Entscheidungsstichwort (Thema)
Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit mit den Beteiligten
Verfahrensgang
ArbG Dresden (Beschluss vom 17.03.1995; Aktenzeichen 8 Ca 6990/94) |
Tenor
I.
Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1. wird der Wertfestsetzungsbeschluß des Arbeitsgerichts Dresden vom 17.02.1995 8 Ca 6990/94 – in der Fassung, die er durch die Entscheidung über die teilweise Abhilfe vom 17.03.1995 erfahren hat, abgeändert:
Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird für das gesamte Verfahren auf 11.556,00 DM festgesetzt.
II.
Diese Entscheidung ergeht frei von Gerichtsgebühren. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die gemäß §§ 9 Abs. 2 Satz 1 BRAGO, 25 Abs. 2 Satz 1 GKG statthafte und innerhalb der Frist des § 25 Abs. 3 Satz 3, 2 Satz 3 GKG eingelegte und auch im übrigen zulässige Beschwerde des Beteiligten zu 1. ist auch über das Maß der teilweisen Abhilfe durch Beschluß vom 17.03.1995 hinaus begründet. Der Gegenstandswert ist auf den Wertfestsetzungsantrag des Beteiligten zu 2. gemäß den §§ 9 Abs. 2 BRAGO, 25 Abs. 2 GKG auf die Höhe eines Vierteljahresverdienstes des Klägers festzusetzen. Der Weiterbeschäftigungsantrag des Klägers konnte nicht als streitwerterhöhend betrachtet werden.
Auszugehen ist für die Bewertung infolge § 1 Abs. 3 GKG von der Bestimmung des § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG, wonach „für die Wertberechnung bei Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses … höchstens der Betrag des für die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgeltes maßgebend” ist. § 19 Abs. 1 Satz 2 GKG in der Fassung des Art. 1 KostRÄndG vom 24.06.1994 ist nicht anwendbar. Nach dieser Vorschrift wird ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht.
Bereits der Wortlaut der Bestimmung spricht dagegen, sie auch auf die Anträge anzuwenden, die im Wege der Antragshäufung für den Fall des Obsiegens mit dem in erster Linie gestellten Antrag zusätzlich neben diesem verfolgt werden. Einen solchen Antrag hat der Kläger hier in der Verhandlung am 16.01.1995 gestellt. Schon die übliche Bezeichnung dieser Anträge als „unechte” bzw. „uneigentliche Hilfsanträge” zeigt, daß es sich genaugenommen gerade nicht um echte Hilfsanträge handelt. Auch (aussagen-)logisch unterscheiden sich echte und „unechte” Hilfsanträge ganz wesentlich. Beim echten Hilfsantrag steht von vornherein fest, daß die Klagpartei allenfalls das prinzipaliter oder das eventualiter Geforderte, nicht aber beides erhalten kann. Mit dem „unechten Hilfsantrag” geht es der Klagpartei aber darum, beides zu erhalten. Es kommt also bei dem „unechten Hilfsantrag” – beim Eintritt der Rechtsbedingung – nicht zu einem Auswechseln, sondern zu einem Nebeneinander der Antrage.
Auch sprechen weder Bedeutungszusammenhang und Gesetzessystematik noch Sinn und Zweck der Regelung dafür, echte und unechte Hilfsanträge streitwertrechtlich gleich zu behandeln. Der Gesetzgeber hat anläßlich der Änderung des § 19 GKG wiederum den Begriff des „hilfsweise geltend gemachten Anspruchs” aus § 19 Abs. 4 GKG a. F. übernommen, obwohl bereits zu dieser Vorschrift überwiegend die Ansicht Vertretern wurde, mit diesem Begriff seien „unechte Hilfsanträge” nicht erfaßt (vgl. z. B. LAG Hamm, NZA 89, 231 = LAGE Nr. 4 zu § 19 GKG; LAG Köln, LAGE Nr. 2 zu § 19 GKG; LAG Baden-Württemberg, Beschluß v. 29.05.1990 – 8 Ta 54/90 –; Stein/Jonas/Schumann, ZPO, 20. Auflage. § 5 Rz. 27; Schumann, NJW 82, 2800 ff. bei Fußnote 21; Lappe, NJW 89, 3254 ff., 2357; Stephan, NZA 89, 254 ff., 255; Frank, Anspruchsmehrheiten im Streitwertrecht, S. 275; Schneider, Anm. zu LAGE Nr. 2 zu § 19 GKG).
Eine Wertaddition findet aber auch nicht nach den §§ 12 Abs. 1 GKG, 5 erster Halbsatz ZPO statt. Denn trotz des Vorliegens mehrerer prozessualer Streitgegenstände ist bei der Streitwertfestsetzung zu beachten, daß der Feststellungsantrag und der Weiterbeschäftigungsantrag eine wirtschaftliche Einheit bilden und hieraus ein Additionsverbot folgt (vgl. Frank, a. a. O., S. 164 ff.; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 20. Auflage. § 2 Rz. 129 ff.).
Mit Recht gehen Teile der Rechtsprechung (vgl. BAG, AP Nr. 17 zu § 12 ArbGG; LAG Baden-Württemberg, Beschluß v. 12.03.1990 – 8 Sa 36/90 – in Jur. Büro 1990, 1270 ff.) sowie ein erheblicher Teil des Schrifttums (KR-Friedrich, 3. Auflage, § 4 KSchG, Rz. 281 b; Grunsky, ArbGG, 6. Auflage, § 12 Rz. 5 c; Dütz, Anm. zu EzA Nr. 1 zu § 12 ArbGG 1979; Schumann, BB 83, 506 ff.) davon aus, daß beim Zusammentreffen eines auf die Feststellung des Fortbestandes des gesamten Rechtsverhältnisses gerichteten Klageantrages mit aus eben diesem Rechtsverhältnis folgenden Leistungsanträgen trotz des Vorliegens mehrerer prozessualer Streitgegenstände bei der Streitwertbemessung eine Zusammenrechnung nicht stattfindet, sondern lediglich der höhere Wert maßgeblich ist.
Zutreffend hat insbesondere das LAG Baden-Württemberg (in seinem Beschluß v. 12.03.1990 a. a. O.) darauf hingewiesen, da...