Entscheidungsstichwort (Thema)
Eine Bruttomonatsvergütung als Streitwert für Weiterbeschäftigungsantrag. Vertraglich vereinbarter Lohn als Grundlage für Streitwert bei geringfügiger Beschäftigung. Werterhöhung durch Geltendmachung von Urlaubsabgeltung
Leitsatz (amtlich)
Für die Ermittlung des "Arbeitsentgelts" im Sinne des § 42 Abs. 2 Satz 1 GKG ist bei einer geringfügigen Beschäftigung gem. § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV vom vereinbarten Nominalbetrag auszugehen.
Normenkette
GKG § 42 Abs. 2 S. 1; SGB IV § 8 Abs. 1 Nr. 1; GKG § 39 Abs. 1; ZPO § 3
Verfahrensgang
ArbG Stuttgart (Entscheidung vom 07.12.2020; Aktenzeichen 10 Ca 819/20) |
Tenor
- Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin wird der Wertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart - Kammern Ludwigsburg - vom 07.12.2020 - 10 Ca 819/20 - dahingehend abgeändert, dass der für die Gerichtsgebühren maßgebende Wert von 2.970,00 € auf 8.640,00 € angehoben wird.
- Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Beschwerde betrifft die Wertfestsetzung des Arbeitsgerichts gemäß § 63 Abs. 2 GKG.
Im Ausgangsverfahren wandte sich die auf Geringverdienerbasis in Höhe von 450,00 € pro Monat bei der Beklagten beschäftigte Klägerin gegen die ordentliche Arbeitgeberkündigung vom 11.05.2020 zum 30.09.2020 (Antrag zu 1), begehrte die allgemeine Feststellung des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses (Antrag zu 2), hilfsweise für den Fall des Obsiegens mit den Bestandsschutzanträgen die vorläufige Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Bestandsschutzrechtsstreits (Antrag zu 3), die Zahlung von 1.170,00 € rückständiger Vergütung (Antrag zu 4) sowie hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit den Bestandsschutzanträgen die Zahlung von Urlaubsabgeltung in Höhe von 5.670,00 € (Antrag zu 5).
Der Rechtsstreit endete durch Vergleich vom 20.08.2020 (im Folgenden: "Vergleich" ≪Bl. 18 f. der erstinstanzlichen Akte≫). Darin ist u.a. geregelt:
"1. Die Parteien stellen außer Streit, dass ihr Arbeitsverhältnis aufgrund ordentlicher Kündigung der Beklagten vom 11.05.2020 zum 31.12.2020 endet.
2. Die Klägerin ist ab sofort unwiderruflich unter Anrechnung von Urlaubsansprüchen und eventuellem Arbeitszeitguthaben für die Restdauer des Arbeitsverhältnisses von der Arbeitspflicht freigestellt. Die Klägerin erhält für die Monate Juni 2020 bis Dezember 2020 ein monatliches Nettoentgelt in Höhe von 450,00 EUR, wobei die Abrechnung entsprechend der vorherigen Zeit unter Abzug der Rentenversicherungsbeiträge vorgenommen wird.
...
5. Damit ist der vorliegende Rechtsstreit bei Kostenaufhebung erledigt."
Das Arbeitsgericht hat den für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert auf 2.970,00 € festgesetzt (1.350,00 € für den Kündigungsschutzantrag, 450,00 € für den allgemeinen Weiterbeschäftigungsantrag sowie 1.170,00 € für den bezifferten Zahlungsantrag zu 4).
Mit der Beschwerde begehren die Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Erhöhung des für die Gerichtsgebühren maßgebenden Werts für den Klagantrag zu 1 um 405,00 € (3 x 135,00 € ≪= jeweils 30 % Pauschalabgaben vom Monatsverdienst von 450,00 €≫) sowie die werterhöhende Berücksichtigung des Klagantrags zu 5.
Das Arbeitsgericht hat der begehrten Anhebung nicht entsprochen und die Beschwerde dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin ist statthaft (§ 68 Abs. 1 Satz 1 GKG); sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 68 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG) und auch im Übrigen zulässig, aber nur insoweit begründet, als das Arbeitsgericht den Hilfsantrag zu 5 auf Urlaubsabgeltung nicht werterhöhend berücksichtigt hat. Im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet, soweit die Zugrundelegung eines höheren Monatsverdiensts bei der Ermittlung des für die Bewertung des Bestandsschutzantrags relevanten Monatsverdienstes begehrt wird.
1. Den punktuellen Kündigungsschutzantrag (Antrag zu 1) hat das Arbeitsgericht zutreffend gemäß § 42 Abs. 2 Satz 1 GKG mit dem Quartalsverdienst der Klägerin von 1.350,00 € bemessen, da die Klägerin den unbefristeten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses geltend gemacht hat (erkennende Kammer 27. November 2014 - 5 Ta 168/14 - juris Rn 12 ≪in Übereinstimmung mit I.20 der Empfehlungen der Streitwertkommission im Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichtsbarkeit in der überarbeiteten Fassung vom 09.02.2018 ≪im Folgenden: "SWK 2018"≫).
a) Gemäß § 42 Abs. 2 Satz 1 GKG ist für die Wertberechnung bei Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses höchstens der Betrag des für die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgelts maßgebend. Dabei ist dasjenige Entgelt zugrunde zu legen, das der Arbeitnehmer bei Fortbestand des Arbeitsverhältnisses in dem auf den streitigen Beendigungstermin folgenden Vierteljahr erzielen würde (allgemeine Auffassung, vgl. erkennende Kammer 1. Februar 2011 - 5 Ta 189/10 - juris m.w.N.).
Zum Arbeitsentge...