Verfahrensgang
ArbG Stuttgart (Teilurteil vom 13.01.2000; Aktenzeichen 6 Ca 6791/99) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen dasTeil-Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom13.01.2000 – 6 Ca 6791/99 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
Nachdem das Urteil des Landesarbeitsgerichts der Revision nicht unterliegt, wird von der Darstellung des Sachverhalts abgesehen (§ 543 Abs. 1 ZPO).
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart ist statthaft, sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 64 Abs. 1 und 2, 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 518, 519 ZPO). Sie konnte aber keinen Erfolg haben.
Das ursprüngliche Arbeitsverhältnis der Parteien, das zuletzt die Beschäftigung des Klägers als Leiter der Niederlassung der Beklagten in S. zum Inhalt hatte, besteht fort, auch nachdem der im Dezember 1996 abgeschlossene Anstellungsvertrag des Klägers als stellvertretender Geschäftsführer mit der Komplementär GmbH der Beklagten, der bis zum 31.12.1999 befristet war, über diesen Zeitpunkt hinaus nicht verlängert wurde.
Da der Vertrag vom Dezember 1996 keine ausdrückliche Regelung über das rechtliche Schicksal des Vertrags des Klägers als Niederlassungsleiter der Filiale S., dessen Bedingungen im Fortsetzungsanstellungsvertrag vom 17.10.1994 geregelt sind, beinhaltet, weil in seinem § 1 nur ausgeführt wird, dass der Kläger ab dem 01.01.1997 stellvertretender Geschäftsführer der Firma ist und im Innenverhältnis dem technischen Bereich vorsteht und darüber hinaus die Funktion des Niederlassungsleiters St. wahrnimmt, kommt nur eine konkludente Auflösung des ursprünglichen Vertrags bei Abschluss des Vertrags über die stellvertretende Geschäftsführung des Klägers in Frage, die durch Auslegung zu ermitteln ist.
Die Grundsätze für die Auslegung von Willenserklärungen und Verträgen ergeben sich aus den §§ 133, 157 BGB, wonach bei auslegungsbedürftigen Willenserklärungen der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an den buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften ist. Empfangsbedürftige Willenserklärungen sind so auszulegen, wie sie der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste. Trotz des in § 133 BGB enthaltenen Verbots der Buchstabenauslegung hat die Auslegung vom Wortlaut auszugehen, maßgebend ist im Zweifel der allgemeine Sprachgebrauch. Nach der Ermittlung des Wortsinns sind in einen zweiten Auslegungsschritt die außerhalb des Erklärungsaktes liegenden Begleitumstände in die Auslegung einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen sind aber nur die Umstände zu berücksichtigen, die dem Erklärungsempfänger bekannt oder erkennbar waren. Entstehungsgeschichte und auch späteres Verhalten der Parteien können zumindest als Indiz für die Auslegung der Erklärung von Bedeutung sein, außerdem sind der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck und die bestehende Interessenlage zu berücksichtigen.
Außerdem sind im vorliegenden Fall auch die von dem Bundesarbeitsgericht aufgestellten Grundsätze für die Auslegung bei Abschluss eines Geschäftsführervertrags im Zusammenhang mit einem zuvor bestehenden Arbeitsverhältnis heranzuziehen (für alle BAG vom 12.03.1987 BB 1987, 208, BAG vom 07.10.1993 BB 1994, 287, BAG vom 28.09.1995 NZA 1996, 143, BAG vom 18.12.1996 NZA 1997, 509). Es wird unabhängig davon, ob im Zweifel eher von einer konkludenten Beendigung des ursprünglichen Arbeitsverhältnisses oder von einer Vermutung für das Fortbestehen und Ruhen des alten Vertrags ausgegangen wird, darauf abbestellt, inwieweit dem Dienstverpflichteten ein Risikoausgleich für die ungesichertere Stellung als Geschäftsführer in dem neuen Vertrag gewährt wird (so insbesondere BAG vom 12.03.1987 a.a.O.). Danach ist davon auszugehen, dass ein zwischen einer GmbH und ihrem Arbeitnehmer begründetes Arbeitsverhältnis nach dessen Bestellung zum Geschäftsführer im Zustand des Ruhens der beiderseitigen Rechte und Pflichten fortbestehen und nach der Abberufung wieder auf seinen ursprünglichen Zustand zurückgeführt werden kann. Ob das ursprüngliche Arbeitsverhältnis in diesem Zustand fortbesteht, hängt von dem im jeweiligen Fall zu ermittelnden Willen der Parteien ab. Wird der Angestellte zum Geschäftsführer der GmbH berufen, ohne dass sich an den Vertragsbedingungen im Übrigen etwas ändert und fehlt es in einem solchen Fall an einer ausdrücklichen oder konkludenten Vereinbarung, so ist im Zweifel anzunehmen, dass er mit der Bestellung zum Vertretungsorgan nicht endgültig den bisher erworbenen Bestandsschutz seines Arbeitsverhältnisses aufgeben wollte, ohne dafür einen finanziellen Ausgleich durch eine höhere Vergütung zu erhalten. In dem Verlust des gesetzlichen Kündigungsschutzes liegt ein schwerwiegender Rechtsnachteil, der allein durch die Bestellung zum Vertretungsorgan nicht aufgewogen wird, da die Be...