Verfahrensgang
ArbG Stuttgart (Urteil vom 13.11.1984; Aktenzeichen 20 Ca 990/84) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart – Kammern Ludwigsburg – vom 13.11.1984 (AZ: 20 Ca 990/84) abgeändert:
Die Beklagte hat an die Klägerin DM 1.271,60 netto nebst 4 % Zinsen seit 23.08.1984 zu zahlen.
Die Beklagte hat die Verfahrenskosten zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über den Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Zuschuß zum Mutterschaftsgeld gem. § 14 MuSchG während des Arbeitskampfes 1984 in der Metallindustrie in Baden-Württemberg, konkret während der Aussperrung durch die Beklagte in deren nicht bestreiktem Betrieb. Folgender Sachverhalt liegt zugrunde:
Die Klägerin ist bei der Beklagten als Arbeiterin gegen eine monatliche Bruttovergütung von ca. DM 1.900,– beschäftigt. In der Zeit vom 15.04.1984 bis 11.07.1984 befand sie sich gem. §§ 3 Abs. 2, 6 Abs. 1 MuSchG in den Schutzfristen vor und nach der Niederkunft und bezog während dieser Zeit das gesetzliche Mutterschaftsgeld. In diese Zeit fiel auch der Arbeitskampf in der Metallindustrie Baden-Württemberg zwischen der Industriegewerkschaft Metall auf der einen und den Mitgliedern des Verbandes der Metallindustrie auf der anderen Seite, zu welchen auch die Beklagte gehört. Die Beklagte sperrte entsprechend dem Aussperrungsbeschluß ihres Verbandes vom 15.05.1984 in der Zeit vom 22.05.1984 bis zum 02.07.1984 als Antwort auf den Streikbeginn am 14.05.1984 um 0.00 Uhr in der Metallindustrie ihre Arbeitnehmer aus und verweigert für diesen Zeitraum der Klägerin die Zahlung des Zuschusses zum Mutterschaftsgeld nach § 14 MuSchG in insgesamt rechnerisch unstreitiger Höhe von DM 1.271,60 netto mit der Begründung, durch die Aussperrung seien die Arbeitsverhältnisse auch der unter das MuSchG fallenden Arbeitnehmer suspendiert worden. Danach ruhten die beiderseitigen Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis, auch die Lohnzahlungspflicht, der der Zuschußanspruch nach § 14 MuSchG zuzurechnen sei.
Die Klägerin hat daher Zahlungsklage erhoben und vorgetragen, bei ihr habe sich die Aussperrung ab 22.05.1984 nicht auswirken können, weil sie zu diesem Zeitpunkt einem Beschäftigungsverbot unterlag. Im übrigen sei es sinnlos, einer Frau in einem bestreikten Betrieb den Zuschuß nach § 14 MuSchG zu zahlen, wenn sie sich am Streik nicht beteilige, ihr diesen Zuschuß aber in einem Betrieb, dessen Arbeitnehmer ausgesperrt seien, zu verweigern. Deshalb hat die Klägerin beantragt,
die Beklagte zur Zahlung von DM 1.271,60 netto zu verurteilen.
Die Beklagte hat
Klagabweisung
beantragt und im wesentlichen zur Begründung vorgetragen, von der Suspendierungswirkung der rechtmäßigen Aussperrung mit Wirkung ab 22.05.1984 bis zum 02.07.1984 würden auch die Arbeitsverhältnisse der unter das MuSchG fallenden Arbeitnehmer erfaßt; damit entfalle während der Dauer der Aussperrung die Leistungspflicht des Arbeitgebers, auch diejenige nach § 14 MuSchG.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 13.11.1984, der Klägerin am 02.01.1985 zugestellt, die Klage abgewiesen, den Streitwert auf DM 1.271,60 festgesetzt und im wesentlichen zur Begründung ausgeführt:
An der Zulässigkeit der Aussperrung im Betrieb der Beklagten ab 22.05.1984 sei nicht zu zweifeln; diese Aussperrung habe die Arbeitsverhältnisse der von der Aussperrung betroffenen Arbeitnehmer suspendiert, auch dasjenige der Klägerin. Etwas anderes folge weder aus § 9 MuSchG, noch aus dem MuSchG zugrundeliegenden Schutzgedanken, denn aus dem Gesetz ergebe sich nicht, daß eine schwangere Frau besser gestellt sein solle – finanziell – wie wenn sie nicht schwanger wäre, vielmehr nur, daß sie durch die Schwangerschaft nicht schlechter gestellt werden solle als wenn sie nicht schwanger wäre. Durch die Aussperrung würden der Klägerin im vorliegenden Fall keine schwangerschaftsbedingten (verbotenen) Nachteile zugefügt; der Nachteil der Nichtzahlung des Zuschusses zum Mutterschaftsgeld sei vielmehr allein arbeitskampfbedingt und davor werde die Klägerin durch das MuSchG nicht geschützt. Die suspendierende Wirkung der Aussperrung lasse die Hauptleistungspflicht des Arbeitgebers entfallen, also die Lohnzahlungspflicht und zu dieser Lohnzahlungspflicht gehöre auch die Zuschußpflicht nach § 14 MuSchG.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der am 28.01.1985 eingelegten und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist gem. Beschluß vom 07.02.1985 bis zum 14.03.1985 am 14.03.1985 begründeten Berufung, mit der sie unter Wiederholung ihrer Sach- und Rechtsausführungen aus dem ersten Rechtszug ergänzend geltend macht:
Der sich aus § 14 MuSchG ergebende Zuschußanspruch sei durch die Aussperrung seitens der Beklagten nicht berührt, denn die Aussperrung sei rechtswidrig gewesen. Das gelte bereits ganz grundsätzlich für jede Aussperrung – entgegen der bisherigen Ansicht in der Rechtsprechung des BAG –; es gelte aber vor allem für die Au...