Entscheidungsstichwort (Thema)

Gerichtsgebühr aufgrund Prozessvergleichs

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine durch einen Prozessvergleich entfallene Gebühr entsteht nicht dadurch wieder, dass im Urteil über die Frage zu befinden ist, ob der Prozessvergleich wirksam ist.

 

Verfahrensgang

ArbG Ulm (Beschluss vom 24.10.2007; Aktenzeichen 5 Ca 249/07)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Ulm vom 24. Oktober 2007 – 5 Ca 249/07 – abgeändert:

Auf die Erinnerung der Beteiligten zu 1 wird der Kostenansatz des Arbeitsgerichts vom 24. September 2007 ersatzlos aufgehoben, soweit eine Gerichtsgebühr nach Nr. 8210 KV GKG in Höhe von 272,00 EUR angesetzt worden ist.

Ihre weiter gehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 richtet sich gegen den Kostenansatz des Arbeitsgerichts.

Im Ausgangsverfahren hat die Beteiligte zu 1 Klage mit mehreren Zahlungsanträgen im Gesamtbetrag von 5.210,00 EUR erhoben. Über alle rechtshängigen Anträge haben die Parteien des Ausgangsverfahrens am 08. Mai 2007 einen Prozessvergleich geschlossen, wonach die Klägerin (hier: Beteiligte zu 1) noch einen Betrag von 300,00 EUR erhalten soll bei gleichzeitigem Verzicht auf die Restforderung. Diesen Vergleich hat die Klägerin für unwirksam gehalten; weil sie ihre Zustimmung nicht erteilt habe. Ihre Genehmigung sei zu Unrecht protokolliert worden. In dem hierauf anberaumten Verhandlungstermin hat das Arbeitsgericht durch Urteil vom 22. August 2007 festgestellt, dass der Rechtsstreit durch den Vergleich vom 08. Mai 2007 erledigt sei, und der Klägerin die weiteren Verfahrenskosten auferlegt.

Hierauf hat das Arbeitsgericht im Kostenansatz neben Kosten für sechs von 16 Zustellungsurkunden (davon sind sechs nach dem 08. Mai 2007 angefallen) und Beträgen nach Nr. 9000 KV GKG eine Gebühr nach Nr. 8210 KV GKG in Höhe von 272,00 EUR, insgesamt 305,14 EUR zulasten der Klägerin angesetzt

Die von der Klägerin hiergegen eingelegte Erinnerung hat das Arbeitsgericht im angefochtenen Beschluss zurückgewiesen. Gegen diesen wendet sich die Klägerin mit der vorliegenden Beschwerde.

Ihr hat das Arbeitsgericht unter Verweis auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses nicht abgeholfen und sie hierher vorgelegt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die im Hinblick auf § 66 Abs. 2 GKG an sich statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde ist auch in dem Umfang in der Sache gerechtfertigt, als es die angesetzte Gerichtsgebühr betrifft. Eine solche ist nämlich aufgrund des Prozessvergleichs vom 08. Mai 2007 entfallen. Dies sieht die Vorbemerkung 8 zu Teil 8 KV GKG vor. Durch den umfassenden Vergleich sind alle Gegenstände des Verfahrens erledigt worden. Aufgrund der Tatsache, dass diese Wirkung durch das Urteil vom 22. August 2007 festgestellt wurde, ergibt sich kein Gebührenanspruch der Staatskasse.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gilt beim Streit über die Wirksamkeit eines Prozessvergleichs Folgendes: Der Prozessvergleich hat eine Doppelnatur, weil er sowohl eine Prozesshandlung ist als auch ein Rechtsgeschäft im sachlich-rechtlichen Sinne. Daraus folgt, dass ihm die verfahrensrechtliche Wirkung der Prozessbeendigung entzogen wird, wenn er aus sachlich-rechtlichen Gründen nichtig oder wirksam angefochten ist. Deshalb muss bei der Entscheidung über die Streitbeendigung zunächst die sachlich-rechtliche Wirksamkeit des Prozessvergleichs geprüft werden. Das geschieht nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf Antrag einer Partei durch Fortsetzung des Rechtsstreits, der durch den Prozessvergleich beendet wurde. Diese Überprüfung der Rechtswirksamkeit des Prozessvergleichs betrifft allein dessen verfahrensrechtliche Seite, nämlich die Frage, ob durch ihn die Rechtshängigkeit der Streitsache erloschen ist. Die Entscheidung darüber hängt von der Begründetheit z.B. der Anfechtung des Prozessvergleichs, also von sachlich-rechtlichen Gesichtspunkten ab. Jedoch ist die fortgesetzte Verhandlung – jedenfalls zunächst – allein darauf gerichtet, die verfahrensrechtliche Beendigung des Rechtsstreits zu überprüfen. Nur wenn diese verneint wird, kann der nur scheinbar beendet gewesene Rechtsstreit mit dem Ziel einer Sachentscheidung über den Klageantrag fortgesetzt werden; denn dann war die Streitsache – so als wäre ein Vergleich gar nicht geschlossen worden – ohne Unterbrechung immer rechtshängig gewesen (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Januar 1985 – X ZR 16/83 – WM 1985, 673). Dieser Auffassung ist auch das Bundesarbeitsgericht, soweit hier von Interesse, gefolgt (vgl. z.B. BAG, Urteil vom 15. Mai 1997 – 2 AZR 43/96 – AP BGB § 123 Nr. 45). Aus dieser Sachlage sind auch für die Frage, ob eine Gerichtsgebühr zu erheben ist, die entsprechenden Folgerungen zu ziehen:

Die Gebühr ist nicht dadurch wieder entstanden, weil durch Urteil über die Frage zu befinden war, ob der Prozessvergleich wirksam war. Das Urteil des Arbeitsgerichts ist mittlerweile rechtskräftig. Damit steht fest, dass der Rechtsstreit d...

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