Entscheidungsstichwort (Thema)
Aktienerwerb von Muttergesellschaft durch Arbeitnehmer der Tochter. Nicht erfolgter Börsengang. Verschmelzung durch Aufnahme der Tochter durch die Muttergesellschaft
Leitsatz (redaktionell)
Wird im arbeitsgerichtlichen Verfahren erster Instanz eine zunächst erhobene Rüge hinsichtlich der Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs vor Erlass des Urteils erster Instanz ausdrücklich nicht weiter aufrecht erhalten, so ist es dem Landesarbeitsgericht nach § 65 ArbGG verwehrt, die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs nochmals zu prüfen.
Dem Arbeitnehmer, der von der Muttergesellschaft seiner Arbeitgeberin Aktien erwirbt, jedoch in der Folge der beabsichtigte Börsengang der Muttergesellschaft unterbleibt, hat zumindest dann keinen Anspruch gegen seine Arbeitgeberin auf Rückzahlung der aufgewendeten finanziellen Mittel oder Schadensersatz, wenn im Vorfeld auf die Möglichkeit des Unterbleibens des Börsengangs und den damit verbundenen Folgen hingewiesen wurde.
Normenkette
ArbGG § 65; GVG § 17a; BGB a.F. § 346 S. 1, §§ 348-349, 280 Abs. 2, § 286 Abs. 2, §§ 823, 826; WpHG § 31
Verfahrensgang
ArbG Stuttgart (Urteil vom 30.01.2004; Aktenzeichen 3 Ca 3924/03) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 30.01.2004, 3 Ca 3924/03, wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger gegen die Beklagte im Zusammenhang mit der Zeichnung von 6.000 Aktien in Höhe von EUR 30.000,00 wegen des bislang unterbliebenen Börsenganges Ansprüche zustehen.
Der am 0.0.1959 geborene Kläger war bei der R. GmbH (fortan: R. GmbH) vom 15.07.1999 bis Ende Januar 2001 als Vertriebsingenieur beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete durch Eigenkündigung des Klägers. Die R. GmbH, gesetzlich vertreten durch Herrn G., war 100%ige Tochter der beklagten Muttergesellschaft R. S. AG, die am 07.10.1999 errichtet und am 12.11.1999 in das Handelsregister eingetragen wurde. Mitglied des Vorstands der Beklagten ist auch Herr G.. Die R. GmbH ist am 29.09.2003 durch Aufnahme nach § 2 Nr. 1 UmwG mit der übernehmenden Beklagten verschmolzen.
Die Geschäftsführer der R. GmbH unterrichtete mit per E-Mail am 23.07.1999 versandter Unterlage mit dem Titel „Von Bullen und Bären – R. geht an die Börse” die Mitarbeiter ihres Unternehmens einschließlich des Klägers von den Plänen zur Gründung der R. S. AG (Beklagte), dem anschließend beabsichtigten Börsengang und der Möglichkeit zur Zeichnung von Mitarbeiteraktien. In der Unterlage heißt es unter der Überschrift „Börsengang der R. S. AG” auszugsweise:
„Die R. S. AG wird voraussichtlich am Neuen Markt emittieren. Der angestrebte Termin des Börsenganges ist Anfang 2000. Das genaue Datum wird von den Banken ausgewählt….”
Wegen der weiteren Inhalte der Unterlage einschließlich der Begleitanlagen wird auf die Aktenseiten 76 bis 81 der Berufungsakte (= Anlage B 8) ergänzend Bezug genommen. Mit E-Mail der Beklagten vom 19.10.1999 erfolgte eine weitere Information der Mitarbeiter der R. GmbH sowie der Mitarbeiter der anderen Konzernunternehmen der Beklagten über ihren geplanten Börsengang und die Möglichkeit zur Zeichnung von Aktien. Der elektronischen Post war als Anlage ein Vorvertrag über die Zeichnung von Aktien der Beklagten beigefügt, in dem es auszugsweise lautet:
„Risiko-Hinweis:
Die Börseneinführung im Marktsegment „Neuer Markt” wird voraussichtlich Anfang 2000 stattfinden, hierbei ist jedoch eine zeitliche Verschiebung nicht auszuschließen.”
Am 28.10.1999 veranstaltete die Beklagte eine Versammlung für alle Mitarbeiter des Konzerns in den Geschäftsräumen der R. GmbH in S. („R. date”), die eine Power-Point-Präsentation zur Information der Mitarbeiter mit dem Titel „Fragen und Antworten zur Zeichnung von Mitarbeiteraktien” zum Gegenstand hatte. Unter dem 16.11.1999 fertigte die Arbeitnehmerin der Beklagten, C. F., zu dem „R. date” vom 28.10.1999 ein Textprotokoll, in dem es unter „Emissionsdatum” auszugsweise heißt:
„… Eine Rückgabe der Aktien bei Verschiebung des Börsenganges ist nicht möglich. Auch eine Verzinsung des eingezahlten Betrages wird es nicht geben, denn der Betrag ist kein Guthaben bei der R. S. AG, sondern eine Unternehmensbeteiligung, für die die Aktionärin/der Aktionär eine Stimmberechtigung erhält…”
Wegen der weiteren Inhalte der Power-Point-Präsentation und des Textprotokolls wird auf die Aktenseiten 89 bis 105 (Anlagen B 11 und B 12) verwiesen. Der Kläger unterzeichnete am 17.11.1999 den der E-Mail vom 19.10.1999 beigefügten Vorvertrag über die Zeichnung von Aktien der Beklagten. Auf den Inhalt des Vorvertrages wird Bezug genommen (Aktenseite 106, 107 der Berufungsakte = Anlage B 13). Im Rahmen einer gemeinsamen Weihnachtsfeier des „R.-Konzerns” am 17.12.1999 wurde den Mitarbeitern ein Kurz-Exposé zum Börsengang der Beklagten zur Verfügung gestellt. Wegen des Inhalts des Kurz-Exposés wird auf die Aktense...