Entscheidungsstichwort (Thema)
Stufenklage auf Provisionsansprüche und Buchauszug. Teilunwirksamkeit von Altverträgen (vor 01.01.2015) bei Verstoß gegen Mindestlohn. Auswirkungen des § 87c Abs. 5 HGB auf Ausschlussfristen. Keine Erfüllung von Auskunftspflichten bei Unverständlichkeit der Abrechnung
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Verstoß gegen Regelungen des MiLoG führt für Altverträge vor dem 01.01.2015 nur zu einer Teilunwirksamkeit.
2. Es besteht kein Anspruch auf einen Buchauszug für mögliche Nachprovisionsansprüche.
3. Für arbeitsvertragliche und tarifliche Ausschlussfristen gilt ein unterschiedlicher Maßstab.
4. Der Anspruch auf Erteilung von Abrechnungen ist nicht erfüllt, wenn die Abrechnung aus sich heraus nicht verständlich ist.
Normenkette
EFZG § 3; ArbGG § 69 Abs. 2; BGB §§ 362, 611a; HGB § 87c Abs. 5
Verfahrensgang
ArbG Villingen-Schwenningen (Entscheidung vom 28.03.2019; Aktenzeichen 13 Ca 210/17) |
Tenor
- Auf die Berufung der Beklagten wird das Teilurteil des Arbeitsgerichts Villingen-Schwenningen vom 28. März 2019, Aktenzeichen 13 Ca 210/17, unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten im Übrigen teilweise abgeändert und Nr. 2 des Tenors wie folgt neu gefasst:Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für die in der Zeit vom Oktober 2016 bis April 2017 verdienten Provisionen einen Buchauszug zu erteilen.2. Die Berufung des Klägers gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Villingen-Schwenningen vom 28. März 2019, Aktenzeichen 13 Ca 210/17, wird zurückgewiesen.
- Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger und die Beklagte je die Hälfte zu tragen.
- Die Revision wird für den Kläger bezogen auf seine Berufungsanträge 2 und 3, soweit diese zurückgewiesen wurden, zugelassen. Im Übrigen wird sie nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses über die Erteilung von Provisionsabrechnungen und eines Buchauszugs, die der Kläger im Rahmen einer Stufenklage verfolgt. Ferner streiten sie um bezifferte Provisionsansprüche und weitere Vergütung.
Der Kläger war in der Zeit vom 1. Januar 2014 bis 30. April 2017 zunächst bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der P. AG, und anschließend bei der Beklagten auf Basis eines schriftlichen Arbeitsvertrags vom 21. September 2013 (ABl. 10 ff.) beschäftigt. Die Beklagte stellte dem Kläger einen Dienstwagen zur Verfügung. Die Parteien schlossen eine "Vereinbarung über die Nutzung eines Dienstwagens" vom 23. September 2013 (ABl. 13 f.).
Der Arbeitsvertrag enthält auszugsweise nachfolgende Regelungen:
"3. Vergütung
Das Bruttojahresgrundgehalt beträgt EUR 60.000,00 und wird zum Monatsende jeweils in zwölf gleichen Teilbeträgen auf das von Ihnen angegebene Konto überwiesen.
Zusätzlich zum Grundgehalt haben Sie Anspruch auf eine variable Provision auf der Grundlage der Provisionsregelung gemäß beigefügter Anlage "Provisionsvereinbarung".
Mit dem Grundgehalt und der variablen Provision soll ein Jahreszieleinkommen von zusammen mindestens EUR 110.000 erreicht werden.
Sie haben die Möglichkeit einen Dienstwagen zu nutzen. Der korrespondiere Sachbezug sowie evtl. anfallende Abgaben für die Fahrten Wohnung zu Arbeitsstätte sind Bestandteil des Zielgehalts. Grundlage für die Nutzung ist die Anlage "Dienstwagenwagenvereinbarung".
Für einen 6-Monatszeitraums beginnend mit Ihrem Einstellungsdatum gilt abweichend folgendes: Neben dem anteiligen monatlichem Grundgehalt wird Ihnen eine feste variable Vergütung in Höhe der anteiligen Differenz zwischen Zieleinkommen und Grundgehalt jeweils in sechs gleichen Teilbeträgen ausgezahlt bzw. in Form des Sachbezugs und evtl. anfallender Entfernungsabgaben für den Dienstwagen vergütet. Im Einzelnen besteht die monatliche Vergütung damit aus EUR 5.000 Grundgehalt zuzüglich EUR 4.166,67 variabler Vergütung inklusive anteiligem Sachbezug und evtl. anfallender Entfernungsabgaben für den Dienstwagen Im Gegenzug erhalten Sie in diesem Zeitraum keine sonstigen variablen Provisionen gemäß beigefügter Anlage "Provisionsvereinbarung"....
13. Verfallfrist
Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Partei schriftlich geltend gemacht worden sind. Dies gilt nicht für Ansprüche aus unerlaubter Handlung."
Die "Vereinbarung über die Nutzung eines Dienstwagens" lautet auszugsweise wie folgt:
"§ 2 Kosten des Fahrzeugs
(1) Hersteller und Modell sowie Ausstattung können Sie innerhalb der Wertgrenze von EUR 50.000 EUR (Bruttolistenpreis Neuwagen) frei auswählen. Um eine wirtschaftliche Beschaffung für P. zu ermöglichen, wird die Wahl des von P. vorgeschlagenen Herstellers begrüßt.
(2) Die Art der Anschaffung von Dienstwagen (Leasing, Finanzierung, Kauf) ist davon abhängig, welche Variante die günstigere über einen Zeitraum von 3-5 Jahren ist.
(3) Bei vorzeitiger Beendigung des Anstellungsvertrages müssen Sie die noch ausstehenden Beträge aus einer Überschreitung der Höchstgrenzen erstatten...