Entscheidungsstichwort (Thema)
Unteilbarkeit des Änderungsangebots bei Änderungskündigung
Leitsatz (amtlich)
Bietet der Arbeitgeber im Zusammenhang mit der Kündigung dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu in mehreren Punkten geänderten Vertragsbedingungen an, so ist die Änderungskündigung unwirksam, wenn auch nur hinsichtlich eines Teils des Änderungsangebots der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt ist. Das Gericht hat nur zu prüfen, ob die Änderungskündigung, so wie sie erklärt worden ist, sozial ungerechtfertigt ist. Es kann jedoch nicht das Änderungsangebot seinerseits auf das Maß reduzieren, welches der Arbeitnehmer, wenn der Arbeitgeber es sogleich gewählt hätte, billigerweise hätte hinnehmen müssen. (Fortsetzung ggfs. Rückseite)
Normenkette
BGB § 139; KSchG § 2
Verfahrensgang
ArbG Karlsruhe (Urteil vom 23.09.1987; Aktenzeichen 6 Ca 552/86) |
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Karlsruhe vom 23. September 1987 – Az.: 6 Ca 552/86 – wird auf Kosten der Berufungsführerin zurückgewiesen.
II. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit der von der Beklagten mit Schreiben vom 23. September 1986 erklärten Änderungskündigung. Darüber hinaus nimmt der Kläger die Beklagte auf Zahlung von Schichtzulagen und Zulagen für nach 20.00 Uhr geleistete Arbeitsstunden für die Monate September und Oktober 1986 sowie für die Monate November 1986 bis Februar 1987 auf die Lohndifferenz in Anspruch, die er im Falle der Unwirksamkeit der Änderungskündigung zu beanspruchen hat. Schließlich begehrt der Kläger einen an ihn nicht ausbezahlten Betrag des Weihnachtsgeldes für das Jahr 1986 aus dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung.
Von der weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes sowie der Wiedergabe der im ersten Rechtszug gestellten Anträge wird gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. § 543 Abs. 1 ZPO unter ausdrücklicher Bezugnahme auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Abl. 83–87) abgesehen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage durch das am 3. September 1987 verkündete Urteil in vollem Umfang stattgegeben. Gegen diese am 24. November 1987 zugestellte Entscheidung, auf deren nähere Gründe (Abl. 87–94) verwiesen wird, hat die Beklagte mit dem am 21. Dezember 1987 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und ihr Rechtsmittel mit dem weiteren, am 20. Januar 1988 eingegangenen Schriftsatz ausgeführt.
Sie macht geltend, der Kläger habe sich in dem Zeitraum von 1982 bis 1986 zunehmend als nicht geeignet als Schichtführer und somit als Vorgesetzter erwiesen. In dieser Zeit habe es zwischen den Arbeitsvertragsparteien nur geringe Auseinandersetzungen gegeben. Nach Verkündung des angegriffenen Urteils habe ein Vorarbeiter gegenüber dem Geschäftsführer erklärt, der Kläger habe in den vergangenen Jahren sehr häufig an den Maschinen selbständig und ohne Einschaltung des Betriebsschlossers Reparaturen vorgenommen. Dies habe stets dazu geführt, daß der Betriebsschlosser doppelte Arbeit gehabt habe. Der Kläger sei ein Mensch, der sich angeblich nur der Geschäftsführung gegenüber verantwortlich fühle und seine Arbeitskollegen und auch die ihm als Schichtführer unterstellten Personen vollständig ignoriere. Die Arbeitskollegen hätten Angst vor dem Kläger, die aus einem Vorfall resultiere, der sich im Jahre 1974 ereignet habe.
Der im Betrieb gebildete Betriebsrat habe sich wegen der erneuten verspäteten Rückkehr aus dem Urlaub im Jahre 1986 an die Geschäftsführung gewandt und das Verhalten des Klägers moniert. Aufgrund der arbeitsgerichtlichen Entscheidungen, soweit sie Kündigungen und auch die Änderungskündigung beträfen, sähen sich auch andere Arbeitnehmer bemüßigt, dem Vorbild des Klägers zu folgen.
Im Jahre 1982 habe der Kläger aus freien Stücken auf seinen Urlaub verzichtet, weil er seinen Urlaub eigenmächtig verlängert habe. Er sei hierzu nicht gezwungen worden. Wenn der Kläger im Jahre 1986 schon vor Urlaubsantritt gesundheitlich angeschlagen gewesen sei, dann habe es die durchaus bestehende Sorgfaltspflicht geboten, möglicherweise auf einen strapaziösen Urlaub, wenn auch im Heimatland, zu verzichten. Der gegenüber dem Kläger zu erhebende Vorwurf der Verletzung der ihm nach dem Gesetz obliegenden Anzeigepflicht sei als beachtlich zu bezeichnen. Als Vorarbeiter und in der Funktion eines Maschinenführers sei der Kläger einem Betriebsleiter durchaus gleichzustellen. Nach der Rechtsprechung könne einem Betriebsleiter, der seine Erkrankung trotz anstehender Besprechungen lediglich durch die Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung anzeige, fristlos gekündigt werden. Das angefochtene Urteil differenziere nicht im Hinblick darauf, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit der Änderungskündigung wirksam sein, jedoch die Reduzierung des Lohnes der Höhe nach als nicht gerechtfertigt angesehen werden könne. Auch der reduzierte Lohn liege immer noch über dem tariflichen Lohn.
Die Beklagt...