Entscheidungsstichwort (Thema)

Übernahme von Auszubildenden in ein Arbeitsverhältnis. rückwirkender Abschluß eines Arbeitsvertrages

 

Leitsatz (amtlich)

Ein rückwirkender, die Vergangenheit betreffender Arbeitsvertrag ist auf eine unmögliche Leistung gerichtet und daher gemäß § 306 BGB nichtig.

Eine Verurteilung zur Abgabe eines Angebotes auf Abschluß eines solchen Vertrags ist nicht möglich.

Der Schaden, der dem Auszubildenden dadurch entsteht, daß der Arbeitgeber ihm im Anschluß an das Ausbildungsverhältnis schuldhaft kein Angebot zum Abschluß eines Arbeitsvertrages macht kann nicht dadurch ausgeglichen werden, daß der Arbeitgeber zum Abschluß eines Arbeitsvertrages zu einem späteren Zeitpunkt verurteilt wird.

Eine Naturalrestitution (§ 249 Satz 1 BGB) ist in einem solchen Fall nicht möglich. In Betracht kommt statt dessen gemäß § 251 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Entschädigung in Geld.

 

Normenkette

Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung Metallindustrie Nordwürttemberg/Nordbaden vom 10.03.1994

 

Verfahrensgang

ArbG Stuttgart (Urteil vom 06.09.1995; Aktenzeichen 3 Ca 777/95)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 6.9.1995 – 3 Ca 777/95 – abgeändert, soweit es der Klage entsprochen hat:

Die Klage wird auch insoweit abgewiesen.

2. Die Anschlußberufung des Klägers gegen das unter 1. bezeichnete Urteil wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten aufgrund der am 25.01.1995 eingereichten und am 01.02.1995 zugestellten Klage im Berufungsverfahren noch darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger rückwirkend zum 24.01.1995, hilfsweise ab Rechtskraft einer Entscheidung im vorliegenden Rechtsstreit ein Angebot zum Abschluß eines auf mindestens sechs Monate, hilfsweise bis zum 29.12.2035 befristeten Arbeitsvertrages als Industriemechaniker, hilfsweise zu angemessenen Bedingungen zu machen.

Der am 29.12.1970 geborene Kläger wurde bei der Beklagten zum Industriemechaniker ausgebildet und schloß diese Ausbildung mit der am 23.01.1995 bestandenen Abschlußprüfung ab.

Auf das Ausbildungsverhältnis der Parteien fand kraft beiderseitiger Organisationszugehörigkeit u. a. der Tarif vertrag zur Beschäftigungssicherung Metallindustrie Nordwürttemberg/Nordbaden vom 10.03.1994 (TV Beschäftigungssicherung) Anwendung, der u. a. unter Ziffer 3 folgende Bestimmungen enthält:

„3. Übernahme von Auszubildenden

3.1 Auszubildende werden im Grundsatz nach erfolgreich bestandener Abschlußprüfung für mindestens 6 Monate in ein Arbeitsverhältnis übernommen, soweit dem nicht personenbedingte Gründe entgegenstehen. Der Betriebsrat ist hierüber unter Angabe der Gründe zu unterrichten.

3.2 Mit Zustimmung des Betriebsrates kann von der Verpflichtung nach Abs. 3.1 abgewichen werden, wenn das Angebot eines Arbeitsverhältnisses wegen akuter Beschäftigungsprobleme im Betrieb nicht möglich ist oder der Betrieb über seinen Bedarf hinaus Ausbildungsverträge abgeschlossen hat.”

Der Kläger fehlte während des Ausbildungsverhältnisses krankheitsbedingt an insgesamt 23 Ausbildungstagen im Jahr 1992, an 19 Ausbildungstagen im Jahr 1993 und an 17 Ausbildungstagen im Jahr 1994. Die Beklagte leistete hierfür insgesamt DM 3.800,00 als Entgeltfortzahlung bei einer Ausbildungsvergütung von DM 1.270,00 im letzten Ausbildungsjahr.

Die Beklagte verfügte zur Zeit des Abschlusses der Ausbildung durch den Kläger und auch danach nicht über freie Arbeitsplätze. Infolge anhaltender wirtschaftlicher Schwierigkeiten hatte sie trotz vorangegangener Reduzierung ihrer Arbeitsplätze um über 20 % am 01.06.1994 mit dem Betriebsrat einen weiteren Abbau von 350 Arbeitsplätzen in der Produktion vereinbart und ab Oktober 1994 erneut Kurzarbeit eingeführt. Von den Auszubildenden, die im Zeitraum Januar/Februar 1995 ihre Ausbildung abschlossen, übernahm die Beklagte lediglich einen Teil. Die übernommenen Auszubildenden wurden im Rahmen eines zeitlich befristeten Arbeitsverhältnisses als angelernte Arbeiter im Rohbau zu einer monatlichen Vergütung von DM 4.081,00 brutto beschäftigt.

Die Übernahme des Klägers lehnte die Beklagte im Hinblick auf dessen krankheitsbedingte Fehlzeiten, dessen – nach ihrer Ansicht – unterdurchschnittliches Prüfungsergebnis und schwache Leistungen im Berufsschulunterricht sowie auf dessen angebliche Erklärung, er leide an fehlender Konzentration und zeitweiliger „Lustlosigkeit”, ab. Eine Zustimmung des Betriebsrats gemäß Ziffer 3.2 TV Beschäftigungssicherung erfolgte nicht, vielmehr verlangte der Betriebsrat ausdrücklich auch die Übernahme des Klägers.

Der Kläger hat im wesentlichen vorgetragen, kraft der dem § 78 a BetrVG nachgebildeten Norm der Ziffer 3.1 TV Beschäftigungssicherung gelte zwischen den Parteien ab dem 24.01.1995 ein Arbeitsvertrag als zustandegekommen. Auf jeden Fall sei die Beklagte aber verpflichtet, ihm ein Angebot zum Abschluß eines der Tarifnorm entsprechenden Arbeitsvertrages zu machen. Dieses Vertragsangebo...

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