Verfahrensgang

ArbG Reutlingen (Urteil vom 04.11.1992; Aktenzeichen 3 Ca 329/92)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 14.09.1994; Aktenzeichen 2 AZR 182/94)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Reutlingen vom 04.11.1992 – 3 Ca 329/92 – abgeändert: Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

2. Die Anschlußberufung des Klägers wird als unbegründet zurückgewiesen.

3. Der Kläger trägt die Kosten beider Rechtszüge.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen dem Kläger/Berufungsbeklagten/Anschlußberufungskläger und der Beklagten/Berufungsklägerin/Anschlußberufungsbeklagten besteht im Berufungsverfahren zum einen Streit darüber, ob das Arbeitsverhältnis des Klägers durch fristlose Kündigung, welche die Beklagte am 09.06.1992 mündlich und/oder schriftlich erklärt hat, beendet worden ist. Zum anderen streiten die Parteien darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger für Überstunden, für welche sie ihm den vereinbarten Stundenlohn vergütet hat, einen Zuschlag zu bezahlen.

Die Beklagte, die ständig mehr als fünf vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer beschäftigt, befaßt sich mit der Entsorgung von Problemabfällen. Der 22jährige Kläger war bei ihr ab 05.11.1991 als Kraftfahrer beschäftigt. Er hatte vor allem die Aufgabe, bei den Kunden der Beklagten Problemabfälle einzusammeln, sie in den Betrieb zu verbringen und dort auszuladen. Der Kläger erhielt in den ersten Monaten einen Stundenlohn von DM 19,00 brutto, später von DM 20,00 brutto. Diesen Stundenlohn zahlte die Beklagte dem Kläger auch für über die vereinbarte Wochenarbeitszeit von 40 Stunden hinausgehende Arbeitsstunden. Der Kläger verdiente in den Monaten Januar bis Mai 1992 zwischen DM 3 496,00 brutto und DM 3 835,00 brutto monatlich. Auf die Lohnabrechnungen für die Monate Januar bis März und Mai 1992 (Ablichtung Blatt 37 bis 40 der Akten) wird verwiesen. Im übrigen wird wegen der Arbeitsbedingungen, die für den Kläger galten, auf den schriftlichen Arbeitsvertrag vom 04.11.1991 (Ablichtung Blatt 6 der Akten) verwiesen.

Nachdem die Beklagte den Kläger durch Schreiben vom 14.11.1991, auf dessen Ablichtung (Blatt 18 der Akten) verwiesen wird, ermahnt hatte, die vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit nicht zu überschreiten, und ihm in einer vom 06.04.1992 datierenden schriftlichen Abmahnung, wegen deren Wortlauts im ganzen auf die Ablichtung (Blatt 21 der Akten) verwiesen wird, vorgehalten hatte, daß die Ölfüllstandsanzeige am 27.03.1992 kein Öl im Motor des vom Kläger gefahrenen Fahrzeuges angezeigt habe, der Kläger am 25.05.1992 eine Tour, mit der er beauftragt war, mit einem Arbeitskollegen getauscht hatte, und am 27.05.1992 bei Arbeitsschluß weggegangen war, ohne die Abfälle, die er an jenem Tag eingesammelt hatte, entladen zu haben, trat der Kläger am 29.05.1992 seinen Urlaub an, den ihm die Beklagte bis zu den Pfingstfeiertagen bewilligt hatte. Am 09.06.1992 bestellte der Geschäftsführer der Beklagten den Kläger, nachdem er gegen 07.00 Uhr im Betrieb eingetroffen war, ins Büro. Er wies den Kläger wegen seines Verhaltens am 25. und 27.05.1992 zurecht und schloß mit der an den Kläger gerichteten Frage, ob er gleich gehen oder die ordentliche Kündigung wolle. Der Kläger antwortete, er wolle sich dies überlegen, nahm die für ihn bestimmten Frachtpapiere, belud das für ihn vorgesehene Firmenfahrzeug und fuhr zur Esso-Tankstelle der Firma …, wo er das Fahrzeug auftankte. Nach einem Gespräch mit einem Mitarbeiter der Beklagten, Herrn …, den er an der Tankstelle traf, und nach einem Telefongespräch mit seinem Vater fuhr der Kläger zum Betrieb der Beklagten zurück. Dort erklärte er dem Geschäftsführer der Beklagten, er wolle die ordentliche Kündigung, bis dahin aber seinen Resturlaub nehmen. Hierauf erklärte der Geschäftsführer der Beklagten, er dürfe die Kündigung als „fristlos” betrachten; er solle seine Sachen aus dem Kraftfahrzeug holen und verschwinden. Der Kläger baute daraufhin sein Sprechfunkgerät aus dem Firmenfahrzeug aus, das die Beklagte ihm zur Verfügung gestellt hatte, und verließ den Betrieb der Beklagten, ohne seine Arbeit nochmals aufgenommen zu haben.

Anschließend verfaßte der Geschäftsführer der Beklagten das Kündigungsschreiben vom 09.06.1992, das dem Kläger am 10.06.1992 zuging, und wegen dessen Wortlauts auf die Ablichtung des Schreibens (Blatt 5 der Akten) verwiesen wird.

Mit seiner am 25.06.1992 eingereichten Klage wendet sich der Kläger gegen die von der Beklagten schriftlich erklärte fristlose Kündigung vom 09.06.1992, die er als solche für rechtsunwirksam hält, jedoch als ordentliche zum 26.06.1992 hinnimmt. Der Kläger verlangt außerdem die Zahlung eines 25 %igen Zuschlages zu jeder Überstunde, welche die Beklagte ihm in den Monaten Januar bis März, Mai und Juni 1992 mit dem Stundenlohn vergütet hat.

Der Kläger hat bestritten, daß am 27.03.1992 im Motor des ihm überlassenen Fahrzeuges kein Öl mehr vorhanden war und hat vorgebracht, die Fahrer hätten Touren mit Einverständnis der Beklagten getauscht. Er habe im ü...

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