Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsrechtsweg für Unterlassungsklage der Arbeitnehmerin gegen den Geschäftsführer der Arbeitgeberin wegen Verbreitung unwahrer Behauptungen
Leitsatz (redaktionell)
1. Arbeitgeberin im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 3 ArbGG ist diejenige natürlich oder juristische Person, die eine Arbeitnehmerin im Sinne des § 5 ArbGG beschäftigt; der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist auch dann eröffnet, wenn die von einer juristischen Person angestellte Arbeitnehmerin deren Organ, zum Beispiel den Geschäftsführer einer GmbH (§ 35 GmbHG), im Wege einer bürgerlichen Streitigkeit aus unerlaubter Handlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. d ArbGG verklagt.
2. Der Begriff der unerlaubten Handlung in § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. d ArbGG ist weit zu verstehen; die unerlaubte Handlung muss nur mit dem Arbeitsverhältnis in innerem Zusammenhang stehen und die Klage auf Schadensersatz, Unterlassung oder Beseitigung gerichtet sein.
3. Macht die abhängig beschäftigte Klägerin geltend, dass der Beklagte als Geschäftsführer (und damit als Organ) ihrer Arbeitgeberin in strafrechtlich bedeutsamer Weise dadurch in ihr Persönlichkeitsrecht eingegriffen hat, dass er unwahre Behauptungen über sie in Bezug auf ihr Arbeitsverhältnis und ihre Bereitschaft zur Arbeitsleistung aufgestellt hat, und begehrt sie deren Unterlassung, ist damit in analoger Anwendung des § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. d ArbGG für das Begehren der Klägerin der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen gegeben.
Normenkette
ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. d
Verfahrensgang
ArbG Mannheim (Entscheidung vom 03.04.2014; Aktenzeichen 6 Ca 101/14) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Mannheim - Kammern Heidelberg - vom 3. April 2014 (Az.: 10 Ca 218/13; jetzt: 6 Ca 101/14) abgeändert.
Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen wird für zulässig erklärt.
- Der Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
- Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf EUR 1.500,00 festgesetzt.
- Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Klägerin verlangt mir ihrer Klage vom Beklagten es zu unterlassen, die Behauptungen aufzustellen oder zu verbreiten, sie habe gegenüber ihrem übergeordneten Vorgesetzten mit Krankheit gedroht und sich im Anschluss daran tatsächlich krankschreiben lassen und damit einen Arbeitszeitbetrug begangen.
Die Klägerin ist Arbeitnehmerin der S. GmbH. Der Beklagte ist der Geschäftsführer der GmbH. Die Parteien führten am 3. Dezember 2012 ein Telefongespräch, in welchem sich die Klägerin unzufrieden mit der Arbeitsatmosphäre in ihrer Abteilung äußerte, insbesondere in Bezug auf die Abteilungsleiterin und erklärte gegenüber dem Beklagten, dass er sich dieser Probleme nicht ausreichend annehme. Seit dem 4. Dezember 2012 ist die Klägerin arbeitsunfähig krankgeschrieben.
Am 23. Januar 2013 teilte der Beklagte dem Personalleiter und der Abteilungsleiterin der Klägerin mit, diese habe für den Fall, dass die Abteilungsleiterin nicht abgelöst werde, angekündigt krank zu werden. Der Beklagte wandte sich in der Folgezeit unter Anderem auch an den Medizinischen Dienst der Krankenkasse, um die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin überprüfen zu lassen, da nach seiner Ansicht hieran aufgrund der behaupteten Äußerung der Klägerin Bedenken bestünden.
Die Klägerin, die behauptet eine solche Androhung einer Erkrankung nicht abgegeben zu haben, sieht in der Äußerung des Beklagten einen Eingriff in ihr Persönlichkeitsrecht, welches auch strafrechtliche Relevanz habe und Straftatbestände der Beleidigung, üblen Nachrede, Verleumdung und falscher Verdächtigung berühre. Deshalb sei der Beklagte auf ihre am 5. August 2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage zu einem Unterlassen dieser Äußerung unter Androhung eines Ordnungsgeldes zu verurteilen.
Die Klägerin führt vor dem Arbeitsgericht Mannheim - Kammern Heidelberg - zwei weitere Rechtsstreitigkeiten gegen ihre Arbeitgeberin, die S. GmbH, betreffend die Zahlung von Schmerzensgeld und Schadensersatz beziehungsweise wegen einer nicht vertragsgerechten zu niedrigen Vergütung.
Anlässlich der mündlichen Verhandlung vor der Kammer des Arbeitsgerichts am 3. April 2014 hat der Beklagte die Zuständigkeit des Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen gerügt und eine Verweisung des Rechtsstreits an das Landgericht H. beantragt. Dem ist die Klägerin entgegengetreten.
Mit Beschluss vom 3. April 2014 hat das Arbeitsgericht den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für nicht gegeben angesehen und den Rechtsstreit an das Landgericht H. verwiesen. Es liege weder ein Rechtsstreit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber aus dem Arbeitsverhältnis noch zwischen Arbeitnehmern aus unerlaubter Handlung, die mit dem Arbeitsverhältnis in Zusammenhang stehe, vor. Der Beklagte sei als Geschäftsführer der GmbH weder Arbeitnehmer noch selbst Arbeitgeber der Klägerin. Es liege auch kein Fall einer Zusammenhangsklage vor.
Gegen diesen Beschluss, welcher der Klägerin am 24. A...