Entscheidungsstichwort (Thema)
Prognose Befristungsgrund. Zeit- und Zweckbefristung. Formwirksamkeit Befristung. Befristung mit Sachgrund
Leitsatz (amtlich)
Eine ungesicherte Prognose anhand ministerieller Planvorgaben zum übergangsweisen Beschäftigungsbedarf (bei einem zukünftig erwarteten Minderbedarf an Arbeitskräften auf Truppenübungsplätzen) erfüllt nicht die Voraussetzungen einer rechtswirksamen Befristung mit Sachgrund nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 TzBfG. Dies gilt insbesondere, wenn für die zum Zeitpunkt der Befristungsabrede offene Personalplanung nur ein auf einem anderen Truppenübungsplatz erprobtes Konzept vorliegt, das sich auf das Arbeitsverhältnis des befristet beschäftigten Arbeitnehmers nicht konkret bezieht.
Normenkette
TzBfG § 14 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4, § 15 Abs. 2, § 3 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
ArbG Celle (Urteil vom 15.02.2006; Aktenzeichen 2 Ca 456/05) |
Tenor
Die Berufung der beklagten Bundesrepublik Deutschland gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Celle vom 15. Februar 2006 – 2 Ca 456/05 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im zweiten Rechtszug noch darüber, ob die letzte zwischen ihnen vereinbarte Befristung des Arbeitsverhältnisses rechtswirksam ist.
Der 1968 geborene Kläger wurde von der beklagten Bundesrepublik Deutschland zunächst befristet vom 1. Mai 2002 bis zum 31. Dezember 2003 als vollzeitbeschäftigter Arbeiter auf dem Truppenübungsplatz B1 eingestellt. Als sachlicher Grund für die Befristung wurde im § 1 des Arbeitsvertrages vom 2. Mai 2002 (Bl. 5 d. A.) der bis „spätestens zum 31. Dezember 2003 vorgesehene Abschluss der geplanten S1-Verhandlungen für die Truppenübungsplatzkommandantur B1 und die dabei zu erwartenden Unterbringungsmaßnahmen durch Personalreduzierungen” genannt. Grundlage des Arbeitsverhältnisses war der Manteltarifvertrag für Arbeiterinnen und Arbeiter des Bundes und der Länder vom 6. Dezember 1995 mit den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für die Arbeitgeber geltenden Fassung (MTArb). Mit Schreiben vom 2. Dezember 2003 (Bl. 35 d. A.) wurde dem Kläger gegen Empfangsbekenntnis mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, ihn vom „1. Januar 2004 bis zum 31. Dezember 2005 zeitlich befristet im Rahmen der dienstlichen Notwendigkeit zu den im Übrigen unveränderten Vertragsbedingungen weiter zu beschäftigen”. Hierzu sollte ein entsprechender Arbeitsvertrag vom Teilbereich Personal der Standortverwaltung B1 rechtzeitig vorbereitet werden. Der noch im Jahr 2003 vorbereitete Arbeitsvertrag wurde vom Kläger bis zum 31. Dezember 2003 nicht unterschrieben. Dies lag daran, dass der Klägers sich mit § 2 des Vertrages nicht einverstanden erklären wollte, wonach die gekündigten Tarifverträge über eine Zuwendung, über ein Urlaubsgeld und über die Gewährung von Beihilfen nunmehr keine Anwendung mehr finden sollten. Der Bitte der Standortverwaltung B1 vom 29. Dezember 2003 an die Truppenübungsplatzkommandantur B1 entsprechend sollte es am 8. Januar 2004 zum Zwecke der Vertragsunterzeichnung eine Einweisungsveranstaltung mit dem Kläger und noch anderen befristet weiter zu beschäftigten Mitarbeitern geben, die ebenfalls aus den genannten Gründen die Vertragsunterzeichnung verweigert hatten. Nach der bis zum 5. Januar 2004 währenden Neujahrsdienstbefreiung, wurde ab dem 5. Januar 2004 von dem Kläger die Arbeit wieder aufgenommen. Im Anschluss an die am 8. Januar 2004 stattgefundene Einweisungsveranstaltung kam es seitens des Klägers wiederum nicht zur Vertragsunterzeichnung. Weitere Veranstaltungen in dieser Sache gab es am 9., 12. und 13. Januar 2004. Der Kläger unterzeichnete den neuen befristeten Arbeitsvertragsentwurf erst am 13. Januar 2004 (Bl. 37, 39 d. A.) wobei der Arbeitsvertrag als Datum den 5. Januar 2004 ausweist. Als Sachgrund der Befristung wurde folgendes in § 1 des Arbeitsvertrages aufgenommen:
„Grundlage ist die ab 2004 vorgesehene Übernahme des ≪≪Optimierten Betriebsmodells B2≫≫ auf den Bereich des Truppenübungsplatzes B1. Die Einführungsphase ist auf zwei Jahre angelegt. In diesem Zeitabschnitt erfolgt die Neustrukturierung der Aufgaben der Truppenübungsplatzkommandantur B1 sowie der Standortverwaltung B1 mit dem Ziel von Personaleinsparungen. Während dieser Zeit sind die Aufgaben der genannten Dienststellen einerseits in der bisherigen Weise weiterzuführen sowie andererseits an das neue Betriebsmodell anzupassen. Am Ende der Neustrukturierung wird sich der Personalbedarf verringern. Das Arbeitsverhältnis endet daher mit Abschluß der Einführungsphase des ≪≪Optimierten Betriebsmodells B2≫≫ – voraussichtlich zum 31.12.2005.”
Bereits während der laufenden Befristung dieses Arbeitsvertrages wandte sich der Kläger im Jahre 2005 mit Anwaltsschreiben an die beklagte Bundesrepublik und bezweifelte die Rechtswirksamkeit der vereinbarten Befristung, insbesondere die Einhaltung der Schriftform nach § 14 Abs. 4 TzBfG. Nachdem die beklagte Bundesrepublik das Zustandekommen eines unbefristeten A...