Verfahrensgang
ArbG Stuttgart (Urteil vom 16.03.1995; Aktenzeichen 11 Ca 10525/94) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen dasUrteil desArbeitsgerichts Stuttgart vom16.03.1995 –11 Ca 10525/94– wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die teilzeitbeschäftigte Klägerin beansprucht mit der am 04.11.1994 eingereichten und am 17.11.1994 zugestellten Klage von dem beklagten Bundesland die Zahlung des vollen Betrags der Jubiläumszuwendung anläßlich der Vollendung einer Dienstzeit von 25 Jahren.
Die Klägerin, geb. 25.01.1949, gehört der GEW als Mitglied an. Sie ist seit 18.08.1975 als Lehrerin bei dem beklagten Bundesland angestellt. Bis zum 14.08.1988 war sie vollbeschäftigt, seither ist sie als Teilzeitkraft (2/3 der regelmäßigen tariflichen Arbeitszeit eines entsprechend Vollzeitbeschäftigten) tätig.
Das beklagte Bundesland zahlte ihr am 18.05.1994 (gem. § 39 Abs. 1 UA 3 S. 2 BAT) den zeitanteiligen Betrag von DM 375,– als Jubiläumszuwendung.
Demgegenüber hat die Klägerin die Ansicht vertreten, diese Tarifbestimmung sei unwirksam, denn sie stelle sich als rechtlich unzulässige Benachteiligung der Teilzeitbeschäftigten dar.
Die Klägerin hat beantragt.
das beklagte Land wird verurteilt, an die Klägerin DM 225,– zuzüglich 4 % Zinsen seit 17.11.1994 zu bezahlen.
Das beklagte Bundesland hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es hat den gegenteiligen Rechtsstandpunkt eingenommen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen.
Mit der Berufung, die unrichtige Rechtsanwendung rügt, verfolgt die Klägerin ihren Anspruch weiter.
Sie beantragt.
das angefochtene Urteil abzuändern und das beklagte Bundesland zur Zahlung von DM 225,– nebst 4 % Zinsen seit 17.11.1994 zu verurteilen.
Das beklagte Bundesland beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Es verteidigt mit zusätzlichen Erwägungen die angefochtene Entscheidung.
Ergänzend wird auf die von den Parteien im zweiten Rechtszug gewechselten Schriftsätze, deren Inhalt vorgetragen ist, die zu den Akten gegebenen Untertagen, sie bildeten den Gegenstand der mündlichen Verhandlung, und die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig, insbesondere – im engeren Sinn – zufolge das Landesarbeitsgericht bindender Zulassung durch das Arbeitsgericht (§ 64 Abs. 2, 4 ArbGG) an sich statthaft. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg. Das beklagte Bundesland ist nicht verpflichtet, den Klagbetrag zu bezahlen, denn für diese Forderung gibt es keine Rechtsgrundlage.
A) Die Klage ist sachbescheidungsfähig.
1. Im Lichte der (eigentlichen) Teil-Klage bestehen keine Bedenken, zumal der streitgegenständliche Anspruch teilbar ist, sofern man das als Zulässigkeitsvoraussetzung ansehen will.
2. Der Klagantrag wird – ergänzend – dahin ausgelegt, es werde Verurteilung zu einer Brutto-Zahlung erstrebt. Damit ist dem Bestimmtheitsgebot (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) Genüge getan.
B) Die Ansicht der Klägerin. § 39 Abs. 1 UA 3 S. 2 BAT verstoße gegen Außengrenzen der Tarifautonomie, ist unzutreffend.
I.
Auf Art. 119 EG-Vertrag kann sie sich nicht stützen.
1. Die Jubiläumszuwendung ist kein Entgelt im Sinne dieser Bestimmung. In Betracht kommt allein die Alternative nach Abs. 2 S. 2 der Vorschrift, nämlich die „sonstige Vergütung”. Ob eine solche vorliegt, beurteilt sich nach dem Zweck der Leistung. Dieser kann von den – hier – Tarifvertragsparteien ausdrücklich bestimmt sein oder sich erst im Rahmen weiterer Auslegung ergeben. Zweck der Jubiläumszuwendung ist es nicht, geleistete Arbeit zusätzlich zu vergüten; es handelt sich nicht um eine (weitere) Gegenleistung, sondern um das materielle Element arbeitgeberseitiger Anerkennung. Die Tarifvertragsparteien bezeichnen die Zahlung als „Jubiläumszuwendung”. Anders als – möglicherweise – im Rahmen der Leistung nach dem Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte, hat sie keinen Gegenleistungsbezug zu der während eines bestimmten Zeitraums erbrachten Arbeitsleistung (§ 611 Abs. 1 BGB), wie sich auch daran zeigt, daß die Höhe der Zuwendung nicht an die Vergütung (§ 26 BAT), also an den von den Tarifvertragsparteien festgelegten „Wert” der Arbeitsleistung, geknüpft ist. Es handelt sich, wie der Bezeichnung selbst zu entnehmen ist, um eine Jubiläumsgabe. Diesen Begriff verwendet das Beamtenrecht (vgl. etwa § 103 Landesbeamtengesetz). Ihn haben die Tarifvertragsparteien ersichtlich wegen seiner sprachlichen Nähe zum „Geschenk” (vgl. Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 1986, Sp. 1417) vermieden. Anlaß für die Zuwendung ist das Dienstjubiläum des Angestellten. Regelmäßig spricht ihm der Arbeitgeber hierzu durch besondere Urkunde Dank und Anerkennung aus (vgl. für den Bereich des beklagten Bundeslandes gemeinsame Verwaltungsvorschrift des Finanzministeriums usf. zu § 7 der Jubiläumsgabenverordnung und über die Ehrung von Angestellten und Arbeitern im öffentlichen Dienst vom 02.03.1995, GABl. 1995 S. 168). Dieses – bildhaft gewendet – immaterielle Element verbindet er...