Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsnormen des Tarifvertrages über betriebliche Fragen (Betriebsnormen), negative Koalitionsfreiheit allgemeiner Gleichheitssatz
Leitsatz (amtlich)
§ 7.1.4 des Manteltarifvertrage für Arbeiter und Angestellte in der Metalindustrie in Nordwürtemberg/Nordbaden in der Fassung vom 5.5.1990 MTV ist eine Betriebsnorm i. S. v. §§ 3 Abs. 2, 4 Abs. 1 Satz 2 TVG, durch welche den tarifgebundenen Arbeitgebern die Einstellung von Arbeitnehmern mit einer individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von – seit– mehr als 35 Stunden dann untersagt wird, wenn im Betrieb bereits 18 % der Arbeitnehmer mit verlängerter individueller regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit beschäftigt sind.
§ 7.1.4 MTV verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.
Der Betriebsrat kann gem. § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG die Zustimmung zur Einstellung eines Arbeitnehmers mit verlängerter Arbeitszeit verweigern, wenn die Quote des § 7.1.4 MTV bereits ausgeschöpft ist.
Normenkette
TVG § 3 Abs. 2, § 4 Abs. 1 S. 2; BetrVG § 99 Abs. 2 Nr. 1; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 9 Abs. 3, Art. 12 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Pforzheim (Beschluss vom 15.05.1996; Aktenzeichen 5 BV 13/96) |
Tenor
Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Pforzheim vom 15.05.96 – 5 BV 13/96 – wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
Sachverhalt
Die Arbeitgeberin verfolgt mit ihrer Beschwerde weiterhin die Ersetzung der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung zur Einstellung des Herrn … zum 01.04.1996.
Die Arbeitgeberin war Mitglied im Verband der Metallindustrie Baden-Württemberg e.V.. Mit Wirkung zum 31.12.95 trat sie aus dem Verband aus.
Der am 05.05.1990 zwischen dem Verband der Metallindustrie Baden-Württemberg e.V. und der Industriegewerkschaft Metall für die Bundesrepublik Deutschland Bezirksleitung Stuttgart abgeschlossene, ab 01.04.1990 gültige und erstmals zum 31.12.1998 kündbare Mantel tarif vertrag für Arbeiter und Angestellte in der Metallindustrie in Nordwürttemberg/Nordbaden (im folgenden: MTV) enthält in seinem § 7 u. a. folgende Bestimmungen:
„Regelmäßige Arbeitszeit
7.1. Die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit
ohne Pausen beträgt |
37 Stunden, |
ab 1.4.1993 |
36 Stunden, |
ab 1.10.1995 |
35 Stunden. |
7.1.1 Soll für einzelne Beschäftigte die individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit auf bis zu 40 Stunden verlängert werden, bedarf dies der Zustimmung des Beschäftigten.
Lehnen Beschäftigte die Verlängerung ihrer individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ab, so darf ihnen daraus kein Nachteil entstehen.
7.1.2 Bei der Vereinbarung einer solchen Arbeitszeit bis zu 40 Stunden kann der Beschäftigte wählen zwischen
- einer dieser Arbeitszeit entsprechenden Bezahlung,
- dem Ausgleich der Differenz zur tariflichen Arbeitszeit nach § 7.1 durch einen oder mehrere große Freizeitblöcke im. Laufe von;2 Jahren, bei Bezahlung der tariflichen Arbeitszeit. § 7.6 bleibt hiervon unberührt.
§§ 7.7 und 11.4.5 finden entsprechende Ahwehdüng
7.1.3 Die vereinbarte Arbeitszeit kann frühestens nach Ablauf von 2 Jahren auf Wunsch des Beschäftigten mit einer Ankündigungsfrist von 6 Monaten geändert werden, es sei denn, sie wird einvernehmlich früher geändert.” Entsprechendes gilt für die Wahl gem. § 7.1.2. Das Arbeitsentgelt wird entsprechend angepaßt.
7.1.4 Der Arbeitgeber teilt dem Betriebsrat jeweils zum Ende eines Kalenderhalbjahres die Beschäftigten mit verlängerter individueller regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit mit, deren Anzahl 18 % aller Beschäftigten des Betriebes nicht übersteigen darf.”
Unter dem 27.03.96 schlossen die Arbeitgeberin und … mit Wirkung zum 01.04.96 den in Fotokopie Bl. 5 und 6 d.A. bildenden Arbeitsvertrag, der u. a. in Ziffer 7 eine regelmäßige Wochenarbeitszeit von 40 Stunden vorsieht. … war zu dieser Zeit – wie in der Erörterung vom 26.11.96 unstreitig wurde – kein Gewerkschaftsmitglied.
Mit Schreiben vom 28.03.96 (s. FK. Bl. 7 d.A.) unterrichtete die Arbeitgeberin den Betriebsrat von der beabsichtigten Einstellung des … zum 01.04.96 und bat um Zustimmung.
Mit am selben Tag der Arbeitgeberin, zugegangenen Schreiben vom 02.04.9.6 (s. FK. Bl. 8 d.A.) teilte der Betriebsrat mit, er stimme der geplanten Einstellung nicht zu, und führte zur Begründung u. a. aus:
„1. Gem.§ 7.1.4 MTV dürfen 18 % aller Beschäftigten des Betriebes 40 Std./Woche arbeiten. Da diese Quote bereits ausgeschöpft ist und eine Ausweitung nicht zulässig ist kann die Arbeitszeit von … nicht 40 Std./Woche betragen.”
Mit ihrem am 03.04.96 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag begehrt die Arbeitgeberin die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung des … sowie ferner die Feststellung, es sei die vorgenommene vorläufige Einstellung des … aus sachlichen Gründen dringend erforderlich gewesen. Sie ist der Auffassung, daß die Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats unbegründet sei. Jedenfalls seitdem die Arbeitgeberin nicht mehr Verbandsmitglied sei, könne § 7.1.4 MTV nicht mehr zur Anwendung kommen,
Die Arbeitgeberin hat ...