Verfahrensgang
ArbG Stuttgart (Beschluss vom 12.04.1990; Aktenzeichen 7 Ca 6694/89) |
Tenor
I. Die Beschwerde des Beteiligten Ziffer 5 gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 12.4.1990 – 7 Ca 6694/89 – wird zurückgewiesen.
II. Diese Entscheidung ergeht frei von Gerichtsgebühren. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die gem. §§ 9 Abs. 2 Satz 1 BRAGO, 25 Abs. 2 Satz 1 GKG statthafte, innerhalb der Frist des § 25 Abs. 2 Satz 3, Abs. 1 Satz 4 GKG eingelegte und auch im übrigen zulässige Beschwerde der durch eine etwa zu hohe Festsetzung des Kostenstreitwerts aufgrund der Erstattungspflicht gegenüber dem Beteiligten Ziffer 2 beschwerten Staatskasse ist unbegründet, da das Arbeitsgericht den Wert des Verfahrensgegenstandes im Ergebnis zutreffend in Höhe des Betrags der vom Beteiligten Ziffer 1 im Ausgangsverfahren verfolgten, auf Zahlung von 5 Bruttomonatsverdiensten gerichteten Leistungsanträge festgesetzt hat. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers folgt aus § 19 Abs. 4 GKG nicht, daß bei vorliegender Fallgestaltung der geringere, da gem. § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG auf ein Vierteljahresverdienst begrenzte Wert der Kündigungsschutzklage kostenrechtlich maßgeblich wäre.
Allerdings kann den Ausführungen des Arbeitsgerichts, wonach nicht davon ausgegangen werden könne, daß die Gehaltsansprüche nur für den Fall des Obsiegens mit dem Bestandsschutzantrag beschieden werden sollten, nicht beigetreten werden. Vielmehr ergibt die gebotene Auslegung (vgl. hierzu etwa BAG NJW 82, 1174 m.w.N.) der Prozeßhandlungen des Beteiligten Ziffer 1 im Ausgangsverfahren, daß die Zahlungsanträge – mit Ausnahme des Zeitraums vom 1. bis 4.11.89 – nur für den Fall gestellt sein sollten, daß das Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der am 4.11.89 ausgesprochenen und mit dem Feststellungsantrag angegriffenen fristlosen Kündigung geendet hat. Insbesondere nachdem der Beteiligte Ziffer 1 die Zahlungsanträge für die Zeit vom 5.11.89 bis 31.3.90 auf § 615 Satz 1 BGB stützte, kann nicht davon ausgegangen werden, daß diese Anträge unbedingt der gerichtlichen Bescheidung zugeführt werden sollten. Vielmehr ging der vom Beteiligten Ziffer 1 geäußerte Parteiwille erkennbar dahin, die Zahlungsanträge betreffend den Zeitraum vom 5.11.89 bis 31.3.90 nur für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag einer gerichtlichen Entscheidung zuzuführen.
Gleichwohl hat dies nicht zur Folge, daß die Zahlungsanträge nach § 19 Abs. 4 2. Hs. GKG bei der Wertfestsetzung außer Betracht blieben. Wie beim Zusammentreffen von prinzipaliter gestelltem vorgreiflichen Feststellungsantrag und für den Fall des Obsiegens mit diesem Antrag ferner zu bescheidenden Zahlungsanträgen streitwertrechtlich zu verfahren sei, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Nach der – soweit ersichtlich – von der bis zum 31.12.89 für Streitwertbeschwerden zuständigen Kammer 3 des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg für arbeitsrechtliche Bestandsschutzstreitigkeiten entwickelten Auffassung (vgl. etwa Beschluß vom 10.9.87 – 3 Ta 114/87 – in JurBüro 88, 1156 f.), der sich auch andere Gerichte (vgl. etwa LAG Düsseldorf, Beschluß vom 13.7.89 – 7 Ta 165/89 – in NZA 89, 862 = JurBüro 89, 1726; LG Köln in JurBüro 90, 525 f.) und ein Teil der Literatur (vgl. Becker/Glaremin, NZA 89, 207 ff.) angeschlossen haben, findet auch auf die sog. „uneigentlichen” oder „unechten” Hilfsanträge die Bestimmung des § 19 Abs. 4 GKG Anwendung. Diese zunächst in erster Linie gegen eine Werteaddition gerichtete Auffassung hat auch zur Folge, daß ein höherer „unechter Hilfsantrag” streitwertrechtlich nur dann maßgeblich ist, wenn über ihn entschieden wird. Wird dagegen – wie vorliegend – der Rechtsstreit durch Vergleich erledigt, so kann sich, da ein Vergleich keine Entscheidung im Sinne des § 19 Abs. 4 GKG darstellt (vgl. hierzu näher KG in JurBüro 88, 373 f.; OLG Hamm in JurBüro 86, 1063 f.), nach dieser Auffassung der höhere, mit verglichene Zahlungsanspruch allenfalls auf den Vergleichswert (vgl. hierzu Frank, Anspruchsmehrheiten im Streitwertrecht, S. 260, 261), nicht aber auf den für Prozeß- und Verhandlungsgebühr maßgeblichen Wert des Verfahrensgegenstandes auswirken (vgl. auch Markl, GKG, 2. Aufl., § 19 Rz. 34). Demgegenüber ist ein anderer Teil der Rechtsprechung (vgl. etwa LAG Hamm, Beschluß vom 28.7.88 – 8 Ta 122/88 – in NZA 89, 231 f. = LAGE Nr. 4 zu § 19 GKG; LAG Köln, Beschluß vom 11.7.89 – 4 Ta 117/89 – in LAGE Nr. 2 zu § 19 GKG) und Literatur (vgl. Stein/Jonas/Schumann, ZPO, 20. Aufl., § 5 Rz. 27, vgl. aber auch Schumann in NJW 82, 2800 ff. bei Fußnote 21; Lappe in NJW 89, 3254 ff., 3257; Stephan in NZA 89, 254 ff., 255; Frank, a.a.O., S. 275, der freilich selbst bei echten Hilfsanträgen mit unterschiedlichem Streitgegenstand eine „Interpretationskorrektur” des § 19 Abs. 4 GKG vornehmen will, a.a.O., S. 248, 249; Schneider, Anm. zu LAGE Nr. 2 zu § 19 GKG) der Ansicht, daß § 19 Abs. 4 GKG auf die sogenannten „unechten” oder „uneigentlichen Hilfsanträge” nicht anwendbar sei. Dieser Auffa...