Verfahrensgang
ArbG Freiburg i. Br. (Urteil vom 11.10.1985; Aktenzeichen 3 Sa 495/85) |
Tenor
1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg, 3 Ca 495/85, vom 11.10.1985 wird zurückgewiesen.
2. Dem Beklagten werden die Kosten der Berufung auferlegt.
Tatbestand
I.
Die Parteien haben über das Verlangen der Klägerin auf Zahlung einbehaltener Gehaltsanteile für die Monate April, Juli, August 1985 in Höhe von 2.204,91 DM netto sowie Feststellung des Nichtbestehens einer Forderung des Beklagten gegenüber der Klägerin in Höhe weiterer 325,16 DM gestritten.
Wegen der Einzelheiten des Tatbestands wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO auf den des arbeitsgerichtlichen Urteils verwiesen.
Mit Urteil vom 11.10.1985 hat das Arbeitsgericht der Klage entsprochen und zur Begründung ausgeführt, der Anspruch des beklagten Landes auf Rückzahlung in der Zeit vom 1.10.1982 bis zum 31.3.1985 versehentlich zu viel an die Klägerin geleisteter Vergütung sei gemäß § 70 BAT untergegangen, weil nicht fristgerecht geltend gemacht. Die Anwendung dieser Bestimmung sei nicht rechtsmißbräuchlich, denn die Klägerin treffe keine Pflicht, ihre Vergütungsabrechnung auf etwaige Fehler zu überprüfen und den Arbeitgeber auf Überzahlungen aufmerksam zu machen. Weder aus der Höhe der angewiesenen Vergütung, noch aus dem Eindruck der falschen Vergütungsgruppe habe die Klägerin auf einen Auszahlungsirrtum schließen können.
Das beklagte Land hat gegen das ihm am 21.10.1985 zugestellte Urteil am 21.11.1985 Berufung eingelegt und diese am 18.12.1985 begründet. Sehr wohl habe entgegen der vom Arbeitsgericht vertretenen Auffassung eine Pflicht der Klägerin auf Überprüfung der Gehaltsmitteilungen bestanden, dies auch dann, wenn der überwiesene Betrag nur unauffällig von erwarteten abweiche. Auf diese Pflicht werde durch entsprechende Hinweise regelmäßig in den Gehaltsmitteilungen hingewiesen. Die Klägerin habe den Irrtum des Beklagten erkannt und könne sich keineswegs auf § 70 BAT berufen.
Das berufungsklagende Land beantragt,
auf die Berufung das Urteil des Arbeitsgerichts vom 11.10.1985 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Ausschlußklausel des § 70 Abs. 2 BAT sei nicht rechtsmißbräuchlich angewandt worden, denn es liege kein krasser eine andere Handhabung rechtfertigender Fall vor. Die jetzt vom beklagten Land verfolgten Ansprüche seien mit den allgemeinen Hinweisen auf der Rückseite der Gehaltsmitteilungen nicht ausreichend geltend gemacht. Dazu gehöre vielmehr die Spezifizierung nach Grund und Höhe. Aus dem Eindruck der falschen Vergütungsgruppe in der Kopfleiste der Gehaltsmitteilungen habe sie nicht erkennen können, ob dementsprechend auch die Vergütung falsch berechnet worden sei, dies um so weniger, als Röntgenassistentinnen ebensogut in Vergütungsgruppe Vb BAT eingereiht wären.
Die weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteienvortrags erheben sich aus den gewechselten Schriftsätzen, auf die verwiesen wird.
Entscheidungsgründe
II.
Die Berufung war zulässig, weil form- und fristgerecht eingelegt und begründet. Der Erfolg blieb ihr jedoch versagt. Das erkennende Landesarbeitsgericht stimmt mit dem Arbeitsgericht darin überein, daß es nicht rechtsmißbräuchlich ist, im vorliegenden Falle die Ausschlußfrist des § 70 Abs. 1 BAT anzuwenden. Abweichend von der Vorinstanz vertritt die erkennende Kammer jedoch die Auffassung, daß die Klägerin im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses verpflichtet war und ist, die ihr zugehenden Gehaltsmitteilungen in dem Rahmen auf ihre inhaltliche Richtigkeit zu überprüfen, der billigerweise von ihr verlangt werden kann. So sind die Grundangaben in der Kopfleiste der Gehaltsmitteilung bereits mit einem flüchtigen Blick als zutreffend oder falsch zu erkennen. Die Darstellung der Klägerin, ihr sei die fehlerhafte Angabe der Vergütungsgruppe nicht weiter aufgefallen, weil Röntgenassistentinnen auch in Vergütungsgruppe Vb BAT eingereiht seien, ist unentschuldbar, denn die Klägerin wußte genau, daß sie tatsächlich in Vergütungsgruppe Vc BAT war. Im Oktober 1982 hatte sie erst höchstens zwei Wochen das Schreiben der Klinikverwaltung vom 15.9.1982 in Händen, in dem ihr die Höhergruppierung von Vergütungsgruppe VII BAT in Vergütungsgruppe Vc, Fallgruppe 24 BAT mitgeteilt worden war. Es wäre lebensfremd anzunehmen, daß die Klägerin den fehlerhaften Eintrag in der Oktober-Gehaltsmitteilung übersehen hätte, wenn sie sie nur angesehen hätte. Oh sie das getan hat, war nach Meinung des Gerichts nicht mehr zu klären, auch nicht durch eine Parteivernehmung gem. § 448 ZPO, die von der Kammer erwogen wurde. Erinnerungsmängel der Klägerin standen zu erwarten. Daß sie bei zutreffenden Grunddaten außerstande gewesen wäre, ohne gute Kenntnis der Gehaltstabellen und der entsprechenden Einzelbestimmungen das Zahlenwerk auf Fehlerhaftigkeit zu überprüfen, kann ihr geglaubt werden. Das aber wurde hier nicht erwartet und gefordert. Der arbeitsvertraglichen Treue- und Schadensabwendungspf...