Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufrechnung: Brutto-Lohnzahlung und Schadenersatzforderung

 

Leitsatz (amtlich)

Läßt sich aufgrund des Vertrags der aufrechnenden Partei der Umfang der Rechtskraft nicht feststellen, so ist die Aufrechnung nicht möglich. Dies ist dann der Fall, wenn der Arbeitgeber gegen eine Brutto-Lohnforderung mit einer Schadenersatzforderung die Aufrechnung erklärt hat. Nach § 322 Abs. 2 ZPO ist auch die Entscheidung über die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung der Rechtskraft fähig. Vom Gericht muß deshalb feststellbar sein, in welchem Umfang die Gegenforderung erlischt.

 

Normenkette

BGB § 387

 

Verfahrensgang

ArbG Freiburg i. Br. (Urteil vom 08.02.1988; Aktenzeichen 7 Ca 455/87)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg, Kammern Villingen-Schwenningen, vom 09.02.1988 – 7 Ca 455/87 – wird zurückgewiesen.

2. Auf die Widerklage der Beklagten wird der Kläger verurteilt. 2.857,16 DM (i.W. Zweitausendachthundertsiebenundfünfzig) nebst 4 % Zinsen seit dem 01.10.1987 an den Beklagten zu bezahlen.

3. Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

4. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 5.549,46 DM (i.W. Fünftausendfünfhundertneunundvierzig) festgesetzt.

5. Von den Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger 6/11, die Beklagte 5/11 zu tragen. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens trägt die Beklagte.

 

Tatbestand

Im Berufungsverfahren ist zwischen den Parteien streitig, ob der Beklagten gegen den Kläger eine Schadensersatzforderung in Höhe von 4.587,16 DM zusteht und ob die Beklagte in Höhe des Teilbetrages von 1.730,– DM gegen eine unstreitig bestehende Gehaltsforderung des Klägers in Höhe von 1.692,30 DM brutto aufrechnen kann.

Nachdem das Urteil des Landesarbeitsgerichts der Revision nicht unterliegt, wird von der Darstellung des Sachverhalts im einzelnen abgesehen (§ 543 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 64 Abs. 6 ArbGG). Insoweit wird auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils (ABl. 31–33) Bezug genommen.

Mit Versäumnisurteil vom 16.11.1987 wurde die Beklagte unter anderen verurteilt, an den Kläger 1.692,30 DM brutto nebst Zinsen zu bezahlen. Mit Urteil vom 09.02.1988, das der Beklagten an 17.02.1988 zugestellt wurde, hat das Arbeitsgericht das Versäumnisurteil von 16.11.1987 aufrechterhalten. Hiergegen richtet sich die am 01.03.1988 eingelegte und gleichzeitig begründete Berufung der Beklagten. Hinsichtlich eines Teilbetrages der behaupteten Schadensersatzforderung in Höhe von 2.857,16 DM erhebt sie Widerklage, den Restbetrag in Höhe von 1.730,– DM rechnet sie mit der unstreitigen Lohnforderung des Klägers auf. Der Vortrag der Berufungsklägerin ergibt sich aus dem Schriftsatz vom 29.02.1988 samt Anlagen (ABl. 38–49) sowie aus dem Schriftsatz vom 11. März 1988 (ABl. 58–60).

Die Berufungsklägerin/Beklagte/Widerklägerin beantragt:

  1. Die Klage wird abgewiesen, soweit der Kläger mit ihr 1.692,30 DM nebst 4 % Zins seit dem 18.09.1987 begehrt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils des Arbeitsgerichts Villingen-Schwenningen vom 09.02.1988 – 7 Ca 455/87 – insoweit.
  2. Der Kläger/Widerbeklagte wird verurteilt, an den Beklagten/Widerkläger 2.857,16 DM Schadensersatz nebst 4 % Zins hieraus seit dem 01.10.1987 zu bezahlen.
  3. Es wird festgestellt, daß der Kläger/Widerbeklagte dem Beklagten/Widerkläger den Vermögensschaden zu ersetzen hat, der dem Beklagten aus der Tätigkeit des Klägers als Angestellter des Beklagten während der Dauer des Arbeitsverhältnisses vom 01.07.1987 bis 30.09.1987 entstanden ist – über den geltend gemachten Schadensersatz von 2.857,16 DM hinaus.

Der Berufungebeklagte/Kläger/Widerbeklagte beantragt,

die Berufung und die Widerklage abzuweisen.

Sein Vortrag in der Berufungsinstanz ergibt sich aus dem Schriftsatz vom 22.03.1988 (ABl. 65–68), auf den ebenfalls verwiesen wird.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig, jedoch nur hinsichtlich der Widerklage begründet.

1. Soweit sich die Berufung gegen die in Ziffer 3 des Versäumnisurteils vom 16.11.1987 ausgesprochene Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 1.692,30 DM brutto richtet, ist die Berufung unbegründet. Die Beklagte hat gegen diesen Lohnanspruch mit einem Teilbetrag eines behaupteten Schadensersatzanspruches in Höhe von 1.730,– DM aufgerechnet. Diese Aufrechnung ist nicht zulässig. Nach § 322 Abs. 1 ZPO erwächst in Rechtskraft nur der zur Entscheidung gestellte Anspruch. Davon macht § 322 Abs. 2 ZPO für die Aufrechnung insoweit eine Ausnahme, als auch die Entscheidung über die zur Aufrechnung gestellten Gegenforderung der Rechtskraft fähig ist. Läßt sich aufgrund des Vortrags der aufrechnenden Partei der Umfang der Rechtskraft nicht feststellen, so ist die Aufrechnung unzulässig. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn nicht feststeht, in welchen, Umfang die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung erloschen ist. Wenn – wie in vorliegenden Rechtsstreit – die Beklagte erklärt, sie rechne mit einer Schadensersatzforderung gegen die unstreitige Brutto-Lohnforderung des Klägers auf, so kann v...

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