Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit einer sachgrundlosen Befristung des Arbeitsverhältnisses bei länger zurückliegenden Vorbeschäftigungszeiten beim selben Arbeitgeber. Formularmäßige Bestätigung, nicht zuvor in einem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber gestanden zu haben
Leitsatz (amtlich)
1. Entscheidung zu einer sachgrundlosen Befristung bei einer Vorbeschäftigung beim selben Arbeitgeber, die schon 15 Jahre zurücklag und nur knapp 5 Monate andauerte.
2. Eine Vertragsklausel in einer AGB, mit welcher der Arbeitnehmer bestätigen soll, nicht bereits zuvor in einem Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber gestanden zu haben, ist als Tatsachenbestätigung, die geeignet ist, die Beweislast zulasten des anderen Vertragsteils und zugunsten des Verwenders zu verändern, unwirksam gem. § 309 Nr. 12 Buchst. b BGB.
Normenkette
TzBfG § 14 Abs. 2; BGB §§ 242, 309 Nr. 12
Verfahrensgang
ArbG Reutlingen (Entscheidung vom 28.05.2019; Aktenzeichen 6 Ca 270/18) |
Tenor
- Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Reutlingen vom 28.5.2019 (6 Ca 270/18) wird zurückgewiesen.
- Die Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen.
- Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Befristung und über Weiterbeschäftigung.
Die am 00.X 0000 geborene, verheiratete und (mittlerweile) gegenüber zwei Kindern unterhaltsverpflichtete Klägerin wurde von der Beklagten mit Arbeitsvertrag vom 5. April 1999 mit Wirkung ab 6. April 1999 eingestellt. Dieses Arbeitsverhältnis war befristet bis 31. Juli 2000. Die Klägerin arbeitete in Vollzeit. Sie wurde im Betrieb R. der Beklagten als "Montierungsarbeiterin" eingesetzt für die Montage von Scheinwerfern. Dieses Arbeitsverhältnis ging mit Wirkung ab 1. September 1999 im Rahmen eines Betriebsübergangs auf die Firma A. L. R. GmbH über. Die Klägerin schied nach Befristungsablauf zunächst aus dem Erwerbsleben aus, um sich familiären Tätigkeiten, insb. der Kindererziehung, zuzuwenden.
Im Jahr 2014 bewarb sich die Klägerin erneut bei der Beklagten. Es kam Ende 2014 zu einem Vorstellungsgespräch. Der Inhalt dieses Gesprächs ist zwischen den Parteien streitig. Die Klägerin legte der Beklagten einen auf den 22. Oktober 2014 datierten Lebenslauf (Bl. 83 der arbeitsgerichtlichen Akte) vor. In diesem war eine Vorbeschäftigung bei der Beklagten nicht aufgeführt. Die Klägerin füllte auf Aufforderung der Beklagten zudem einen auf den 29.10.2014 datierten Personalbogen (Bl. 85 ff. der arbeitsgerichtlichen Akte) aus. Die Klägerin kreuzte bei der darin gestellten Frage "Waren Sie schon in einem Betrieb der B.-Gruppe beschäftigt" das Kästchen mit der Antwort "Ja" an. Nach einer Vorbeschäftigung bei der Beklagten selbst wurde die Klägerin in dem Fragebogen nicht gefragt.
Die Parteien schlossen sodann unter dem Datum 5. Dezember 2014 einen erneuten Arbeitsvertrag (Bl. 5 ff. der arbeitsgerichtlichen Akte), mit welchem die Klägerin als Anlagebedienerin für den Zeitraum 8. Dezember 2014 bis 30. April 2015 befristet eingestellt wurde. Der Arbeitsvertrag enthält unter Nr. 1.1. Abs. 2 folgende Regelung: "Sie bestätigen, bisher in keinem befristeten oder unbefristeten Arbeitsverhältnis (einschließlich Ferienbeschäftigung) zu uns gestanden zu haben". Auf das Arbeitsverhältnis findet gem. Nr. 2 des Arbeitsvertrages sowie wegen der beiderseitiger Tarifbindung der Parteien die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie Nordwürttemberg/ Nordbaden Anwendung.
Mit Fortsetzungsvertrag vom 21. April 2015 wurde die Befristungsdauer bis 30. September 2015 verlängert, mit Fortsetzungsvertrag vom 21. August 2015 wurde die Befristungsdauer bis 30. Juni 2016 verlängert, mit Fortsetzungsvertrag vom 12. Februar 2016 wurde die Befristungsdauer bis 30. Juni 2016 verlängert, mit Fortsetzungsvertrag vom 1. August 2016 wurde die Befristungsdauer bis 28. Februar 2017 verlängert, mit undatiertem Fortsetzungsvertrag, der noch vor dem 28. Februar 2017 abgeschlossen wurde, wurde die Befristungsdauer bis 31. Dezember 2017 verlängert und mit Fortsetzungsvertrag vom 22. November 2017 wurde die Befristungsdauer letztmalig bis 30. September 2018 verlängert. Die Befristungsverlängerungen ab 2016 stützen sich auf tarifliche Erweiterungen der sachgrundlosen Befristungsmöglichkeiten gemäß den zwischen der IG Metall und dem Verband der Metall- und Elektroindustrie Baden-Württemberg für den Standort R. geschlossenen Ergänzungstarifverträgen vom 13. Januar 2016, 21./22. Februar 2016, 13. Februar 2017 und 20. November 2017 (Bl. 24 ff der arbeitsgerichtlichen Akte).
Die Klägerin verdiente zuletzt bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 34,25 Stunden monatlich 3.579,65 EUR brutto.
Mit ihrer am 19. Oktober 2018 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage, wehrt sich die Klägerin gegen eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund Befristungsablauf.
Die Klägerin vertrat die Auffassung, die Beklagte hätte das Arbeitsverhältnis wegen der Vorbeschäftigung im Jahre 1999 schon nicht mehr sachgrundlos befristen können.
Die Klägerin...