Entscheidungsstichwort (Thema)

Zusage durch konkludentes Verhalten

 

Leitsatz (amtlich)

Die Zahlung eines hohen Bonus über mehrere Jahre an eine Arbeitnehmerin kann im Einzelfall als individuelles Vertragsangebot durch schlüssiges Verhalten auszulegen sein.

 

Normenkette

BGB §§ 242, 611, 133, 157

 

Verfahrensgang

ArbG Freiburg i. Br. (Urteil vom 01.07.2008; Aktenzeichen 7 Ca 89/08)

 

Tenor

1. Das Versäumnisurteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg – Kammern Freiburg – vom 25.10.2010 wird aufgehoben.

2. Das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg – Kammern Villingen-Schwenningen – vom 01.07.2008, Az.: 7 Ca 89/08 wird abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 57.500,00 EUR brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.01.2008 zu bezahlen.

3. Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens hat die Klägerin 43 % und die Beklagte 57 % der Kosten zu tragen.

Die Klägerin hat die durch ihre Säumnis am 25.10.2010 entstandenen Kosten zu tragen. Von den übrigen Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens hat die Klägerin 4 % und die Beklagte 96 % zu tragen.

Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um eine Bonuszahlung aus einem Arbeitsverhältnis.

Die Beklagte stellt Stickstoff-Gasdruckfedern und Zubehörteile her. Sie ist die deutsche Konzerntochter einer US-amerikanischen Muttergesellschaft. Der frühere Ehemann der Klägerin Herr Z. war und ist Geschäftsführer der Beklagten. Die Klägerin war vom 01.01.1998 bis 31.12.2007 bei der Beklagten beschäftigt. Sie war zunächst die einzige Arbeitnehmerin der Beklagten; zwischenzeitlich waren dort maximal 20 Arbeitnehmer angestellt. Während Herr Z. schwerpunktmäßig im Außendienst tätig war, übte die Klägerin gegenüber diesen Mitarbeitern neben ihrer kaufmännischen Tätigkeit eine Vorgesetztenfunktion aus. Nach dem schriftlichen Arbeitsvertrag der Parteien bedürfen Vertragsänderungen der Schriftform.

Im Sommer 2007 trennten sich die Eheleute und sind mittlerweile geschieden. Das Arbeitsverhältnis endete durch Kündigung der Beklagten vom 07.09.2007 im Hinblick auf die Zerrüttung der Ehe und die Störung des Vertrauensverhältnisses. Im Kündigungsschutzprozess vor dem Arbeitsgericht Freiburg – Kammern Villingen-Schwenningen (Az. 7 Ca 385/07) schlossen die Parteien einen Abfindungsvergleich.

Die Vergütung der Klägerin betrug zuletzt monatlich EUR 5195,– brutto zzgl. EUR 26,59 Arbeitgeberanteil VWL (vgl. Abrechnung für Dezember 2007 AS I/11). Das Grundgehalt wurde 13 mal im Jahr gezahlt. Weiterhin stellte die Beklagte der Klägerin einen Pkw auch zur privaten Nutzung zur Verfügung, der mit monatlich EUR 539,84 abgerechnet wurde. Außerdem erhielt die Klägerin in den Jahren 2000 bis 2006 jeweils mit der Dezembervergütung einen – im schriftlichen Arbeitsvertrag nicht vorgesehenen – Jahresbonus. Dieser betrug im Jahr 2000 DM 52.000,–, im Jahr 2001 DM 57.000,–, im Jahr 2002 EUR 35.000,–, im Jahr 2003 EUR 50.000,–, im Jahr 2004 EUR 52.000,– sowie in den Jahren 2005 und 2006 jeweils EUR 57.500,–.

Während der Gesellschafter der Beklagten Herr D. die Höhe der Boni, die an die übrigen Mitarbeiter der Beklagten gezahlt wurden, mit der Klägerin erörterte, legte er die Höhe des Jahresbonus der Klägerin einseitig fest. Dazu hatte die Klägerin Herrn D. jeweils die Höhe ihrer und ihres Mannes Boni der Vorjahre anzugeben. Herr D. teilte der Klägerin jeweils telefonisch mit, dass sie einen Jahresbonus in einer bestimmten Höhe erhalten werde.

Auch bei einer Verschlechterung des Betriebsergebnisses wurde die Höhe des Jahresbonus der Klägerin nicht reduziert. Herr D. begründete dies gegenüber der Klägerin damit, dass ihr Einsatz unabhängig vom Betriebsergebnis gleich gewesen sei. Etwaige Absprachen zwischen Herrn Z. und Herrn D. über den Bonus der Klägerin wurden dieser gegenüber nicht offen gelegt.

Die Beklagte hielt sich an die Bonuszusagen des Herrn D. gebunden. Sie erklärte im Verhältnis zur Klägerin keinen ausdrücklichen Freiwilligkeitsvorbehalt; gleiches gilt für den Bonus, den Herr Z. zumindest seit 1998 erhält. Hingegen unterzeichneten die übrigen Mitarbeiter der Beklagten, die ebenfalls alle einen Bonus erhalten, einen Freiwilligkeitsvorbehalt. Über die Zahlung von Boni an die Mitarbeiter der amerikanischen Muttergesellschaft entscheidet Herr D. von Fall zu Fall.

Gegenstand der vorliegenden Klage ist die Zahlung des Jahresbonus für das Jahr 2007. In diesem Jahr war das Geschäftsergebnis der Beklagten mindestens so gut wie in den Vorjahren.

Die Klägerin hat behauptet, in ihren ersten beiden Beschäftigungsjahren sei „ihr” Bonus über ihren früheren Ehemann abgerechnet worden. Herr D. habe im Jahr 2000 ausdrücklich gewünscht, dass der Bonus der Klägerin separat abgerechnet wird. Der Bonus sei eine Gegenleistung für die von ihr erbrachte Arbeit und ihr Engagement. Die Klägerin hat gemeint, der Anspruch auf Zahlung eines Jahresbonus sei durch schlüssiges Handeln der Beklagten entstanden; ei...

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