Entscheidungsstichwort (Thema)
Art. 33 Abs. 2 GG. Konkurrentenklage. § 533 ZPO. Klageänderung
Leitsatz (amtlich)
1. Verfolgt der Bewerber mit einer Konkurrentenklage zunächst die Zahlung eines Schadensersatzes wegen Verstoßes gegen Art. 33 Abs. 2 GG, kann er in der Berufung die Klage zulässigerweise dahingehend abändern bzw. erweitern, dass er nun vorrangig die Vergabe der Stelle an ihn und nur noch hilfsweise die Zahlung von Schadensersatz verlangt, wenn jedenfalls der zugrunde liegende Sachverhalt unverändert ist. Eine solche Klageänderung ist sachdienlich im Sinne von § 533 ZPO. Die Berufung ist nicht unzulässig, weil der Arbeitnehmer den Schadensersatzanspruch nur noch hilfsweise verfolgt.
2. Hat ein Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes keinerlei schriftliche Beurteilungen oder Dokumentationen über die Gründe für die Besetzung einer ausgeschriebenen Stelle mit einem bestimmten Bewerber erstellt, so kehrt sich die Beweislast um: Der Arbeitgeber hat darzulegen und zu beweisen, dass der abgelehnte Bewerber weniger geeignet war als der Eingestellte (im Anschluss an BVerwG, Urt. v. 21.08.2003, 2 C 14/02).
Normenkette
GG Art. 33 Abs. 2; ZPO § 533
Verfahrensgang
ArbG Freiburg i. Br. (Urteil vom 28.07.2008; Aktenzeichen 11 Ca 98/08) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg vom 28.07.2008, Az. 11 Ca 98/08 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt in der Berufung von der Beklagten ihm eine im November 2006 ausgeschriebene Stelle für einen Bauingenieur/in Fachrichtung Tiefbau zu übertragen, hilfsweise die Auswahlentscheidung für diese Stelle zu wiederholen und ebenso hilfsweise die Beklagte zu Schadensersatz zu verurteilen. Der Kläger stützt seine Ansprüche darauf, dass die Beklagte das Auswahlverfahren nicht korrekt durchgeführt und entgegen Art. 33 Abs. 2 GG nicht ihm als dem bestqualifizierten Bewerber die Stelle übertragen habe.
Der Kläger ist deutscher Staatsbürger. Er hat am Institut für Bauwesen in Bukarest von 1975 bis 1980 Diplomingenieur Fachrichtung Tiefbau studiert. Mit Schreiben vom 08.03.1996 hat das Ministerium für Wissenschaft und Forschung Baden-Württemberg erklärt, dass der Kläger berechtigt ist, aufgrund dieses Studiums den Titel „Diplom-Ingenieur” zu führen.
Er ist seit November 2000 bei der Beklagten beschäftigt, wo ihm die Planung und Bauleitung von Sanierungs- und Umbaumaßnahmen an städtischen Gebäuden, die Erstellung von Investitionsplänen aufgrund von Gebäudebestandsanalysen obliegt und er befasst sich mit Aufgaben des Gebäudemanagements.
Ende November 2006 schrieb die beklagte Stadt die Stelle eines Bauingenieurs Fachrichtung Tiefbau aus. In der Stellenausschreibung heißt es:
„Wir suchen zum nächstmöglichen Zeitpunkt einen/eine
Bauingenieur/in
Fachrichtung Tiefbau.
Das Aufgabengebiet umfasst folgende Tätigkeitsschwerpunkte:
- Planung und Ausschreibung von Tiefbaumaßnahmen und Ingenieurbauwerken HOAI 1-9
- Instandsetzung von Straßen, Brücken, Kanälen, Sportplätzen und Ingenieurbauwerken
- Betreuung aller für das geografische Informationssystem (GIS) relevanter Daten und Informationen des Kanalkatasters sowie die Integration von GIS in die Geschäftsprozesse der Verwaltung.
Wir erwarten ein abgeschlossenes Studium des Bauingenieurwesens (FH) mit der Vertiefung Tiefbau/Siedlungswasserwirtschaft, Erfahrungen im Umgang mit einem GIS, sicheres Konstruieren mit CAD (Microstation) sowie Rechtskenntnisse in VOB, HOAI und Vertragsrecht. Sicheres Auftreten, gutes Organisationstalent, Kreativität und Belastbarkeit setzen wir voraus.”
Der Kläger bewarb sich am 04.12.2006 auf die Stelle unter Hinweis auf seine allen Anforderungen der Stellenausschreibung entsprechenden Qualifikation und langjährige Berufserfahrung und die in seiner Personalakte der Beklagten vorliegenden Unterlagen.
Bezüglich der bisherigen beruflichen Tätigkeiten wird auf den zur Akte gereichten Lebenslauf des Klägers (Anlage A 4, AS 14 d. arbeitsgerichtlichen Akte bzw. AS 43 d. A.) Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 28.02.2007 teilte die Beklagte dem Kläger mit, sie habe einen (namentlich nicht benannten) Mitbewerber berücksichtigt. Dabei handelte es sich um Herrn H. B.. Dieser wurde am selben Tag zum 01.04.2007 bei der Beklagten mit einem unbefristeten Arbeitsvertrag eingestellt.
Mit seiner am 26.02.2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage beantragt der Kläger, die Beklagte zu Schadensersatz in Höhe des entgangenen Differenzentgeltes zwischen den Entgeltgruppen 9 und 11 TVöD in Höhe von monatlich 655,00 EUR für die Zeit von Februar 2007 bis Juli 2008 sowie der Differenz bei der Sonderzuwendung zu verurteilen.
Wegen des erstinstanzlichen Vortrags der Parteien wird auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils vom 28.07.2008 Bezug genommen.
Durch Urteil vom 28.07.2008 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Schadensersatz nach § 280 BGB wegen Verletzung des Grundrechts gleic...