Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterlassungstitel des Betriebsrats. Zwangsvollstreckung. Verhältnis Ordnungsgeld und Zwangsgeld. Festsetzung der Höhe
Leitsatz (redaktionell)
Die Verurteilung eines Arbeitgebers zur Zahlung eines Ordnungsgeldes nach § 23 Abs. 3 S. 2 BetrVG setzt im Hinblick auf den repressiven Charakter des Ordnungsgeldes ein Verschulden des Arbeitgebers voraus (Anschluss an BAG, Beschluss v. 18.04.1985 – 6 ABR 19/84).
Normenkette
BetrVG § 23 Abs. 3 S. 2
Verfahrensgang
ArbG Pforzheim (Beschluss vom 09.01.2006; Aktenzeichen 1 BV 10/02) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Pforzheim vom 09.1.2006 1 BV 10/02 – unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
- Die Arbeitgeberin wird verurteilt, ein Ordnungsgeld in Höhe von EUR 1.000,00 zu zahlen.
- Der weitergehende Antrag des Betriebsrats wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
3. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf EUR 4.000,00 festgesetzt.
Tatbestand
I.
Von der Darstellung des Sachverhalts wird in entsprechender Anwendung des § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Die Bestimmung des § 91 Abs. 2 Satz 1 ArbGG steht dem nicht entgegen. Denn vorliegend ergeht nicht eine Entscheidung über eine Beschwerde im Beschluss – und somit im Erkenntnisverfahren, sondern eine solche im Zwangsvollstreckungsverfahren.
Entscheidungsgründe
II.
Die statthafte, frist- und formgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde der Arbeitgeberin, über die der Vorsitzende der Beschwerdekammer allein zu entscheiden hat, ist überwiegend begründet. Die objektiv kumulativ zur Entscheidung gestellten Anträge sind jeweils zulässig, aber nur bezogen auf den Fall der Arbeitnehmerin G. vom 19.08.2005 begründet. Insoweit hat die Arbeitgeberin dem rechtskräftigen Unterlassungstitel des Arbeitsgerichts Pforzheim vom 29.10.2002 (– 1 BV 10/02 –) zuwider gehandelt, weswegen ein Ordnungsgeld in Höhe von EUR 1.000,00 festzusetzen ist.
1. Die sofortige Beschwerde der Arbeitgeberin ist zulässig.
Sie ist als solche statthaft (§ 83 Abs. 5, § 78 Satz 1, § 85 Abs. 1 Satz 3 ArbGG i.V.m. § 567 Abs. 1 Nr. 1, § 793, § 891 ZPO) und wurde von der Arbeitgeberin fristgerecht gemäß § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO eingelegt.
2. Die sofortige Beschwerde ist im vorgenannten Umfang begründet.
a) Der Antrag des Betriebsrats auf Festsetzung eines „Zwangsgeldes” gegen die Arbeitgeberin ist zulässig.
aa) Der Antrag des Betriebsrats ist bestimmt genug. Er bedarf jedoch seiner Auslegung.
(1) Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, der auf jedwedes arbeitsgerichtliche Erkenntnisverfahren aber auch auf das Zwangsvollstreckungsverfahren Anwendung findet (vgl. Zöller/Stöber, ZPO, 25. Aufl., Vor § 704 Rz. 5), muss der Antrag die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Damit wird der Streitgegenstand bestimmt und die Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO) abgegrenzt.
(2) Hieran gemessen ist der auszulegende Antrag des Betriebsrats hinreichend bestimmt. Zunächst folgt aus der Antragsbegründung, dass der Betriebsrat objektiv kommulierend vier Anträge zur Entscheidung stellt. Er behauptet vier Zuwiderhandlungen, von denen drei zweitinstanzlich angefallen sind, derentwegen er die Zwangsvollstreckung auf der Grundlage des Unterlassungstitels des Arbeitsgerichts Pforzheim vom 29.10.2002 eingeleitet hat. Dieses Verständnis trägt den beiden nebeneinander stehenden zwangsvollstreckungsrechtlichen Grundlagen des § 23 Abs. 3 Satz 2 BetrVG und des § 890 Abs. 1 Satz 1 ZPO Rechnung (zum Verhältnis beider Vorschriften siehe BAG, Beschluss vom 29.04.2004 – 1 ABR 30/02 – AP Nr. 3 zu § 77 BetrVG 1972 Durchführung, zu B IV 2 b cc der Gründe). Denn darin heißt es jeweils, dass der Schuldner wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers zu verurteilen ist. Dementsprechend ist für jeden Verstoß gesondert zu erkennen.
Dass der Betriebsrat für jede Zuwiderhandlung keinen Einzelbetrag benannt hat, ist unschädlich, da ersichtlich die Verurteilung zulässigerweise in das Ermessen des Gerichts gestellt wurde.
Die rechtsfehlerhafte Bezeichnung der Festsetzung eines Zwangsgeldes ist ebenfalls unerheblich. Beide vorgenannten Bestimmungen sehen jeweils entsprechend dem Inhalt der Zuwiderhandlung ausschlussweise entweder ein Ordnungs- oder aber ein Zwangsgeld vor. Vorliegend ist das repressiv ausgestaltete Ordnungsgeld einschlägig, da der für die Zwangsvollstreckung die Grundlage bildende Titel des Arbeitsgerichts Pforzheim vom 29.10.2002 auf Unterlassung gerichtet ist.
bb) Die allgemeinen zwangsvollstreckungsrechtlichen Voraussetzungen, nämlich Titel, Klausel und Zustellung, liegen vor.
(1) Die allgemeinen zwangsvollstreckungsrechtlichen Voraussetzungen gelten auch für eine auf § 23 Abs. 3 Satz 2 BetrVG gestützte Zwangsvollstreckung. Denn diese Bestimmung stellt keine die allgemeine Zwangsvollstreckung nach § 85 Abs. 1 Satz 3 ArbGG