Entscheidungsstichwort (Thema)
Mutwillige Kostenverursachung durch beigeordneten RA
Leitsatz (amtlich)
1. Wird einer Partei zur Durchführung eines Kündigungsfeststellungsverfahrens Prozeßkostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts bewilligt und erfolgt sodann eine „Nachkündigung”, gegen die die Partei in einem weiteren Kündigungsfeststellungsverfahren unter Bewilligung von PKH auch hierfür vorgeht, dann entstehen zugunsten des Prozeßbevollmächtigten keine doppelten, aus der Landeskasse zu zahlenden Anwaltsgebührnisse, wenn es dem Prozeßbevollmächtigten möglich war, die „Nachkündigung” durch Klagerweiterung im Erstverfahren anzugreifen und keine anerkennenswerten Gesichtspunkte erkennbar sind, die für die verfahrensrechtliche Vorgehensweise des Prozeßbevollmächtigten – kostenintensive Erhebung zweier Klagen statt kostengünstiger Klagerweiterung – sprechen.
2. Der Vertreter der Landeskasse kann auch noch im Beschwerdeverfahren nach § 128 Abs. 4 BRAGO geltend machen, die Landeskasse habe nicht einzustehen für im vorgenannten Sinne mutwillig verursachte Verfahrenskosten (Anwaltsgebührnisse), wenn diese Umstände nicht schon bei der Entscheidung über den PKH-Antrag berücksichtigt wurden.
Normenkette
ZPO § 122; BRAGO § 31 Abs. 1, § 128
Verfahrensgang
ArbG Ulm (Beschluss vom 08.08.1988; Aktenzeichen 5 Ca 159/88) |
ArbG Ulm (Beschluss vom 21.07.1988; Aktenzeichen 5 Ca 159/88) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Ulm vom 08. August 1988 (Az.: 5 Ca 159/88) der Kostenfestsetzungsbeschluß des Arbeitsgerichts Ulm vom 21.07.1988 (5 Ca 159/88)
abgeändert:
Der Antrag des Prozeßbevollmächtigten der Beschwerdegegnerin auf Festsetzung von DM 297,65 zur Auszahlung aus der Landeskasse wird zurückgewiesen.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes beträgt DM 297,65.
Gegen diesen Beschluß ist kein Rechtsmittel gegeben.
Gründe
1. Im vorliegenden Verfahren ließ die Beschwerdegegnerin mit am 08. April 1988 beim Ausgangsgericht eingegangenem Schriftsatz vom 07. April 1988 Kündigungsfeststellungsklage gegen eine ihr gegenüber am 29.03.1988 ausgesprochene arbeitgeberseitige Kündigung zum 15.04.1988 erheben. Noch bevor es zur Güteverhandlung kam, die auf 26. April 1988 anberaumt war, teilte der Prozeßbevollmächtigte der Beschwerdegegnerin, der bereits in der Klagschrift Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe unter Beifügung der erforderlichen Formularerklärung gestellt hatte, dem Gericht mit Schriftsatz vom 18.04., bei Gericht am 19.04.1988 eingegangen, mit, es werde „Klagerücknahme in Aussicht gestellt, sobald über den Prozeßkostenhilfeantrag entschieden” sei, wobei zur Begründung angeführt wurde, die Beklagte des Ausgangsverfahrens habe die Kündigung mit Schreiben vom 12.04.1988 zurückgenommen. Nachdem das Ausgangsgericht mit Beschluß vom 19.04.1988 der Beschwerdegegnerin Prozeßkostenhilfe bewilligt hatte, nahm deren Prozeßbevollmächtigter mit am 25.04.1988 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 22.04.1988 die Klage zurück. Nach entsprechender Streitwertfestsetzung durch das Ausgangsgericht (drei Monatsvergütungen a DM 1.200,00) beantragte der Prozeßbevollmächtigte der Beschwerdegegnerin mit am 16. Mai 1988 beim Ausgangsgericht eingegangenem Schriftsatz vom 13. Mai 1988 Kostenfestsetzung zur Erstattung aus der Landeskasse (Bl. 22 d.A.) in Höhe einer Prozeßgebühr zuzüglich Auslagen (Einzelberechnung) und zuzüglich Mehrwertsteuer im Gesamtbetrag von DM 297,65. Diesem Antrag entsprach die Rechtspflegerin des Ausgangsgerichtes in Ihrer Eigenschaft als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle mit Beschluß vom 21.07.1988. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit der am 08.08.1988 beim Ausgangsgericht eingegangenen Erinnerung, mit der er rügt, die zur Erstattung aus der Staatskasse festgesetzten Anwaltsgebührnisse seien weder notwendige Kosten im Sinne des § 91, noch seien sie erstattungsfähig, weil mutwillig, wobei er zur Begründung dieses Einwandes auf das Verfahren 5 Ca 175/88 zwischen den gleichen Parteien des Ausgangsverfahrens hingewiesen hat, in welchem sich die Beschwerdegegnerin als Klägerin gemäß Anwaltsschriftsatz vom 21.04.1988, am 22.04.1988 beim Ausgangsgericht eingegangen, gegen eine weitere Kündigung seitens der Beklagten des Ausgangsverfahrens gegen die Klägerin des Ausgangsverfahrens vom 15.04.1988 zum 29.04.1988 zur Wehr setzt und ebenfalls Bewilligung von Prozeßkostenhilfe beantragt hat, wobei diesem Antrag mit Bewilligungsbeschluß vom 10.05.1988 im Gütetermin rückwirkend ab 22.04.1988 entsprochen wurde und sodann im Anschluß an diesen Bewilligungsbeschluß die Parteien einen Vergleich schlossen. Im Anschluß daran wurde der Streitwert jenes Verfahrens zur Ermittlung der Anwaltsgebührnisse ebenfalls auf DM 3.600,00 (wie bereits im Verfahren 5 Ca 159/88) festgesetzt und der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin jenes Verfahrens beantragte zur Erstattung aus der Landeskasse die Festsetzung der Anwaltsgebührnisse (Prozeßgebühr, Erörterungsgebühr, Vergleichsgebühr, Aus...