Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert. Bestandschutz. Weiterbeschäftigung. Vereinbarung über Freistellung i. R. der Erledigung des Verfahrens über Bestandschutz und Weiterbeschäftigung durch Vergleich (Vergleichsmehrwert)

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Weiterbeschäftigungsantrag ist nach § 48 Abs. 1 GKG i. V. m. § 3 ZPO zu bewerten. Wertmäßig setzt er sich aber wegen wirtschaftlicher Teilidentität mit den Bestandsschutzanträgen nur durch, wenn er häher ist als der Wert der Feststellungsklage. Eine Addition des Beschäftigungsantrags zu den Feststellungsklagen kommt weder nach § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG noch, wenn es sich nicht um Hilfsanträge handelt, nach § 5 ZPO und § 39 Abs. 1 GKG in Betracht. Alle Ansprüche beziehen sich wirtschaftlich auf denselben Gegenstand, nämlich das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses über den Kündigungszeitpunkt hinaus.

2. Ein Vergleichsmehrwert ist begründet, wenn sich der Kläger oder die Beklagte eines Anspruchs oder Rechtes auf Freistellung berühmt hat und darüber zwischen den Parteien Streit bestand. Handelt es sich jedoch bei der Vereinbarung über eine Freistellung im Vergleich lediglich um eine Regelung im Rahmen der Gesamtabwicklung des Arbeitsverhältnisses der Parteien, ist ein Vergleichsmehrwert nicht begründet.

 

Normenkette

GKG §§ 63, 48; ZPO § 3

 

Verfahrensgang

ArbG Stuttgart (Beschluss vom 11.12.2009; Aktenzeichen 22 Ca 8749/09)

 

Tenor

Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 11. Dezember 2009 – 22 Ca 8749/09 – wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers richtet sich gegen die Wertfestsetzung des Arbeitsgerichts gemäß § 63 Abs. 2 GKG.

Im Ausgangsverfahren stritten die Parteien über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung vom 14. August 2009 sowie die Verpflichtung der Beklagten, den Kläger über den Beendigungszeitpunkt hinaus weiter zu beschäftigen. Der Rechtsstreit endete vor Durchführung des Gütetermins durch Vergleich gemäß Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 7. Oktober 2009, wonach das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 28. Februar 2010 enden wird, der Kläger eine Abfindung erhält und mit sofortiger Wirkung von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung unter Fortzahlung der Vergütung in Höhe von EUR 3.233,00 brutto jedoch unter Verrechnung sämtlicher Urlaubs- und Zeitguthabenansprüche unwiderruflich freigestellt wird. Darüber hinaus erzielten die Parteien ausweislich des Vergleichs Einigkeit, dass damit sämtliche Ansprüche abschließend geregelt sind

Mit Verfügung vom 19. November 2009 hat das Arbeitsgericht zur beabsichtigten Wertfestsetzung angehört und mitgeteilt, dass es beabsichtigt diesen mit EUR 9.699,00 und damit drei Bruttomonatsgehälter festzusetzen. Nachdem die Beschwerdeführer Einwendungen gegen diese Absicht erhoben habe, hat das Arbeitsgericht mit dem angefochtenen Beschluss vom 11. Dezember 2009 den für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert auf EUR 9.699,00 festgesetzt. Hiergegen wenden sich die Beschwerdeführer mit vorliegender Beschwerde.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die nach dem Wert der Beschwer statthafte (§ 68 Abs. 1 Satz 1 GKG) und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat im angefochtenen Beschluss den für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert zutreffend auf EUR 9.699,00 und damit drei Bruttomonatsbezüge des Klägers festgesetzt. Dem Arbeitsgericht ist darin zuzustimmen, dass der Weiterbeschäftigungsantrag sich nicht werterhöhend auswirkt, da er mit dem Bestandsschutzantrag wirtschaftlich identisch ist. Ebenso hat das Arbeitsgericht zutreffend gesehen, dass die Voraussetzungen für einen Vergleichsmehrwert im Hinblick auf die vereinbarte Freistellung im Vergleich vom 7. Oktober 2009 nicht gegeben sind. Die von der Beschwerde geführten Angriffe rechtfertigen keine andere Entscheidung.

1. Zu Recht hat das Arbeitsgericht und hiergegen wendet sich die Beschwerde erkennbar auch nicht, hinsichtlich des Kündigungsschutzantrags einen Wert in Höhe von EUR 9.699,00 festgesetzt. Das Arbeitsgericht hat insoweit den sich aus § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG a. F. (jetzt § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG n. F.) ergebenden Wertrahmen vollständig ausgeschöpft.

2. Das Arbeitsgericht hat zu Recht den Beschäftigungsantrag im Ergebnis nicht werterhöhend berücksichtigt. Zwar ist der Beschäftigungsantrag mit einem Monatsgehalt zu bewerten, aber in der Kombination mit einem Kündigungsschutzantrag liegt wirtschaftliche Teilidentität vor, weshalb eine Erhöhung des Wertes über den nach § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG a. F. (jetzt § 42 Abs. 3 Satz 1 GKG n. F.) für den Antrag zu 1 festgesetzten Wert hinaus nicht erfolgt.

a) Zutreffend geht die Beschwerde davon aus, dass der Beschäftigungsantrag gemäß § 48 Abs. 1 GKG i. V. m. § 3 ZPO zu bewerten ist. Wertmäßig setzt er sich aber wegen wirtschaftlicher Teilidentität mit den Bestandsschutzanträgen nur durch, wenn er höher ist als der Wert der Feststellungsklagen (LAG Baden-Württemberg 2...

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