Entscheidungsstichwort (Thema)
Leiharbeitsverhältnis. Vereinbarung von Arbeitszeitkonten. Zulässigkeit der Vereinbarung von Arbeitszeitkonten im Leiharbeitsverhältnis
Leitsatz (amtlich)
Die Vereinbarung von Arbeitszeitkonten ist auch im Leiharbeitsverhältnis zulässig und stellt keine nach § 11 Abs. 4 Satz 2 AÜG unzulässige Abbedingung von § 615 BGB dar.
Normenkette
AÜG § 11 Abs. 4 S. 2; BGB § 615
Verfahrensgang
ArbG Lörrach (Entscheidung vom 15.06.2011; Aktenzeichen 3 Ca 74/11) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lörrach vom 15.06.2011 - 3 Ca 74/11 wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.
3. Die Revision wird für den Kläger zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Annahmeverzugslohn im Leiharbeitsverhältnis.
Der 60-jährige Berufungskläger (fortan: Kläger) war bei dem Berufungsbeklagten (fortan: Beklagten) aufgrund Arbeitsvertrages vom 8.10.2010 (auf dessen Wortlaut im übrigen Bezug genommen wird) vom 11.10.2010 bis 27.12.2010 gegen einen Bruttostundenlohn von Euro 9,60 als Facharbeiter für Nachrichtentechnik beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund Probezeitkündigung des Beklagten.
Der Beklagte betreibt mit regelmäßig über 100 Arbeitnehmern eine Firma für Fachkräftepersonalleasing im Heizungs-und Lüftungsanlagenbau. Aufgrund arbeitsvertragliche Bezugnahme gelten die Tarifverträge Zeitarbeit DGB-BZA vom 22.7.2003 in der jeweiligen Fassung (fortan: MTV-BZA). Ein Betriebsrat besteht nicht.
Der Arbeitsvertrag sieht in § 3 folgende Regelung vor:
§ 3 Arbeitszeit/Überstundenkonto
Die Regelung der Arbeitszeit erfolgt auf der Grundlage des § 4 MTV BZA.
- Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt 35 Stunden (Mindestarbeitszeit).
Die regelmäßige monatliche Arbeitszeit des Arbeitnehmers beträgt 151,67 Stunden.
- Die regelmäßige Arbeitszeit wird an die des Kundenbetriebes angepasst. Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen und die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage richten sich nach dem jeweiligen Kundenbetrieb gültigen Regelungen bzw. Anforderungen des Kundenbetriebes.
- Arbeitsstunden ab der 41. Stunde wöchentlich werden automatisch auf das Mehrarbeitsstundenkonto gutgeschrieben. (Die pauschalen Anwendungsersatzleistungen werden in der folgenden Lohnabrechnung vergütet).
- Umkleiden, Waschen sowie Ruhepausen im Sinne des Arbeitszeitgesetzes (z. B. Frühstücks-, Mittags- und Kaffeepausen) gelten nicht als Arbeitszeit.
- Zum Ausgleich der monatlichen Abweichungen zwischen der nach Abs. 1 vereinbarten individuellen regelmäßigen Arbeitszeit des Arbeitnehmers und der tatsächlichen Arbeitszeit nach Abs. 2 wird ein Arbeitszeitkonto eingerichtet. In das Arbeitszeitkonto können Plus- und Minusstunden eingestellt werden.
- Ein Stunden/Zeitausgleich einschließlich der Vergütung erfolgt in einsatzfreien Zeiten über den Ausgleich des Zeitkontos.
- Die Höchstgrenze der Guthabenstunden liegt bei 200 Stunden, für Minusstunden bei 100 Stunden.
- Der Ausgleich des Arbeitszeitkontos soll vorrangig durch die Gewährung von Freizeit, auch in einsatzfreien Zeiten erfolgen. Arbeitszeitguthaben über 150 Stunden unterliegen dem Dispositionsrecht des Arbeitnehmers, d. h. der Arbeitnehmer kann nach seiner Wahl die Gewährung von Freizeit, Vergütung oder Fortschreibung des Arbeitszeitkontos verlangen. Bei Arbeitszeitguthaben bis zu 150 Stunden besteht insbesondere zur Sicherung des Arbeitsplatzes in einsatzfreien Zeiten ein Dispositionsrecht des Arbeitgebers.
- Das Abgelten von Zeitguthaben ist nach den Grundsätzen der Urlaubsgewährung beim Arbeitgeber zu beantragen. Fallen Zeiten, in denen Stundenguthaben durch beantragte und festgelegte Freizeit ausgeglichen werden, mit Zeiten der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers zusammen, so gilt die freie Zeit als genommen. Eine Rückübertragung in das Zeitguthaben erfolgt nicht.
- Im Fall des Ausscheidens des Mitarbeiters ist der Saldo auf dem Arbeitszeitkonto wie folgt auszugleichen:
Plusstunden werden abgegolten, Minusstunden werden bei Eigenkündigung des Mitarbeiters bzw. außerordentlicher Kündigung bis zu 35 Stunden verrechnet, soweit eine Nacharbeit betrieblich nicht möglich ist.
- Der Mitarbeiter verpflichtet sich, die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes einzuhalten. Nach diesen Vorschriften ist eine Überschreitung der höchstzulässigen täglichen Arbeitszeit von 10 Stunden untersagt.
Ebenso darf nach diesen Vorschriften an Sonntagen nur in Ausnahmefällen gearbeitet werden.
Der Mitarbeiter ist verpflichtet, den Arbeitgeber unverzüglich zu informieren, wenn die Kundenfirma eine über 10 Stunden pro Tag hinausgehende Arbeitszeit sowie Arbeit an Sonntagen anordnet. Derartige Mehrarbeitsstunden dürfen nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Arbeitgebers geleistet werden. Soweit diese Genehmigung nicht vorliegt, kann dem Mitarbeiter die Anerkennung der Arbeitsstunden für die unzulässig ausgeführte Mehrarbeit verweigert werden.
§ 2 MTV-BZ...