Entscheidungsstichwort (Thema)

Befristeter Arbeitsvertrag. Vorübergehender Bedarf an der Arbeitsleistung

 

Leitsatz (redaktionell)

Die sachliche Rechtfertigung einer Befristungsabrede wegen eines nur zeitweiligen Bedarfs an Tätigkeiten verlangt, dass bei Abschluss des Zeitvertrags auf Grund konkreter Tatsachen mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist, dass für die Beschäftigung des befristet eingestellten Arbeitnehmers über das vorgegebene Vertragsende hinaus kein Bedarf besteht, und der Arbeitgeber hierzu eine Prognose erstellt hat. Deren Grundlagen hat der Arbeitgeber im Prozess darzulegen, damit der Arbeitnehmer seinerseits die Möglichkeit erhält, die Richtigkeit der Prognose zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu überprüfen.

 

Normenkette

TzBfG § 14 Abs. 1 S. 2 Ziff. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Stuttgart (Urteil vom 18.06.2002; Aktenzeichen 5 Ca 305/02)

 

Tenor

1.Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 18.06.2002 – 5 Ca 305/02 – in Ziffer 2 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger als kaufmännischen Sachbearbeiter bis zum Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung bezüglich Ziffer 1 des Urteils des Arbeitsgerichts Stuttgart weiterzubeschäftigen.

2.Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

3.Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in der zweiten Instanz.

4.Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Vertragsbefristung und in diesem Zusammenhang über das Fortbestehen ihres Arbeitsverhältnisses über den 31.12.2001 hinaus und über die Weiterbeschäftigung des Klägers bis zum Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung über die Frage der Wirksamkeit/Unwirksamkeit der arbeitsvertraglichen Befristung.

Der am 27.10.1963 geborene Kläger, der über einen Hochschulabschluss als … verfügt, begann am 01.12.1999 eine Tätigkeit als kaufmännischer Sachbearbeiter im Bereich „…”. Bereits zuvor war der Kläger, dessen Vater in der Zeit von 1977 bis 2001 als Leiter des … der Beklagten bei dieser beschäftigt war, im Zeitraum Februar 1985 bis August 1992 mehrmals als Werkstudent bei der Beklagten beschäftigt und im Zeitraum Oktober 1986 bis Dezember 1995 als freier Mitarbeiter für die Beklagte im Bereich des Dienstleistungscenters Öffentlichkeitsarbeit tätig.

Seiner Anstellung als kaufmännischem Sachbearbeiter lag ein schriftlicher Arbeitsvertrag (datiert) vom 23.11./29.11.1999 zugrunde, bezüglich dessen Einzelheiten vollinhaltlich auf Bl. 4 – 7 der Akten verwiesen wird. Seine Tätigkeit als kaufmännischer Sachbearbeiter war zunächst bis 31.05.2000 befristet. Die Passage im Arbeitsvertrag hierzu lautet:

„Das Arbeitsverhältnis ist befristet und endet am 31.05.2000, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Aus einer Weiterbeschäftigung nach Ablauf der vereinbarten Befristung folgt nicht die unbefristete Fortführung dieses Vertrages. Die Rechtsfolgen des § 625 BGB werden hiermit ausgeschlossen.”

Grund für die befristete Tätigkeitsaufnahme des Klägers, der nicht schriftlich niedergelegt wurde, war das bei der Beklagten zu bearbeitende Projekt ….., für das er Daten zu recherchieren und in einer von ihm anzulegenden Datenbank zu archivieren hatte. Der Kläger wurde von den Dres. … und … in einem Schreiben vom 28.10.1999 an das Vorstandsmitglied der Beklagten, Herrn …, als potentieller Arbeitnehmer zur Durchführung der in diesem Schreiben näher dargestellten Tätigkeiten innerhalb des Projekts … genannt. Hinsichtlich der Einzelheiten dieses Schreibens wird vollinhaltlich auf Bl. 103 und 104 d. LAG-Akte verwiesen. Die vom Kläger dann im Einzelnen durchgeführten und von ihm geschilderten Tätigkeiten sind zwischen den Parteien streitig.

Mit Vertrag (datiert) vom 08.06.2000 wurde der bisherige Arbeitsvertrag auf Basis der bisherigen Bedingungen befristet bis zum 31.12.2000, mit Vertrag vom 22.12.2000 bis zum 30.09.2001 und mit Vertrag vom 11.07.2001 bis zum 31.12.2001 verlängert. Hinsichtlich der Einzelheiten dieser Verträge wird vollinhaltlich auf Bl. 8 – 10 d. A. verwiesen.

Der Kläger setzte mit Wissen und in Kenntnis der Beklagten seine Arbeit über den 31.12.2001 hinaus bis zum 16.01.2002 fort. Am 16.01.2002 lehnte der Kläger ein schriftliches Angebot der Beklagten (datiert) vom 15.01.2002 betreffend einer weiteren Vertragsverlängerung bis zum 28.02.2002 ab. In dieser von der Beklagten angebotenen Vertragsverlängerung ist als Befristungsgrund die Erstellung einer Datenbank mit Personalangaben früherer … und … genannt. Auch in dieser angebotenen Vertragsverlängerung, bezüglich deren Einzelheiten vollinhaltlich auf Bl. 39 d. A. verwiesen wird, wird auf das bisher bestehende Vertragsverhältnis Bezug genommen. Nach Ablehnung dieses Angebotes durch den Kläger wurde dieser von der Beklagten nach Hause geschickt und ist seither für die Beklagte nicht mehr tätig geworden.

Mit Klage (datiert) vom 07.01.2002, die beim Arbeitsgericht am 09.11.2002 einging, machte der Kläger den Fortbestand des Arbeitsverh...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge