Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung der Eigenkapitalrendite bei Anpassung der Betriebsrente. Keine Reduzierung der Eigenkapitalrendite wegen Verkauf von Unternehmensteilen. Wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens bei Anpassungsprüfung. Korrektur offensichtlich unrealistischer Einschätzung durch neue Unternehmenszahlen
Leitsatz (amtlich)
1. Für die bei der Anpassungsprüfung einer Betriebsrente zu erstellende Prognose der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Unternehmens darf im Rahmen der Rückschau auf die Eigenkapitalrenditen der vor dem Anpassungszeitpunkt liegenden Jahre grundsätzlich auch die Eigenkapitalrendite eines Jahres berücksichtigt werden, in dem Unternehmensteile verkauft wurden.
2. Wirtschaftliche Daten des Unternehmens aus der Zeit nach dem Anpassungsstichtag können die zum Anpassungsstichtag getroffene Prognose entkräften, wenn diese offensichtlich unrealistisch war.
Normenkette
BetrAVG § 16 Abs. 1-2; ArbGG § 69 Abs. 3 S. 2
Verfahrensgang
ArbG Stuttgart (Entscheidung vom 06.12.2016; Aktenzeichen 16 Ca 3035/16) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 06.12.2016 - 16 Ca 3035/16 - abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
- Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
- Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe die Beklagte verpflichtet ist, die Betriebsrente des Klägers zum 01.01.2014 anzupassen.
Der Kläger war Arbeitnehmer der Beklagten und bezieht seit dem 01.10.2010 eine nachschüssig gezahlte monatliche Betriebsrente von der K.-Unterstützungsgesellschaft mbH in Höhe von 6 844,81 EUR brutto.
Die Beklagte prüft die Anpassungen der Betriebsrenten jährlich gebündelt zum 01.01. Mit Schreiben vom Mai 2014 teilte sie dem Kläger mit, dass sie 2014 aus wirtschaftlichen Gründen zur Betriebsrentenanpassung nicht imstande sei.
Bei der Beklagten handelt es sich historisch um ein Unternehmen der Fotoindustrie. Die Beklagte ist hauptsächlich auf dem Gebiet der analogen und digitalen Fotografie (C. D. G.) und der Kinotechnik (E. I.) tätig und befasst sich mit dem Vertrieb von Produkten für die Druckindustrie (G. C. G.). Sie ist eine 100 %ige Tochtergesellschaft der K. G. C. GmbH, die selbst zu 100 % eine Tochter der K. H. GmbH mit Sitz in S. ist. Die K. H. GmbH ist wiederum eine 100 %ige Tochtergesellschaft der E. K. C. mit Sitz in R., USA (im Folgenden: E. K. Co.). Die Beklagte ist mithin eine mittelbare Tochtergesellschaft der E. K. Co..
Die deutsche Muttergesellschaft K. H. GmbH stellt einen Konzernabschluss nach deutschem Recht auf, in den die Beklagte einbezogen wird. Die Beklagte führt ihre Gewinne vollständig an ihre Muttergesellschaft ab.
Die Beklagte vermarktet im Rahmen eines Kommissionärsmodells ausschließlich Produkte und Dienstleistungen des Markennamens "K." auf dem Gebiet der analogen und digitalen Fotografie, der Kinotechnik und für die Druckindustrie. Hierfür erhält sie von ihrer Prinzipalin, der E. K. S.A.R.L. G., S., einer ihrer Schwestergesellschaften, eine umsatzbezogene Vergütung. Die bildverarbeitende Industrie unterlag in der Vergangenheit einem tiefgreifenden Wandel von der Bilderfassung und Reproduktion von auf Silber basierenden Abbildungs- und Verarbeitungssystemen hin zu digitalen Abbildungs- und Verarbeitungsverfahren. Im Konzern erfolgten in den letzten Jahre deswegen mehrere Umstrukturierungen, die mit erheblichem Personalabbau verbunden waren. Darüber hinaus erfolgten deshalb Bereichsverkäufe und strategische Neuausrichtungen. Die Unternehmensgruppe konzentrierte sich im Rahmen der Neuausrichtung auf den Fotofinishing- und Druckbereich.
Bei rückläufigen Umsätzen und weltweiten Verlusten des Konzerns fiel der Aktienkurs der E. K. Co. von ca. 35 US-Dollar im Jahre 2005 auf ca. 3 US-Dollar im Jahre 2010. In den Jahren 2009 und 2010 erfolgten keine Dividendenauszahlungen an die Aktionäre. Am 19.01.2012 beantragte die E. K. Co. in den USA die Insolvenz nach dem sogenannten "Chapter 11" US- amerikanischen Rechts. Am 03.09.2013 wurde die Konzernmutter aus dem Chapter 11 entlassen und dieses Verfahren beendet. Die Konzernmutter wurde nicht in die Liquidation nach Chapter 7 US-amerikanischen Rechts überführt.
Das Eigenkapital der Beklagten betrug in den Jahren 2008 bis einschließlich 2012 unverändert 129 636 504,00 EUR. Der Jahresabschluss der Beklagten für das Geschäftsjahr 2011 (wobei das Geschäftsjahr immer dem Kalenderjahr entspricht) nennt ein "Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit" von 5 529 027,00 EUR, für das Geschäftsjahr 2012 weist der Jahresabschluss ein solches Ergebnis in Höhe von 5 389 459,28 EUR aus. Das Eigenkapital der Beklagten betrug gemäß ihrem Jahresabschluss für das Kalenderjahr 2013 am Ende des Jahres 2013 nur noch 24 671 591,00 EUR. Der Jahresabschluss 2013 weist als "Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit" einen Betrag in Höhe von 2 010 001,16 EUR aus. Hintergrun...