Entscheidungsstichwort (Thema)
Einsetzung einer Einigungsstelle Offensichtliche Unzuständigkeit. Errichtung einer Einigungsstelle. Einigungsstelle
Leitsatz (redaktionell)
Eine offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle liegt vor, wenn der dem Gericht im Rahmen des Verfahrens zur Bestellung einer Einigungsstelle unterbreitete Sachverhalt unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt einem Beteiligungsrecht des Betriebsrates unterliegen kann.
Normenkette
BetrVG §§ 111, 76 Abs. 1; ArbGG § 98 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
ArbG Stuttgart (Beschluss vom 14.07.2005; Aktenzeichen 19 BV 125/05) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin/Beteiligten Ziffer 2 gegen denBeschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom14.07.2005 – Aktenzeichen 19 BV 125/05 – wird hiermit zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht ist nicht eröffnet.
Tatbestand
A.
In entsprechender Anwendung des § 69 Abs. 2 und 3 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) wird von einer ausführlichen Darstellung des Prozessstoffes abgesehen, nachdem ein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung nicht gegeben ist. Statt dessen wird auf den Inhalt des angefochtenen arbeitsgerichtlichen Beschlusses Bezug genommen.
In der Beschwerdeinstanz streiten die Beteiligten weiter über die Frage, ob der von der Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin durchgeführte Personalabbau in ihren Betrieben eine Betriebsänderung im Sinne des § 111 Nr. 1 BetrVG bzw. § 112a Abs. 1 Nr. 4 BetrVG darstellt und ob im Hinblick auf die von ihr beabsichtigte Veränderung in der Führungsstruktur von einer Betriebsänderung gemäß § 111 Nr. 4 BetrVG auszugehen ist.
Der antragstellende Gesamtbetriebsrat und Beschwerdegegner hat in erster Instanz beantragt:
- Zum Vorsitzenden einer zu bildenden Einigungsstelle über die Vereinbarung eines Interessenausgleichs und Sozialplans und erforderlichenfalls über die Entscheidung über einen Sozialplan anlässlich der Betriebsänderung durch Betriebseinschränkung im Wege des Personalabbaus und durch Änderungen der Betriebsorganisation in den Betrieben der Firma S. GmbH wird Herr Richter S., am Arbeitsgericht Freiburg, bestellt.
- Die Zahl der Beisitzer dieser Einigungsstelle wird für jede Seite auf 4 Personen festgesetzt.
Die Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin hat beantragt,
den Antrag auf Einsetzung einer Einigungsstelle zurückzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat mit seinem, den Prozessbevollmächtigten der Beteiligten Ziffer 2 am 22.07. und denen des Beteiligten Ziffer 1 am 25.07.2005 zugestellten Beschluss vom 14.07.2005 dem Antrag des Beteiligten Ziffer 1 im Wesentlichen entsprochen und – unter Antragszurückweisung im Übrigen – die Zahl der Beisitzer auf 2 Personen je Seite festgesetzt. Es erachtete den Bestellungsantrag für schlüssig begründet; entgegen der Rechtsauffassung der Beteiligten Ziffer 2 sei die Einigungsstelle nicht offensichtlich unzuständig, da bei fachkundiger Beurteilung durch das Gericht nicht sofort erkennbar sei, dass die Voraussetzungen für die Errichtung einer Einigungsstelle nicht vorlägen.
Hiergegen wendet sich die Beteiligte Ziffer 2 mit ihrer am 04.08.2005 beim Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg eingegangenen Beschwerde (LAG Akte Bl. 1-8). Das Vorbringen der Beteiligten im Beschwerdeverfahren erschließt sich im Übrigen aus dem Schriftsatz der Beteiligten Ziffer 2 vom 06.10.2005 (LAG ABl. 46-49) sowie den Schriftsätzen des Beteiligten Ziffer 1 vom 17.08. und 23.09.2005 (LAG ABl. 12-26 bzw. 39-45). Darauf wird Bezug genommen.
Die Beteiligte Ziffer 2 rügt im Wesentlichen, für einen Interessenausgleich im Zusammenhang mit dem Personalabbau in ihren Betrieben sei die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig. Soweit Aufhebungsverträge mit den Mitarbeitern abgeschlossen worden und Mitarbeiter ausgeschieden seien oder ausscheiden würden, sei die Maßnahme abgeschlossen, weitere Aufhebungsvertragsangebote seien nicht geplant. Selbst wenn eine Interessenausgleichspflicht vorgelegen hätte, so bestünde sie nach Abschluss der Maßnahme nicht mehr, was bereits das LAG Brandenburg in seiner Entscheidung vom 08.07.1997, AiB 1997, 726, entschieden habe. Verhandlungen über einen Interessenausgleich machten keinen Sinn mehr, wenn die „Würfel bereits gefallen seien” und sowohl das „Ob” als auch das „Wie” der Betriebsänderung feststünden oder wenn die Betriebsänderung bereits durchgeführt worden sei. Die Möglichkeit der Nachholung des Interessenausgleichs bestehe nicht. Dem könne nicht entgegengesetzt werden, dass der Interessenausgleich in der Einigungsstelle sowieso nicht erzwingbar sei und es deshalb relativ gleichgültig sei, ob die Einigungsstelle auch für den Interessenausgleich zuständig sei oder nicht. Im Hinblick darauf, dass der Interessenausgleich in Einigungsstellen auch bei seiner Nichterzwingbarkeit zu allerlei taktischen Manövern benutzt werde, habe sie einen Anspruch darauf, dass die Unzuständigkeit der Einigungsstelle durch Zurückweisung des Antrags festgestellt werde.
Gleiches gelte für die angebliche Änderung der Führungsstruktur. Das Arbeits...