Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterlassungsanspruch der Gewerkschaft gegen den Arbeitgeber hinsichtlich der Durchführung einzelvertraglicher Regelungen. Unterlassungsanspruch der Gewerkschaft, Rahmenvereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, einzelvertragliche Regelungen
Leitsatz (amtlich)
1. Die IG Medien hat gegen die beteiligten Arbeitgeber keinen Anspruch aus §§ 23 Abs. 3, 77 Abs. 3 BetrVG auf Unterlassung der Durchführung der Anlage zur Rahmenvereinbarung vom 29.02.1996, da es sich insoweit um keine Betriebsvereinbarung handelt.
2. Schließen die Betriebspartner in Praktizierung der Zusammenarbeit gem. § 2 BetrVG eine Regelungsabsprache oder Betriebsvereinbarung, die gegen Bestimmungen eines Tarifvertrages verstößt, so liegt darin zwar ein Verstoß gegen das Gebot der Beachtung höherrangigen Rechts, nicht aber ein Verstoß gegen die durch § 2 Abs. 1 BetrVG begründete Verpflichtung zur vertrauensvollen Zusammenarbeit unter Beachtung der geltenden Tarifverträge. Es ist im Gegenteil festzustellen, daß nach Ansicht der IG Medien „die Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat viel zu vertrauensvoll war”. Fortsetzung S. 2 Soweit die IG Medien bemängelt, daß ein Verstoß der Arbeitgeber gegen das Zusammenwirken mit der im Betrieb vertretenen Gewerkschaft vorliegt, ist festzustellen, daß die beteiligten Arbeitgeber mit der IG Medien zusammengearbeitet haben, allerdings konfliktbeladen.
3. Auch unter Berücksichtigung der klarstellenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschlüsse v. 24.4.1996 – 1 BvR 712/86 – BB 1996, 1835 und vom 14.11.1995 – 1 BvR 601/92-AP Nr. 80 Art. 9 GG) zu Art. 9 Abs. 3 GG, daß der Schutz nicht von vornherein auf einen Kernbereich koalitionsmäßiger Betätigung beschränkt ist, sondern sich vielmehr auf alle Verhaltesweisen erstreckt, die koalitionsspezifisch sind, ergibt sich kein Unterlassungsanspruch der IG Medien. Den Tarifvertragsparteien bleibt nämlich das Recht zur Regelung der Arbeitsbedingungen durch Tarifverträge ungeschmälert erhalten. Dieses Recht schließt nicht notwendig die Befugnis ein, die Beachtung der gesetzten tariflichen Ordnung durch die tarifunterworfenen Parteien des Arbeitsvertrages oder die Betriebspartner auch durchzusetzen.
Normenkette
GG Art. 9 Abs. 3; BGB §§ 823, 1004; BetrVG § 23 Abs. 3, § 77 Abs. 3, § 2
Verfahrensgang
ArbG Freiburg i. Br. (Beschluss vom 12.11.1996; Aktenzeichen 10 BV 7/96) |
Nachgehend
Tenor
1. Das Verfahren wird bezüglich des Antrages Ziffer 1 a gemäß §§ 90 Abs. 2, 83 a Abs. 2 S. 1 ArbGG eingestellt, nachdem die Beteiligten Ziffer 1–4 das Verfahren insoweit für erledigt erklärt haben.
2. Im übrigen wird die Beschwerde der Beteiligten Ziffer 1 gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Freiburg, Kammern Offenburg, vom 12.11.1996 – 10 BV 7/96 – zurückgewiesen.
3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die antragstellende … (…) begehrt im vorliegenden Beschlußverfahren die Verpflichtung der beteiligten Arbeitgeber (Bet. Ziff. 2 u. 3), es zu unterlassen, die in der Anlage zur „Betriebsvereinbarung (Rahmenvereinbarung)” vom 29.02.1996 mit dem Betriebsrat und in Verbindung mit Ziff. 2 Abs. 1 der Betriebsvereinbarung vom 03.05.1996 einzelvertraglich vereinbarten Regelungen anzuwenden.
Hinsichtlich der Verpflichtung der beteiligten Arbeitgeber, es zu unterlassen, die in der Betriebsvereinbarung vom 03.05.1996 vereinbarte Arbeitszeit von 30 Stunden/Woche für die Mitarbeiter, die keine Vertragsergänzungen mit dem Inhalt der „Betriebsvereinbarung (Rahmenvereinbarung)” vom 29.02.1996 abgeschlossen haben, durchzuführen, haben die Beteiligten das Verfahren im Anhörungstermin vom 22.09.1998 vor dem Beschwerdegericht für erledigt erklärt.
Die antragstellende … im Betrieb der beteiligten Arbeitgeber vertreten. Diese sind Teile des … Bis zum 31.12.1994 waren die Geschäftsbereiche, welche nunmehr durch die beteiligten Arbeitgeber repräsentiert werden, bei der … vereinigt. Zum 01.01.1995 wurde der … neu strukturiert. Die einzelnen bei der … angesiedelten Geschäftsbereiche wurden als rechtlich verselbständigte Profitcenter aus der GmbH ausgegliedert. Der bei der GmbH gebildete Betriebsrat (Bet. Ziff. 4) wurde als gemeinsamer Betriebsrat der neu entstandenen Unternehmen geführt.
Die … war und ist Mitglied des Arbeitgeberverbandes Papierverarbeitung und Druck Südbaden e.V. Streitig ist dagegen zwischen den Beteiligten, ob auch die neugeschaffenen Profitcenter dem Arbeitgeberverband beigetreten sind. Die … behauptet, daß auch die beteiligten Arbeitgeber ihren Beitritt zum Arbeitgeberverband erklärt haben. Nach der Behauptung der beteiligten Arbeitgeber seien sie nicht dem Verband beigetreten. Vielmehr entrichte die …, die nach der Neuorganisation keine eigenen Arbeitnehmer habe, weiterhin Beiträge zum Arbeitgeberverband mindestens im früheren Umfang, wobei die tatsächlich gezahlten Beiträge höher seien als sie nach der Satzung des Arbeitgeberverbandes für die Anzahl d...