Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfenachprüfungsverfahren (§ 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO). Anforderungen an das Erklärungsverlangen. Fortwirkung der Prozessvollmacht nach Abschluss des Bewilligungsverfahrens
Leitsatz (redaktionell)
1. Enthält ein Schreiben des Rechtspflegers im Überprüfungsverfahren nach § 120 Abs. 4 ZPO die Aufforderung eine Erklärung zu den derzeitigen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der PKH-Partei abzugeben, so führt dies nach Sinn und Zweck des § 120 Abs. 4 ZPO nicht zur Fehlerhaftigkeit des Verlangens.
2. Die einem Rechtsanwalt erteilt Prozessvollmacht erfasst regelmäßig auch das Überprüfungsverfahren nach § 120 Abs. 4 ZPO.
Normenkette
ZPO § 120 Abs. 4, § 124 Nr. 2, § 81
Verfahrensgang
ArbG Heilbronn (Beschluss vom 12.01.2004; Aktenzeichen 1 Ca 384/02) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Heilbronn vom 12.01.2004 – 1 Ca 384/02 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I. Die Beteiligten streiten über die Aufhebung der der Klägerin bewilligten Prozesskostenhilfe.
Die Klägerin erhob im Juni 2002 eine Kündigungsschutzklage. Das Arbeitsgericht bewilligte der Klägerin im Gütetermin am 03.07.2002 Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung und ordnete ihr Rechtsanwalt S. bei. Im Anschluss hieran wurde der Rechtsstreit durch Prozessvergleich erledigt. Der beigeordnete Rechtsanwalt erhielt eine Vergütung in Höhe von EUR 792,28 aus der Staatskasse.
Unter dem 29.10.2003 übersandte die Rechtspflegerin beim Arbeitsgericht Rechtsanwalt S. ein Schreiben mit der Bitte, bis zum 21.11.2003 eine Erklärung zu den derzeitigen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen seiner Partei abzugeben, wozu der beigefügte Fragebogen (vgl. dazu das Muster ABl. 58) zur Vereinfachung verwendet werden könne. In dem Schreiben wurde darauf hingewiesen, dass davon ausgegangen werde, dass Rechtsanwalt S. die Klägerin aufgrund der fortwirkenden Prozessvollmacht auch im Verfahren nach §§ 120 Abs. 4, 124 ZPO vertrete, falls nicht bis zum 21.11.2003 mitgeteilt werde, dass das Mandat niedergelegt sei oder aus anderen Gründen nicht mehr bestehe; nur in diesem Falle werde die Klägerin persönlich angeschrieben und in das Verfahren einbezogen. Da eine Reaktion nicht erfolgte, setzte die Rechtspflegerin mit weiterem an Rechtsanwalt S. gerichteten Schreiben vom 01.12.2003 eine letzte Frist zur Abgabe der Erklärung über die derzeitigen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin bis zum 29.12.2003. Gleichzeitig wies sie darauf hin, dass die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufgehoben werden könne, wenn die erbetenen Angaben nicht fristgerecht gemacht würden. Außerdem wiederholte sie den Hinweis, dass die Partei nicht persönlich angeschrieben werde, solange dem Gericht nicht ausdrücklich angezeigt werde, dass das Mandat nicht mehr bestehe.
Mit Beschluss vom 12.01.2004 hob die Rechtspflegerin beim Arbeitsgericht den Bewilligungsbeschluss vom 03.07.2002 gemäß § 124 Nr. 2 ZPO auf, weil eine Erklärung über die derzeitigen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin bei Gericht nicht eingegangen sei.
Gegen diesen Rechtsanwalt S. am 14.01.2004 zugestellten Beschluss hat dieser am 16.02.2004 (Montag) sofortige Beschwerde eingelegt und angekündigt, dass eine Begründung der Beschwerde durch die Beschwerdeführerin/Klägerin persönlich erfolgen werde.
Mit Schreiben vom 09.03.2004 hat die Rechtspflegerin Rechtsanwalt S. unter Einräumung einer Frist bis zum 31.03.2004 an die ausstehende Beschwerdebegründung erinnert. Hierauf hat Rechtsanwalt S. mit Schriftsatz vom 05.04.2004 mitgeteilt, dass kein Kontakt mehr zur Klägerin bestehe und gebeten, direkt zu korrespondieren. Dies hat die Rechtspflegerin mit Schreiben vom 06.04.2004 gegenüber Rechtsanwalt S. unter Einräumung einer Frist zur Begründung der sofortigen Beschwerde bis zum 19.04.2004 mit dem Hinweis darauf abgelehnt, dass die ihm von der Klägerin erteilte Prozessvollmacht für das Prozesskostenhilfenachprüfungsverfahren fortwirke und daher davon ausgegangen werde, dass er die Klägerin auch weiterhin in diesem Verfahren vertrete.
Mit Beschluss vom 22.04.2004 hat die Rechtspflegerin der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Auch im Verfahren vor dem Beschwerdegericht ist eine Begründung der Beschwerde trotz Fristsetzung bis zum 04.05.2004 weder durch Rechtsanwalt S. noch durch die gemäß Verfügung vom 23.06.2004 unter Gewährung einer weiteren Frist bis zum 16.07.2004 persönlich angeschriebene Klägerin erfolgt.
Entscheidungsgründe
II. Die ersichtlich namens und in Vollmacht der Klägerin eingelegte sofortige Beschwerde ist gemäß § 11 Abs. 1 RPflG, § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO an sich statthaft und auch im Übrigen zulässig, da sie form- und fristgerecht (§§ 569 Abs. 1 und 2, 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO) eingelegt wurde. Dass sie nicht begründet wurde, steht deren Zulässigkeit nicht entgegen, da ein Begründungszwang nicht besteht (...