Vergütung einer Fotografin trotz coronabedingter Hochzeitsabsage

Die Verlegung eines Hochzeitstermins aus coronabedingten Gründen berechtigt nicht zum Rücktritt von einem einer Hochzeitsfotografin erteilten Auftrag zur Anfertigung von Hochzeitsfotos. Der Vergütungsanspruch der Fotografin entfällt nicht.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte über den Anspruch auf Rückzahlung einer an eine Hochzeitsfotografin geleisteten Anzahlung zu entscheiden. Die geplante Hochzeit war wegen der Corona-Pandemie abgesagt und auf einen späteren Termin verschoben worden.

Hochzeitsfotografin für kirchliche Trauung gebucht

Ein bereits standesamtlich getrautes Paar hatte den Termin für die kirchliche Trauung auf den 1.8.2020 gelegt. Der Fotograf der standesamtlichen Trauung war am Termin der kirchlichen Trauung verhindert. Für diesen Termin beauftragte das Paar eine Fotografin. Von dem vereinbarten Gesamthonorar in Höhe von 2.463,70 EUR überwiesen die Eheleute vorab einen Teilbetrag in Höhe von 1.231,70 EUR.

Stornierung des Fotoauftrages

Die Durchführung der Hochzeit mit über 100 Gästen war wegen der infolge der Corona-Pandemie für den Hochzeitstermin verfügten staatlichen Einschränkungen in der geplanten Form nicht möglich. Das Ehepaar verschob daraufhin den Hochzeitstermin um ca. ein Jahr und teilte der Fotografin per E-Mail mit, dass sie diese für den neuen Termin nicht mehr beauftragen wolle. Sie forderten die geleistete Anzahlung zurück und erklärten den Rücktritt bzw. die Kündigung des geschlossenen Vertrages wegen Störung der Geschäftsgrundlage.

Erfolglose Klage auf Rückgewähr der Anzahlung

Die Fotografin verweigerte die Rückzahlung und verlangte die Zahlung eines weiteren Honorars in Höhe von 551,45 Euro. Daraufhin klagte das Ehepaar auf Rückzahlung sowie auf Feststellung, dass es nicht zur weiteren Zahlung verpflichtet sei. Die Klage blieb in allen Instanzen erfolglos. Der BGH sah keine Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Rückzahlungsanspruch.

Kirchliche Trauung infolge Corona nicht unmöglich

Einen Anspruch auf Rückzahlung der Anzahlung unter dem Gesichtspunkt der Unmöglichkeit der Erbringung der vereinbarten fotografischen Leistungen lehnte der BGH ab. Eine kirchliche Trauung sowie eine Hochzeitsfeier seien nicht generell verboten gewesen. Es hätten lediglich landesrechtliche Vorgaben zur Art und Weise der Durchführung bestanden, wie etwa Abstands- und Hygienevorschriften sowie eine Begrenzung der Personenzahl. Die Erbringung der vereinbarten fotografischen Leistungen für eine Hochzeit nach den pandemiebedingten rechtlichen Vorgaben sei daher trotz Corona möglich gewesen.

Kein Rücktrittsrecht

Ein Rückzahlungsanspruch ergibt sich nach Auffassung des BGH auch nicht aus dem erklärten Rücktritt. Ein Rücktrittsrecht unter dem Gesichtspunkt der Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 3 Satz 1 BGB habe nicht bestanden. Der geschlossene Vertrag lasse ­– auch im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung – in keiner Weise erkennen, dass coronabedingte Planungseinschränkungen zu einem Rücktrittsrecht der Kläger hätten führen sollen. Ein Rücktritt nach § 313 Abs. 3 Satz 1 BGB setzt voraus, dass das Festhalten am Vertrag oder eine Vertragsanpassung nach § 313 Abs. 1 BGB für eine Vertragspartei unzumutbar ist. Eine solche Unzumutbarkeit sei nicht dargetan.

Coronabedingte Planungsänderung lag nicht im Risikobereich der Fotografin

Nach der Bewertung des BGH hatten die Kläger die Hochzeit um fast ein Jahr verschoben, weil die coronabedingten Einschränkungen ihre Planung des „Wie“ der Feierlichkeiten durchkreuzten. Diese Umstände lägen aber nicht im Risikobereich der beklagten Fotografin, sondern seien der Risikosphäre der Kläger zuzurechnen. Für den neuen Hochzeitstermin hätten sie sich einen anderen Fotografen gewünscht. Auch dies liege außerhalb des Verantwortungsbereichs der Beklagten und stelle unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben zwischen redlichen Vertragspartnern keinen Kündigungsgrund dar.

Freie Kündigung führt nicht zum Verlust des Vergütungsanspruchs

Schließlich habe die Vorinstanz den von den Klägern erklärten Rücktritt bzw. ihre Kündigung nach dem Diktum des BGH rechtlich zutreffend als freie Kündigung des Vertrages gemäß § 648 Satz 1 BGB ausgelegt. Danach kann der Besteller den Vertrag bis zur Vollendung des Werkes jederzeit kündigen. Gemäß § 648 Satz 2 BGB bleibe der Besteller in diesem Fall berechtigt, die vereinbarte Vergütung zu verlangen, auf die er sich nur dasjenige anrechnen lassen müsse, was er infolge der Aufhebung des Vertrages an Aufwendungen erspart.

Klage komplett abgewiesen

Im Ergebnis hat der BGH daher den von den Klägern geltend gemachten Rückzahlungsanspruch zurückgewiesen und auch die Klage auf Feststellung, nicht zu weiteren Zahlungen verpflichtet zu sein, als unbegründet angesehen.

(BGH, Urteil v. 7. 20.4.2023, VII ZR 144/22)

Hintergrund:

Die Urteile der Gerichte in ähnlich gelagerten Fällen sind in der Vergangenheit unterschiedlich ausgefallen. Einige Gerichte haben im Fall von coronabedingt abgesagten Hochzeiten und Abbestellung des Hochzeitsfotografen eine Unmöglichkeit der Leistungserbringung angenommen und den Anspruch von Ehepaaren auf Rückzahlung der an Hochzeitsfotografen geleisteten Anzahlungen bejaht (AG München, Urteil v. 11.1.2022, 154 C 14319/21). Die Entscheidung des BGH schafft nun Klarheit.


Schlagworte zum Thema:  Vergütung, Bundesgerichtshof (BGH), Urteil