolge § 1 Abs. 3 GKG von der Bestimmung des § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG, wonach „für die Wertberechnung bei Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses (…) höchstens der Betrag des für die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgelts maßgebend” ist. Eine solche Rechtsstreitigkeit liegt aber auch dann vor, wenn in einem Verfahren mehrere Beendigungsakte im Streit sind. Dem steht nicht entgegen, daß es sich jedenfalls dann, wenn die mehreren Beendigungsakte mit gesonderten Anträgen, insbesondere solchen nach Maßgabe des § 4 Satz 1 KSchG, angegriffen werden, nach der sogenannten punktuellen Streitgegenstandstheorie (vgl. etwa BAG Urteil vom 12.6.86 – 2 AZR 426/85 – in NZA 87, 273 ff. unter B. I. der Gründe m.w.N.) prozessual um mehrere Streitgegenstände im Sinne von § 253 Abs. 2 Ziffer 2 ZPO handelt. Allerdings ist das beschließende Beschwerdegericht nicht der Ansicht, daß in diesen Fällen bereits aus der – gem. § 12 Abs. 1 GKG der Bestimmung des § 5 1. Hs. ZPO vorgehenden – Regelung des § 19 Abs. 4 GKG die streitwertrechtliche Unbeachtlichkeit der gegen die später wirkenden Beendigungsakte gerichteten Klaganträge folge. Denn zwar wird die gebotene Auslegung regelmäßig ergeben, daß die gegen die zu späteren Zeitpunkten wirkenden Kündigungen gerichteten Klaganträge nur im Falle des Obsiegens der Klagpartei mit den gegen die früheren Beendigungsakte gerichteten Anträgen beschieden werden sollen. Abweichend von der Rechtsprechung der früher für Streitwertbeschwerden zuständigen Kammer 3 des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg hält jedoch das nunmehr zuständige Beschwerdegericht die Bestimmung des § 19 Abs. 4 GKG nicht ...