Entscheidungsstichwort (Thema)

Mitbestimmung des Betriebsrats bei Arbeitseinsatz betriebsfremder, jedoch unternehmensangehöriger Arbeitnehmer an verkaufsoffenen Sonntagen

 

Leitsatz (amtlich)

Soweit der Arbeitgeber an einem sogenannten verkaufsoffenen Sonntag Arbeitnehmer mit Tätigkeiten im Verkauf und an den Kassen beschäftigt, die nicht dem Betrieb angehören, sondern aufgrund eines Arbeitsverhältnisses mit dem Arbeitgeber ansonsten in anderen Betrieben beschäftigt werden, hat der für diesen Betrieb gebildete Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht hinsichtlich Beginn und Ende der Arbeitszeit bei einem solchen Arbeitseinsatz, selbst wenn der Arbeitgeber hierfür leitende Angestellte aus anderen Betrieben zu diesen Tätigkeiten herangezogen hat, weil der Betriebsrat dem Einsatz der örtlichen Betriebsangehörigen widersprochen hat.

 

Normenkette

BetrVG § 87 Abs. 1 Nrn. 2-3

 

Verfahrensgang

ArbG Pforzheim (Beschluss vom 12.12.1995; Aktenzeichen 1 Bv 25/95)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 25.02.1997; Aktenzeichen 1 ABR 69/96)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Pforzheim vom 12. Dezember 1995 – 1 BV 25/95 – wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, daß der Tenor des Beschlusses wie folgt gefaßt wird:

Der Arbeitgeberin wird aufgegeben, die Beschäftigung von Arbeitnehmern aus anderen Betrieben ihres Unternehmens im Verkauf und an den Kassen an Sonntagen im Möbelhaus Pforzheim zu unterlassen, soweit eine Zustimmung dessen Betriebsrats oder ein zustimmender Beschluß der Einigungsstelle nicht vorliegt.

Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird ein Ordnungsgeld bis zu DM 20.000,– angedroht.

2. Für die Beschwerdeführerin wird die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BetrVG berührt sind, wenn der Arbeitgeber bei einer einmaligen Öffnung des Möbelhauses an einem „verkaufsoffenen Sonntag” Arbeitnehmer, auch leitende Angestellte, aus anderen Niederlassungen des Unternehmens im Verkauf und an der Kasse einsetzt, weil der Betriebsrat der Beschäftigung von Arbeitnehmern aus der Belegschaft des Möbelhauses an dem betreffenden Sonntag nicht zustimmt.

In dem Möbelhaus … der Beschwerdeführerin werden rund 50 Arbeitnehmer beschäftigt. Der Antragsteller ist der für diesen Betrieb gebildete Betriebsrat. Mit Schreiben vom 19.06.1995 (Fotokopie Bl. 7 d.A.) bat der Niederlassungsleiter um die Zustimmung des Betriebsrats zu einem Arbeitseinsatz betriebsangehöriger Arbeitnehmer während der beabsichtigten Öffnungszeit von 13.00 bis 18.00 Uhr am Sonntag, dem 9. Juli 1995, auf freiwilliger Basis.

Mit Schreiben vom 20.06.95 (Fotokopie Bl. 8 d.A.) widersprach der Betriebsrat einer Beschäftigung von Arbeitnehmern an diesem Tag. Auf die dort genannten Gründe wird Bezug genommen.

Gleichwohl öffnete die Beschwerdeführerin das Möbelhaus am fraglichen Tag, an dem in … ein Stadtfest stattfand, und setzte im Verkauf und an den Kassen Arbeitnehmer aus anderen Niederlassungen und Bereichsleiter, nach ihrer Darlegung ausnahmslos leitende Angestellte im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG, während der Öffnungszeit ein.

Der Betriebsrat sieht hierin eine Verletzung seiner Mitbestimmungsrechte, die sich aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BetrVG ergäben, weil dieser Einsatz ohne seine Zustimmung erfolgt sei, und begehrt mit dem vorliegenden Verfahren die Untersagung einer derartigen Handlung für die Zukunft bei gleichzeitiger Androhung eines Ordnungsgelds für den Wiederholungsfall.

Wegen des weiteren im wesentlichen unstreitigen Sachverhalts wird auf den tatbestandlichen Teil des angefochtenen Beschlusses (Bl. 29/30 d.A.) Bezug genommen.

Der Betriebsrat hat folgenden Antrag gestellt:

Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, die Beschäftigung von Mitarbeiterinnen im Verkauf und an den Kassen an Sonntagen zu unterlassen, soweit eine Zustimmung des Betriebsrat oder ein Spruch der Einigungsstelle nicht vorliegt.

Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird ein Ordnungsgeld festgesetzt, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird.

Die Arbeitgeberin hat den Antrag gestellt,

den Antrag zurückzuweisen.

Wegen des Vertrags der Beteiligten, insbesondere der Mitteilung ihrer Rechtsauffassungen, wird ebenfalls auf die Ausführungen des tatbestandlichen Teils des angefochtenen Beschlusses verwiesen.

Mit Beschluß vom 12. Dezember 1995 hat das Arbeitsgericht dem Antrag des Betriebsrats in vollem Umfang stattgegeben und für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld von DM 5.000,– festgesetzt. Das Arbeitsgericht hat im wesentlichen die Auffassung vertreten, die Arbeitgeberin habe mit der von ihr getroffenen Maßnahme das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BetrVG in unzulässiger Weise umgangen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf seine Ausführungen unter II. des angegriffenen Beschlusses verwiesen (Bl. 30 – 33 d.A.).

Gegen diesen am 9. Januar 1996 zugestellten Beschluß hat die Arbeitgeberin mit Schrif...

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