Entscheidungsstichwort (Thema)

Formularmäßige Vereinbarung der Fälligkeit der Arbeitsvergütung am 20. des Folgemonats. Anspruch des Arbeitnehmers auf eine Verzugsschadenspauschale

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine Regelung in einem vorformulierten Arbeitsvertrag, wonach die monatliche Vergütung nach erbrachter Arbeitsleistung erst am 20. des Folgemonats zu zahlen ist, ist wegen unangemessener Benachteiligung des Arbeitnehmers gem. § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.

2. Auch im Arbeitsrecht besteht ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Zahlung der Verzugsschadenspauschale gem. § 288 Abs. 5 S. 1 BGB.

 

Normenkette

BGB §§ 611, 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1, § 288 Abs. 5 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Stuttgart (Entscheidung vom 08.12.2016; Aktenzeichen 9 Ca 242/16)

 

Tenor

  • I.

    Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart Kammern Aalen vom 8. Dezember 2016 (9 Ca 242/16) teilweise abgeändert.

    1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger auf das Entgelt für den Monat März 2016 noch weitere 150,00 Euro brutto zu bezahlen nebst Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 1. April 2016.
    2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger auf das Entgelt für den Monat April 2016 noch weitere 363,33 Euro brutto zu bezahlen nebst Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 1. Mai 2016.
    3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger auf das Entgelt für den Monat Mai 2016 noch weitere 181,67 Euro brutto zu bezahlen nebst Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 1. Juni 2016.
    4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Urlaubsabgeltung iHv. 727,48 Euro brutto zu bezahlen nebst Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 18. Juni 2016.
    5. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 120,00 Euro zu bezahlen nebst Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 40,00 Euro seit 1. April 2016, 1. Mai 2016 und 1. Juni 2016.
    6. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
  • II.

    Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

  • III.

    Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz zu 80% und die Beklagte zu 20% zu tragen. Von den Kosten der Berufung hat der Kläger 96% und die Beklagte 4% zu tragen.

  • IV.

    Die Revision wird für die Beklagte zugelassen betreffend Nr. I 5 des Urteilstenors. Im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten in der Berufung nur noch über Differenzvergütungsansprüche und über die Zahlung von Verzugsschadenspauschalen.

Der Kläger war bei der Beklagten beschäftigt von 25. August 2014 bis 15. Mai 2016 als Kraftfahrer auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrags vom 25. August 2014 (Bl. 5-6 der arbeitsgerichtlichen Akte), der hinsichtlich der Vergütung folgende Regelung traf:

"§ 11 Gehahlt

Das Gehalt beträgt 1750 (inkl. Anwesenheitsgeld).-Euro, zahlbar bargeldlos am 15.-20. des Folgemonats. Er erhält für jeden Arbeitstag Es werden bis 8 Stunde 7,5.-€ und bei mehr als 8 Std. werden 15.-€ Tagesgeld bei Anwesenheit bezahlt, dieses Tagesgeld wird nicht bei Krankheit bezahlt, aber während es Urlaubs. Es werden 24.- Verpflegungsmehraufwand bezahlt, ein Fahrzeug mit Übernachtung wird gestellt. Die Abtretung von Geldansprüchen ist nur mit Zustimmung des Arbeitgebers zulässig. Bei Gehaltspfändungen zahlt der Arbeitgeber pro Pfändung zur Abgleitung von dessen Aufwendungen für die Bearbeitung der Pfändung einen Pauschalbetrag von Euro 30.-. Der Arbeitgeber ist berechtigt, diesen Betrag vorrangig vom Gehalt in Abzug zu bringen."

Über das Vermögen des Klägers wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Göppingen vom 8. Februar 2016 (4 IK 29/16) das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger hat Restschuldbefreiung beantragt. Er befindet sich derzeit in der Wohlverhaltensphase. Er hat den pfändbaren Teil seiner Entgeltforderungen gemäß § 287 Abs. 2 InsO an den Insolvenzverwalter Robin Hezel abgetreten.

Die Beklagte zahlte an den Kläger für die Monate September 2014 bis Dezember 2014 jeweils einen "Monatslohn" iHv. 1.500,00 Euro sowie in den Abrechnungen (Bl. 49-52 der arbeitsgerichtlichen Akte) als "Tagesgeld" bezeichnete Leistungen in unterschiedlicher Höhe. Das Gesamtentgelt überstieg jeweils den Betrag von 1.750,00 Euro brutto.

Im Zeitraum Januar 2015 bis Februar 2016 zahlte die Beklagte jeweils einen "Monatslohn" iHv. 1.600,00 Euro sowie in den Abrechnungen (Bl. 53-66 der arbeitsgerichtlichen Akte) als "Tagesgeld" bezeichnete Leistungen in unterschiedlicher Höhe. Auch in diesem Zeitraum überstieg die Gesamtvergütung jeweils den Betrag von 1.750,00 Euro deutlich.

Im Monat März 2016 war der Kläger arbeitsunfähig krank, weshalb die Beklagte lediglich den "Monatslohn" iHv. 1.600,00 Euro brutto abrechnete (Bl. 67 der arbeitsgerichtlichen Akte). Sie zahlte auch nur diesen Betrag ohne "Tagesgelder" aus.

Für den (halben) Monat Mai 2016 rechnete die Beklagte einen "Monatslohn" iHv. 693,33 Euro brutto ab (Bl. 69 der arbeitsgerichtlichen Akte) und zahlte auch nur diesen Betrag aus ohne "Tagesgelder".

Der Kläger vertrat...

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