Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückzahlungsanspruch im Hinblick auf § 71 BAT nach Feststellung der teilweisen Erwerbsunfähigkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Mit § 71 Abs. 2 Unterabs. 5 S. 1 Buchst. b BAT wollte der Normgeber gerade in den Fällen, in denen dem Arbeitnehmer bereits ein voller Rentenanspruch, und zwar schon bei Beginn der Arbeitunfähigkeit zusteht und das Arbeitsverhältnis trotz § 59 BAT nicht aus diesem Grunde endet, den Entgeltfortzahlungszeitraum auf die Dauer von sechs Wochen beschränken.

2. § 71 Abs. 2 Unterabs. 5 Buchst. b BAT ist ersichtlich eine Komplementärvorschrift zu § 59 BAT und regelt die Rechtsfolgeseite des beendeten oder ruhenden Arbeitsverhältnisses in Bezug auf geleistete Vergütung.

 

Normenkette

BAT § 71 Abs. 2; BGB § 814

 

Verfahrensgang

ArbG Reutlingen (Urteil vom 31.08.2005; Aktenzeichen 7 Ca 196/05)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 07.02.2007; Aktenzeichen 5 AZR 260/06)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird dasUrteil des Arbeitsgerichts Reutlingen vom31. August 2005 – 7 Ca 196/05 – teilweise abgeändert:

Es wird festgestellt, dass in Höhe eines Betrags von 3.863,58 EUR die von der Beklagten gegen die Klägerin erhobene Forderung auf Rückzahlung geleisteter Entgeltfortzahlung für die Zeit vom 01. Februar bis 30. April 2004 nicht besteht.

2. Ihre weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 43 % und die Beklagte 57 % zu tragen.

4. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

Gebührenstreitwert: 6.759,72 EUR

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Klägerin zur Rückzahlung von Krankenbezügen nach § 71 BAT, nachdem ihre teilweise Erwerbsunfähigkeit im Sinne des § 59 Abs. 1 BAT auf eine bestimmte Zeit festgestellt worden war.

Wegen des Sachverhalts in seinen Einzelheiten wird auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils verwiesen (Bl. 72 bis 75 der Akte des Arbeitsgerichts), aus dem sich die dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Tatsachen im Einzelnen ergeben. Von einer Wiederholung wird insoweit abgesehen.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass § 71 BAT auf die bei ihr vorliegenden Verhältnisse nicht anwendbar sei, weil sie keine volle Rente erhalte. Außerdem sei der Rückforderungsanspruch der Beklagten nach § 70 BAT verfallen. Darüber hinaus müsse jedenfalls unterschieden werden zwischen den Zahlungen, die vor Zustellung des Rentenbescheids der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (Fotokopie Anlage K2 – Bl. 6 ff. der Akte des Arbeitsgerichts) Anfang Februar 2004 und nach diesem Zeitpunkt erfolgt seien. Eine bis zur Abklärung der Frage, in welcher Höhe die Ansprüche der Klägerin mit den Forderungen der Beklagten verrechnet werden könne, anzunehmende Hemmung des Ablaufs der Ausschlussfrist beziehe sich jedenfalls nicht auf die nach diesem Zeitpunkt erfolgten Zahlungen. Darüber hinaus sei eine Rückforderung auch nach § 814 BGB ausgeschlossen.

Die Klägerin hat folgende Anträge gestellt:

  1. Es wird festgestellt, dass ein Anspruch der Beklagten auf Rückforderung von Bezügen in Höhe von EUR 6.759,72 netto nicht besteht.
  2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 1.200,– netto zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 8 % – Punkten über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat im Einzelnen ihre Rechtsauffassung dargelegt, wonach keine Gründe vorlägen, die ihrem Anspruch entgegenstünden, ohne allerdings auf die für die Zeit ab Februar 2004 geleistet Zahlung besonders einzugehen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen, weil sich der Rückforderungsanspruch der Beklagten aus § 71 Absatz 2 Unterabsatz 5 Satz 1 Buchstabe b BAT ergebe. Er sei auch rechtzeitig geltend gemacht.

Wegen seiner Erwägungen im Einzelnen wird auf den Inhalt der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 75 bis 81 der Akte des Arbeitsgerichts) verwiesen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie weiterhin ihre Klageanträge verfolgt, während die Beklagte um die Zurückweisung der Berufung bittet.

Wegen des Vortrags der Parteien im Einzelnen wird auf den Inhalt ihrer im Berufungsrechtszug vorgelegten Schriftsätze wie auch das angefochtene Urteil Bezug genommen. Wegen der Frage, warum die Beklagte die Vergütung ab Monat Februar 2004 weiterhin bis April 2004 bezahlt hat, erklärt der Beklagtenvertreter, er könne sich das nur dadurch erklären, dass der Vorgang im betrieblichen Bereich liegen geblieben sei.

 

Entscheidungsgründe

Die an sich statthafte und auch sonst zulässige Berufung der Klägerin ist in der Sache nur teilweise gerechtfertigt. Der mit der Klage geltend gemachte Zahlungsanspruch der Klägerin besteht nicht, der von ihr bekämpfte Anspruch der Beklagte besteht nur teilweise nicht.

1. Soweit die Klägerin sich mit der im Hinblick auf das Verlangen der Beklagten ohne weiteres zulässigen negativen Feststellungsklage gegen die Gehaltsrückforderung für die Monate Dezember 2003 und Januar 2004 wendet, ist die Klage unbegründet, weil die Fo...

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