Entscheidungsstichwort (Thema)
Einleitung der Betriebsratsanhörung nach § 102 BetrVG durch einen Rechtsanwalt. Analoge Anwendung von § 174 BGB. Sonderliquidation nach griechischem Recht. Prozessführungsbefugnis. Betriebsratsanhörung durch Prozessbevollmächtigten ohne Vollmachtsvorlage
Leitsatz (redaktionell)
§ 174 S.1 BGB ist auf die Einleitung der Anhörung des Betriebsrats nach § 102 BetrVG analog anzuwenden.
Normenkette
KSchG § 1; EuInsVO; InsO § 80 Abs. 1; BetrVG § 102; BGB § 174
Verfahrensgang
ArbG Stuttgart (Urteil vom 24.09.2010; Aktenzeichen 18 Ca 481/10) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird dasUrteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom24.09.2010 – 18 Ca 481/10 – in Bezug auf die Beklagte zu 2 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
- Es wird festgestellt, dass das zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1 begründete Arbeitsverhältnis durch die ordentliche Kündigung der Beklagten zu 2 vom 29.12.2009 nicht aufgelöst worden ist.
- Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
- Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger und die Beklagte zu 2 tragen die Gerichtskosten je zur Hälfte. Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. Die Beklagte zu 2 trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers zur Hälfte. Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die von der Beklagten zu 2 in ihrer Eigenschaft als Sonderliquidatorin am 29.12.2009 zum 31.03.2010 ausgesprochene ordentliche betriebsbedingte Kündigung des zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1 begründeten Arbeitsverhältnisses.
Wegen des erstinstanzlichen unstreitigen und streitigen Vorbringens der Parteien einschließlich ihrer Rechtsansichten wird auf den nicht angegriffenen Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Bezug genommen und verwiesen.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 24.09.2010 das gegen die Beklagte zu 1 mit einem allgemeinen Feststellungsantrag verbundene Kündigungsschutzbegehren als unzulässig und die nämlichen Anträge gegen die Beklagte zu 2 als unbegründet abgewiesen. Wegen der Begründung des Arbeitsgerichts wird, soweit vorliegend von Interesse, auf die Entscheidungsgründe unter I und II 1 bis 6 Bezug genommen und verwiesen.
Der Kläger hat gegen das ihm am 12.10.2010 zugestellte Urteil mit beim Berufungsgericht am 05.11.2010 eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und sie mit beim Landesarbeitsgericht am 13.12.2010 (Montag) eingegangenem Schriftsatz ausgeführt.
Er rügt auf der Grundlage seines Begründungsschriftsatzes vom 13.12.2010, auf den Bezug genommen und verwiesen wird, näher bestimmt fehlerhafte Rechtsanwendung des Arbeitsgerichts.
Der Kläger beantragt zuletzt:
Das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 24.09.2010, Az.: 18 Ca 481/10, wird wie folgt abgeändert:
Es wird festgestellt, dass das zwischen der Beklagten Ziffer 1 und dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 29.12.2009 nicht zum 31.03.2010 aufgelöst worden ist.
Die Beklagten beantragen Zurückweisung der Berufung und verteidigen das erstinstanzliche Urteil auf der Grundlage ihres jeweiligen Schriftsatzes vom 12.01.2011, auf den sowie auf den weiteren Schriftsatz des Klägers vom 18.01.2011 sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 11.03.2011 Bezug genommen und verwiesen wird.
Entscheidungsgründe
I.
Die statthafte, frist- und formgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ist gegenüber der Beklagten zu 1 unbegründet, hat jedoch gegenüber der Beklagten zu 2 in der Sache Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Klage gegen die Beklagte zu 1 mangels deren Prozessführungsbefugnis unzulässig ist. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts ist die zulässige Klage gegen die Beklagte zu 2 begründet. Die streitgegenständliche ordentliche Kündigung der Beklagten zu 2 vom 29.12.2009 ist unwirksam. Der Betriebsrat wurde nicht angehört. Die Einleitung des Anhörungsverfahrens durch den Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 2 wurde vom Betriebsrat gemäß § 174 Satz 1 BGB zu Recht zurückgewiesen.
1. Hinsichtlich der vom Arbeitsgericht als unzulässig bewerteten Klage gegen die Beklagte zu 1 teilt die Berufungskammer die Begründung des Arbeitsgerichts. Von daher verweist die Berufungskammer zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG auf die Begründung des Arbeitsgerichts unter I seiner Entscheidungsgründe. Die insoweit mit der Berufung vorgebrachten Überlegungen des Klägers sind zwar beachtlich und erörterungswürdig, rechtfertigen aber letztendlich keine von den vorstehend in Bezug genommenen Entscheidungsgründen des Arbeitsgerichts abweichende Beurteilung. Von daher bedarf es insoweit keiner erneuten Darstellung der Obersätze und der Subsumtion des festgestellten Sachverhaltes.
Entgegen der zweitinstanzlich angebrachten Rüge des Klägers ist mit dem Arbeitsgericht davon auszugehen, dass mit der Anordnung der Sonderliquidation durch den Beschluss des Berufungsgerichts Athen vom 02.10.2...