Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarifauslegung. Sonderzahlung
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags orientiert sich nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts an der gesetzlichen Auslegung. Danach ist maßgebend zunächst der von den Tarifvertragsparteien verwendete Sprachgebrauch. Über den reinen Wortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien zu berücksichtigen, wie er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Hierzu ist auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang abzustellen. Bei Zweifeln darüber hinaus können weitere Auslegungskriterien wie Tarifgeschichte oder Tarifübung herangezogen werden.
2. Nach § 2 Tarifvertrag über die Absicherung betrieblicher Sonderzahlungen für die Beschäftigten der Metallindustrie in Nordwürttemberg/Nordbaden vom 18.12.1996 (TV-SZ) erhalten nur „Anspruchsberechtigte Beschäftigte”, die wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit „aus dem Beruf ausscheiden” die volle Leistung. Anspruchsberechtigt sind gem. § 2.1 TV-SZ aber nur diejenigen Beschäftigten, die jeweils am Auszahlungstag zu dem in Anspruch genommenen Arbeitgeber „in einem Arbeitsverhältnis” stehen.
Normenkette
Tarifvertrag über die Absicherung betrieblicher Sonderzahlungen für die Beschäftigten der Metallindustrie in Nordwürttemberg/Nordbaden vom 18.12.1996 § 2; TVG § 1
Verfahrensgang
ArbG Stuttgart (Urteil vom 17.09.2002; Aktenzeichen 11 Ca 4460/02) |
Tenor
1.Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 17.09.2002 – Az.: 11 Ca 4460/02 – wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
2.Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen Anspruch der Klägerin auf die Sonderzahlung gemäß § 2 des Tarifvertrages über die Absicherung betrieblicher Sonderzahlungen für die Beschäftigten der Metallindustrie in Nordwürttemberg/Nordbaden vom 18. Dezember 1996 (TV-SZ).
Der kraft betrieblicher Übung auf das Arbeitsverhältnis anwendbare Tarifvertrag regelt auszugsweise:
§ 2 Sonderzahlungen
Anspruchvoraussetzungen |
2.1. |
Beschäftigte, die jeweils am Auszahlungstag in einem Arbeitsverhältnis stehenund zu diesem Zeitpunkt dem Betrieb ununterbrochen 6 Monate angehört haben, haben je nach Kalenderjahr einen Anspruch auf betriebliche Sonderzahlungen. |
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Ausgenommen sind die Beschäftigten, die zu diesem Zeitpunkt ihr Arbeitsver hältnis gekündigt haben. … |
Ruhen des Arbeitsverhältnisses |
2.6 |
Anspruchsberechtigte Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnis im Kalenderjahr kraft Gesetzes oder Vereinbarung ruht, erhalten keine Leistung; ruht das Arbeitsverhältnis im Kalenderjahr teilweise, so erhalten sie eine anteilige Leistung. |
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Anspruchsberechtigte Beschäftigte, die wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit, wegen Erreichens der Altersgrenze oder aufgrund Kündigung zwecks Inanspruchnahme eines vorgezogenen Altersruhegeldes aus dem Beruf ausscheiden, erhalten die volle Leistung. |
§ 3 Zeitpunkt
Auszahlungszeitpunkt |
3.1. |
Der Zeitpunkt der Auszahlung wird durch Betriebsvereinbarung geregelt. |
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3.2 |
Falls dieser Zeitpunkt durch Betriebsvereinbarung nicht geregelt ist, gilt als Auszahlungstag im Sinne des § 2 Ziffer 2.1 der 1. Dezember. |
Die am 01.07.1941 geborene, verheiratete Klägerin war seit 08.10.1973 als Arbeiterin bei der Beklagten beschäftigt. Rückwirkend ab 01.02.2001 erhält die seit 26.10.2000 durchgehend arbeitsunfähig erkrankte Klägerin Erwerbsunfähigkeitsrente. Mit Schreiben vom 10. Mai 2001 kündigte die Klägerin deshalb das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung. Die Beklagte bestätigte diese Kündigung mit Schreiben vom 14.05.2001.
Mit Schreiben vom 02.02.2002 machte die Klägerin die betriebliche Sonderzahlung in Höhe von 1.016,40 EUR geltend, deren Zahlung die Beklagte mit Schreiben vom 05.02.2002 ablehnte. Am 26.04.2002 ging die vorliegende Klage bei Gericht ein.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass ihr trotz Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die Kündigung vom 10.05.2001 die betriebliche Sonderzahlung zustehe, weil § 2.6, 2 Absatz des TV-SZ eine Sonderregelung für das Ausscheiden wegen Erwerbsunfähigkeit enthalte. Die Klägerin hat deshalb beantragt:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin eine Sonderzahlung für das Jahr 2001 in Höhe von 1.016,40 EUR brutto nebst Zinsen aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag, die 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz liegen, seit 16.02.2002 zu zahlen.
Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt und dies zum einen damit begründet, dass auch im Rahmen des § 2.6, 2. Absatz des TV-SZ die Anspruchsberechtigung gemäß § 2.1 gegeben sein müsse. Am 01.12.2001 habe die Klägerin jedoch nicht mehr in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten gestanden. Zum anderen sei der Anspruch gemäß § 18.1.2 des Manteltarifvertrags für Beschäftigte in der Metallindustrie Nordwürttemberg/Nordbaden vom 18. Dezember 1996 in der Fassung vom 19. September 2000 verfallen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Hinsichtlich des Sachverhalts im Einzelnen und hinsichtlich der Entschei...